Endokrinologie
Pathophysiologie
Hyperparathyreoidismus
b) Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT):
Definition: Primäre Erkrankung der Schilddrüse mit vermehrter PTH-Bildung
Parathormon Überproduktion → Hypercalcämie durch:
Steigerung der ossären Kalzium-Resorption
Steigerung der intestinalen Kalzium-Resorption
Steigerung der tubulären Kalziumreabsorption
Ätiologie:
Adenome der Nebenschilddrüse
Hyperplasie der Epithelkörperchen
Karzinome der Epithelkörperchen
Selten multiple Neoplasien
Klinik:
Stein – Bein – Magenpein
1. Nierenmanifestation: Nephrolithiasis
2. Knochenmanifestation: Vermehrung der Osteoklasten mit negativer Knochenbilanz → Röntgen: diffuse Osteopenie
3. gastrointestinale Manifestation: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Obstipation, Meteorismus, Gewichtsabnahme, selten Ulcera ventriculi/duodeni, Pankreatitis
4. neuromuskuläre Manifestation: Rasche Ermüdbarkeit, Muskelschwäche und –Atrophie psychiatrische Symptome: Depressive Verstimmung
5. Hyperkalzämische Krise: Polyurie, Polydipsie; Erbrechen, Exsikkose, Adynamie; psychotische Erscheinungen, Somnolenz, Koma.
Differenzialdiagnose der Hypercalcämie:
Tumor induzierte Hyperkalziämie
endokrine Ursachen: pHPT, Hyperthyreose, NNR-Insuffizienz
medikamentös induziert
Immobilisation
Sarkoidose
Diagnostik:
Intaktes PTH: bei pHPT, bei Tumor Hyperkalziämie→ PTH-verwandtes Peptid: → bei Tumor Hyperkalziämie
Calcitriol: → bei Sarkoidose und Vitamin D3 Intoxikation →Tumor suche und Röntgen/Szintigrafie des Knochens.
Lokalisationsdiagnostik:
Sonografie, Spiral CT + MRT
Szintigrafie
Intraoperative Darstellung durch erfahrenen Chirurgen
Therapie: rechtzeitiges Entfernen der Epithelkörperchen
OP-Indikation beim asymptomatischen PHPT:
Serum Kalzium > 3mmol
Einschränkung der Kreatinin-Clearance
Abnahme der Knochendichte
Begleiterkrankungen
Ansonsten:
viel trinken, keine Anwendung von Thiazide Diuretika, Digitalis
Osteoporoseprophylaxe
b) Sekundärer Hyperparathyreoidismus
1. renaler sHPT: bei chronischer Niereninsuffizienz
2. sHPT bei normaler Nierenfunktion:
a. enterale Ursachen: Malassimilationssyndrom mit verminderter Kalziumresorption
b. selten hepatische Ursachen: Leberzirrhose, Cholestase
c. fehlende Sonnenlichtexposition
Klinik: Symptome der Grundkrankheit, evtl. Knochenschmerzen
Therapie: Therapie der Grundkrankheit, Substitution von Vitamin D3 und Kalzium
c) Tertiärer Hyperparathyreoidismus
Entwicklung einer Hyperkalziämie bei tHPT, durch Missverhältnis zw. PTH-Sekretion und Bedarf.
Z. B.: nach Nierentransplantation, wenn der PTH-Bedarf so niedrig ist, dass selbst die Basalsekretion der hyperplastischen Epithelkörperchen zu hoch ist und sich eine Hyperkalziämie entwickelt
Hyperparathyreoidismus
Definition: Unterfunktion der Nebenschilddrüsen mit Mangel an Parathormon (→ führt zu verminderter enteraler Absorption und CA-Abbau aus den Knochen, sowie erhöhte CA-Ausscheidung)
Leitsymptom: Hyperkalzämische Tetanie
Ätiologie:
1. Post-op nach Halsoperationen
2. selten idiopathisch (Autoimmun genese)
3. fast nie Aplasie von Nebenschilddrüse und Thymus (Di-Geoerge-Syndrom)
Klinik:
Funktionelle Symptome:
- Hyperkalzämische Tetanie: Krampfanfall bei erhaltendem Bewusstsein, Parästhesien, Pfötchenstellung, Stimmritzenkrampf
- Chvostek´Zeichen: Beim beklopfen des N. faecalis im Bereich der Wange wird im positiven Fall Zucken der Mundwinkel ausgelöst
- Troussseau´Zeichen: Pfötchenstellung nach Ablegen einer RR-Manschette mit arteriellem Mitteldruck
Organische Veränderungen: Haar- und Nagelwuchs Störungen, Katarakt Bildung, Stammganglien Verkalkung
Psychische Veränderungen: Reizbarkeit, depressive Verstimmung
Differenzialdiagnose
1) Hypokalzämie anderer Ursache (akute Pankreatitis, Malabsorptionssyndrom, Peritonitis, Niereninsuffizienz)
2) Normokalziämische Tetanie: psychogene Hyperventilation
3) Pseudohypoparathyreoidismus
Diagnostik:
- typische Serumkonzentration: Kalzium + Magnesium erniedrigt, Phosphat erhöht
Ausscheidung von Kalzium, Phosphat und cAMP erniedrigt
PTH erniedrigt
Ellsworth-Howard-Test
Therapie:
Akut: bei Tetanie langsame i. V. Injektion von Kalziumglukonat Lösung
Langzeit: Vitamin D (hoch dosiert Colecalciferol oder Calcitriol)
Rachitis und Osteomalazie
Definitionen:
Rachitis: gestörte Mineralisierung der Knochen und Desorganisation der Wachstumsfuge
Osteomalazie: mangelnde Mineralisation von Spongiosa (innere Schwammknochen) und Kompakta (äußere Knochenrinde) → Knochenerweichung und Verbiegungstendenzen
Ätiologie:
- Vitamin – D – Mangel
- Störungen des Vitamin D Stoffwechsels (Leber/Niere)
- selten Vitamin D unabhängige Osteomalazien bei renalen tubulären Funktionsstörungen
Labor:
- Hypokalzämie + erhöhte alkalische Phosphatase
Malabsorptionssyndrom: Hypophosphatatämie und Verminderung von
- 25(OH)-D3
Niereninsuffizienz: Hyperphosphatämie und Verminderung von Calcitriol
Klinik: Skelett, Schmerzen, Knochenverbiegungen, Adynamie (Muskelschwäche, Kraftlosigkeit), Gehstörungen
Röntgen: Looser Umbauzonen (= quer zur Längsachse bandförmige Aufhellungen, Knochen und Wirbeldeformierungen)
Diagnostik: Knochenbiopsie mit Histologie
Therapie:
Bei Vitamin-D-Rachitis: Substitution von Vitamin D3
Bei Vitamin D Stoffwechselstörungen Behandlung der Grundkrankheit und Substitution Stoffwechsel aktiver Vitamin-D-Metabolit
Osteoporose
Definition: systemische Skeletterkrankung mit Verminderung der Knochenmasse und Verschlechterung der Mikroarchitektur des Knochengewebes, mit erhöhtem Frakturrisiko
Ätiologie:
1. primäre Osteoporose (95 %)
- idiopathische Osteoporose junger Menschen
- postmenopausale Osteoporose (Typ 1)
- senile Osteoporose (Typ 2)
2. sekundäre Osteoporose (5 %)
- endokrine Ursachen: Hyperkortisolismus
Malabsorptionssyndrom
Immobilisation
Iatrogen/medikamentös: Glucocorticoide, Heparin
3. hereditäre (vererbbare) Erkrankungen: z. B. Homozysteinurie
4. Erkrankungen, die aus ungeklärter Ursache mit Osteoporose assoziiert sein können: z. B.: rheumatoide Arthritis.
Risikofaktoren
Therapeutisch beeinflussbar
- Alter
- Geschlecht
- Genetische Faktoren
Nicht beeinflussbar
- Mangel an Geschlechtshormonen
- Körperliche Inaktivität
- Ernährungsfaktoren
- Rauchen
Metabolischer Charakteristika:
a) fast loser Patient (fast Turnover) frühe postmenopausale Osteoporose in den ersten 10 Jahren nach der Menopause
a) slow loser Patient (low Turnover) typisch für späte postmenopausale > 10 Jahre nach der Menopause
Verteilung:
a) generalisierte O.
b) lokalisierte O.
Klinik:
- Knochenschmerzen
Frakturen ohne adäquates Trauma
Rundrücken, Gibbus Bildung (Buckel), Körpergrößen Abnahme
Kalzium,
- Phosphat + alkalische Phosphatase (ggf. erhöht) normal.
Diagnostik:
- Osteodensitometrie
Röntgen:
homogene Struktur des normalen Wirbelkörpers erinnert an ein feines Gewebe
→ beginnende O.: Deckplatten und vertikale Trabekel (Bälkchen) treten hervor
→ ausgeprägte O.: horizontale Trabekel sind kaum zu erkennen, vertikale nur spärlich und stark akzentuiert
→ Fischwirbel
→ Keilwirbel und Crush Fracture
Therapie:
a) kausal: z. B.: Testosteron Substitution bei Hypogonadismus (Unterfunktion der Keimdrüsen)
a) symptomatisch: Calziumreiche Ernährung, Mobilisation, physikalische und krankengymnastische Therapie, Reha-Sport, ggf. Analgetika
a) medikamentös:
1. Calciumzufuhr
2. Substitution von Vitamin D bei Mangel
3. Biphosphate (Hemmung der Osteoklasten)
4. Calcitonin (parenteral oder nasal)
5. Fluoride (Stimulierung der Osteoblasten)
Morbus Paget
Definition: lokalisierte Mono- oder polyostotische progressive Skeletterkrankung unklarer Genese
- Zweithäufigste Knochenerkrankung
m > w
Altersgipfel > 40 Jahre
Erhöhte Knochenumbauvorgänge mit dem Risiko von
- Verformungen, Frakturen, chronische Schmerzen, artikulären und neurologischen Komplikationen
Häufigster Befall: Becken > Femur > Tibia, Schädel > Lendenwirbel
Klinik: 1/3 der Pat sind beschwerdefrei
- Knochenschmerzen
Evtl. Verbiegung und Verkürzung der Beine (Säbelscheiden-Tibia)
Evtl. Zunahme des Kopfumfanges
Labor: alkalische Phosphatase ist erhöht (Osteoblasten Isoenzym) =Aktivitätsparameter
Komplikationen:
- Arthrosen durch Fehlstellungen
– Frakturen
– Schwerhörigkeit
Diagnose:
- Klinik /alkalische Phosphatase
Röntgen → erkennbar sind drei Phasen:
1. Osteolysen (Schädel, lange Röhrenknochen) als Frühmanifestation
2. Mischbild aus osteolytischen und osteosklerotischen Bezirken
3. Vorwiegend Sklerosierung mit Auftreibung und Deformierung der befallenen Knochen.
- Knochenszintigrafie
Evtl. Knochenbiopsie
Therapie:
- Symptomatisch
Hemmung der Osteoklasten Aktivität
Ggf. Analgetika
Behandlung von Frakturen, Deformierungen
Zufuhr von
- Vitamin D und Kalzium
Krankengymnastik und physikalische Therapie
6. Nebennierenrinde
Anatomie/Physiologie
Die Nebennieren sitzen als orangefarbene Kappen auf den Nieren. Sie sind 3-eckig geformt, ca. 7,5 cm lang und 1,3 cm hoch.
Jede Drüse besteht aus einem Zentrum (Mark, Medulla und einer Rinde (Cortex, ca. 90 % der Zellmasse). Sie werden durch drei Arterien mit Blut versorgt, eine Vene führt in jeweils eine Nebenniere.
Die Nebennierenrinde besteht aus 3 Schichten, die ebenfalls endokrin wirken. Links ist ein gefärbter Schnitt durch den Cortex zu sehen. Die roten Blutgefäße bilden ein dichtes Netzwerk.
Zona Glomerulosa = relativ dünne Außenschicht, produziert z. B. Aldosteron
Zona Fasciculata = dicke, mittlere Schicht; produziert z. B. Cortisol
Zona Reticularis = innerste Schicht,
produziert Sexualhormone
Das Nebennierenmark besteht aus großen Mengen an sympathischen Neuronen. Anstatt ihre Neurotransmitter (Adrenalin und Noradrenalin) wie die postganglionären Neuronen an der Synapse zu produzieren, geben sie diese ans Blut ab. So wirkt das Mark, obwohl ein Teil des vegetativen Nervensystems als endokrine Drüse.
Zona glomerulosa
Gruppe: Mineral Kortikoide
Hauptvertreter: Aldosteron
Hauptwirkung: Natrium Retention Kalium Abgabe der Zellen erhöhen Flüssigkeitsretention
Zona fasciculata
Gruppe: Glucocorticoide
Hauptvertreter: Kortisol
Hauptwirkung: Glukoneogenese mit Hyperglykämie und Proteinabbau,
Verminderung des Wassereintritts in die Zelle
Zona reticularis
Gruppe: Androgene (Sexualhormone)
Hauptvertreter: Dehydroepiandrosteron
Hauptwirkung: Proteinsynthese, Virilisierung
Mineral Kortikoide (Aldosteron)
Aufgabe: Steuerung des Natrium- und Kaliumhaushalt
Wirkungsort: Nierentubuli, Darmepithel, Speichel und Schweißdrüsen
→ verstärktes Zurückhalten von Natrium in den Nieren, Speichel, Schweiß und Darmsekret (im Serum gegenläufig)
→ Einfluss auf den Blutdruck → Durchblutung der Nieren wird möglichst konstant gehalten
→ Kalium wird vermehrt über die Niere ausgeschieden
Regulation: Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)
Dabei wird bei niedrigem Blutdruck oder niedrigem Natriumgehalt in der Niere das Hormon Renin ausgeschüttet. Dieses sorgt dafür, dass der Aldosteron Spiegel im Blut steigt, was dann zur Blutdruckerhöhung und zum Zurückhalten von Natrium führt. Die Aldosteron Ausschüttung wird aber auch wie beim Kortisol durch das Hormon ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) aus der Hirnanhangsdrüse gesteuert.
Hyperaldosteronismus
primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom)
Ätiologie: Aldosteron produzierende Adenome der NNR (80 %);
Mikro/makronoduläre Hyperplasie der Zona glomerulosa (20 %)
sekundärer Hyperaldosteronismus
Ätiologie: a) Stimulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems durch extrarenale Faktoren(!):
– organisch: Nierenarterienstenose, maligne Hypertonie, Renin produzierender Tumor
– funktionell: Hyponatriämie, Hypovolämie
a) Relativer Hyperaldosteronismus durch vermindertes Aldosteron Metabolismus bei kardialen, hepatischen oder renalen Ödemen Symptome: – Leitsymptom Hypertonie
– Hypokaliämie und Hyponatriämie(50 %)
– Muskelschwäche, metabolische Alkalose, Polyurie, Polydipsie, Hypertonie, mit und ohne Ödem Bildung, Labor: Hypokaliämie, Hyponatriämie (50 %), verstärkte renale Kaliumausscheidung,
Plasma Aldosteron erhöht,
Plasma Renin erniedrigt
Diagnostik: 1. Medi’s/Lebensmittel absetzen, die Diagnostik stören (Laxantien, Diuretika, und Lakritze(!))
2. Urin Kalium bestimmen
3. Reninaktivität bestimmen
4. Farbdoppler-sono
5. CT/MRT
6. NN-Szintigrafie, Seiten getrennte Aldosteron Bestimmung (Cava-Katheter)
Therapie:
- einseitiger NNR-Tumor: vierwöchige Therapie mit Spironolacton + OP
beidseitige NNR-Hyperplasie: Antihypertensiva und
- Aldosteron Antagonisten (Spironolacton)
metastasierendes Aldosteron produzierendes Karzinom: OP + Chemotherapie