Tod und Sterben
Tod (Philosophie)
Das Ende des (individuellen) organischen Lebens. In der Philosophie der griechischen Antike verstand man den Tod des Menschen weithin als die Befreiung der Seele aus dem Gefängnis des Körpers und ihren Übertritt in die Unsterblichkeit, so etwa Platon in Gorgias und Phaidon. In dieser Tradition entwickelte sich die christliche Lehre vom „Leben nach dem Tod“. Sie bleibt für das metaphysische Denken bis in die Gegenwart bestimmend;
Tod (Theologie)
Im religiösen Kontext sehr unterschiedlich gesehenes Phänomen einer Grenzüberschreitung vom Diesseits ins Jenseits. Theologisch interessiert hierbei die Frage nach dem Jenseits und der Versuch einer Einordnung in einen kosmischen Zusammenhang. Im abendländischen Kulturraum waren zwei hauptsächliche Auffassungen vorherrschend, die bis in das Denken der Gegenwart hineinwirken: zum einen der Körper-Geist-Dualismus, wonach sich durch den Tod die unsterbliche Seele vom sterblichen Körper trennt; zum zweiten die mit einem jüngsten Gericht und anschließender Auferstehung und Unsterblichkeit verbundene Vorstellung, die ihre Wurzeln im biblischen Sündenfall respektive in apokalyptischen Lehren hat.
Tod und Sterben
das unwiderrufliche Lebensende und der Vorgang, der ihm unmittelbar vorausgeht. Mit dem Tod ändert sich der Zustand eines Lebewesens vollständig, und es verliert sämtliche charakteristischen Eigenschaften des Lebendigen.
Physiologie
Der Tod tritt in mehreren Stufen ein. Der biologische Tod ist der Tod des gesamten Organismus; bevor er eintritt, sterben in der Regel einzelne Organe, Zellen und Teile von Zellen ab. Mit dem biologischen Tod enden Herzschlag, Atmung, Bewegung, Reflexe und Gehirntätigkeit. Der genaue Zeitpunkt des biologischen Todes lässt sich nur schwer eingrenzen, weil die Symptome vorübergehender Zustände wie Koma, Ohnmacht und Trance oft stark den Todeszeichen ähneln.
Nach dem biologischen Tod treten mehrere Todeszeichen auf, anhand derer man Zeitpunkt und Umstände des Todes feststellen kann. Die Abkühlung des Körpers nach dem Tod (Algor mortis) wird im Wesentlichen von der Temperatur der unmittelbaren Umgebung bestimmt und ist meist nicht von großem diagnostischem Nutzen. Die Totenstarre (Rigor mortis), die durch die Versteifung der Skelettmuskulatur entsteht, setzt fünf bis zehn Stunden nach dem Tod ein und verschwindet nach drei bis vier Tagen wieder. Die rötlich blaue Verfärbung an der Körperunterseite (livores mortis) kommt durch das Absinken des Blutes zustande. Kurz nach dem Tod setzen die Blutgerinnung und das Absterben der Zellen (Autolyse) ein. Die später hinzukommende Verwesung ist auf die Tätigkeit von Enzymen und Bakterien zurückzuführen.
Die Organe sterben unterschiedlich schnell ab. Gehirnzellen überleben nach dem biologischen Tod höchstens noch fünf Minuten, die Zellen des Herzens sterben nach 15 Minuten und die der Nieren nach etwa 30 Minuten. Deshalb kann man einem gerade verstorbenen Menschen Organe entnehmen und einem Lebenden einpflanzen.
Definition des Todes
Die Vorstellungen darüber, was den Tod ausmacht, sind in verschiedenen Kulturkreisen und geschichtlichen Epochen unterschiedlich. In der abendländischen Kultur sah man im Tod seit alters her den Zeitpunkt, zu dem die Seele den Körper verlässt. Nach dieser Sicht ist das Wesen eines Menschen von seinen körperlichen Eigenschaften unabhängig. Da die Seele sich nicht in körperlicher Form zeigt, kann man ihren Weggang weder sehen noch auf andere Weise objektiv feststellen. Deshalb galt nach dieser Denkweise das Aussetzen der Atmung als Todeszeichen.
In heutiger Zeit betrachtet man den Tod als gegeben, wenn die lebenswichtigen Funktionen von Atmung und Kreislauf (Herzschlag) aussetzen. Diese Sichtweise wurde aber infrage gestellt, nachdem es mit dem Fortschreiten der medizinischen Technik immer besser gelungen war, Atmung und Kreislauf mit künstlichen Mitteln aufrechtzuerhalten. In neuerer Zeit hat sich deshalb allgemein die Definition des Gehirntodes durchgesetzt. Danach ist der Tod eingetreten, wenn die Gehirnaktivität unwiderruflich zum Stillstand gekommen ist.
Aber auch die Definition des Gehirntodes wurde in den letzten Jahren zunehmend unsicher, denn ein Mensch kann die höheren Gehirnfunktionen völlig verlieren, während die niederen Funktionen wie die Aufrechterhaltung der Atmung noch vorhanden sind. Manche Fachleute sind deshalb heute der Ansicht, man solle den irreversiblen Verlust von Bewusstsein als Tod betrachten. Das Todeszeichen ist danach das Fehlen von Aktivität in den höheren Gehirnzentren, insbesondere in der Großhirnrinde.
Die Vorstellungen einer Gesellschaft über den Tod sind keineswegs nur von theoretischem Interesse. Die schnellen Fortschritte der medizinischen Technik haben neue ethische Fragen aufgeworfen und zu neuen Problemen bei der juristischen Definition des Todes geführt. Unter anderem diskutiert man zurzeit folgende Fragen: Wer soll über die Todeskriterien entscheiden – Ärzte, Gesetzgeber oder jeder einzelne Mensch selbst? Ist es ethisch und juristisch zulässig, den Todeszeitpunkt durch das Abschalten künstlicher Hilfsmittel vorzuverlegen? Hat ein Mensch das Recht, zu verlangen, dass keine außergewöhnlichen Maßnahmen zur Lebenserhaltung ergriffen werden, sodass er in Frieden sterben kann? Können Angehörige oder ein juristischer Vertreter unter solchen Umständen Entscheidungen für die bewusstlose, sterbende Person treffen? Noch dringlicher wurden solche Fragen, seit man menschliches Gewebe immer besser transplantieren kann. Hier ist der Bedarf an Spenderorganen gegen die Rechte der sterbenden Person abzuwägen.
Wegen solcher Fragen haben verschiedene Gruppen versucht, für den Einzelnen das „Recht zu sterben“ durchzusetzen, insbesondere durch das juristische Mittel einer „Vorausverfügung“, in der man den Angehörigen oder Rechtsvertretern das Recht einräumt, das Abschalten lebenserhaltender Hilfsmittel zu gestatten.
Psychologische Aspekte des Todes
Seit den Sechzigerjahren widmet man auch den seelischen Bedürfnissen sterbender und ihrer Angehörigen größere Aufmerksamkeit. Thanatologen, die sich mit dem sozialen Umfeld und inneren Erleben sterbender Menschen befassen, kennen mehrere Phasen, die man vor dem Tod durchmacht: Leugnen und Verdrängen („Nein, ich doch nicht!“); Angst, Neid und Unwille („Warum gerade ich?“); „Tauschhandel“ („Kann ich am Leben bleiben, wenn ich ein guter Mensch werde?“); Depression („Was macht es noch für einen Sinn?“) und schließlich Akzeptieren. Nach Ansicht der meisten Fachleute treten diese Stadien nicht in vorhersagbarer Reihenfolge auf, und sie können mit Gefühlen von Hoffnung, Angst und Entsetzen vermischt sein.
Aber nicht nur die sterbende Person, sondern auch ihre Angehörigen und Freunde durchleben die Stadien des Leugnens und Akzeptierens. Bei den Hinterbliebenen findet man aber eher einen typischen gefühlsmäßigen Verlauf, der oft schon vor dem Tod des geliebten Menschen beginnt. Diese vorauseilende Trauer kann dazu beitragen, später die Niedergeschlagenheit zu mildern. Das nächste Stadium der Trauer, das nach dem Tod eintritt, ist überwiegend länger und schwerer, wenn das Ereignis nicht vorauszusehen war. In dieser Phase weinen die Trauernden häufig, haben Schlafstörungen und verlieren den Appetit. Manchmal kommen Gefühle von Angst, Ärger oder Betrübtheit hinzu, weil man sich verlassen fühlt. Später geht die Trauer in eine Depression über, hauptsächlich dann, wenn die übliche zwischenmenschliche Unterstützung aufhört und Außenstehende nicht mehr Hilfe und Trost anbieten; dann können starke Einsamkeitsgefühle folgen. Eines Tages lässt aber bei den Hinterbliebenen in der Regel der Schmerz nach, die Lebensenergie kehrt wieder, und die Beziehungen zu anderen werden wieder aufgenommen.
Die Pflege todkranker Patienten kann zu Hause erfolgen, aber in den meisten Fällen findet sie im Krankenhaus oder in Pflegeheimen statt. Sie erfordert aufseiten der Ärzte und Pflegekräfte eine besondere Qualifikation, denn diese müssen ihre eigene Todesangst beherrschen, bevor sie Sterbende in geeigneter Weise trösten können. Obwohl Ärzte oft etwas anderes behaupten, hat sich heute allgemein der Grundsatz durchgesetzt, dass man den Patienten in den meisten Fällen über den bevorstehenden Tod unterrichtet. Das muss natürlich sorgfältig und einfühlsam geschehen. Viele Menschen, auch Kinder, wissen es ohnehin, wenn sie sterben müssen; wenn man ihnen hilft, dies offen auszusprechen, vermeidet man die Selbsttäuschung, und der Ausdruck ehrlicher Gefühle wird gefördert. Wenn die Umstände dies erlauben, kann der informierte Patient dafür sorgen, dass er in Würde und Ruhe stirbt. Ein Therapeut oder Geistlicher kann dazu beitragen, indem er den Patienten einfach über seine Gefühle, Gedanken und Erinnerungen reden lässt. Oder indem er den Angehörigen und Freunden zur Seite steht, die unter Umständen Angst bekommen, wenn der Patient von seinem Tod spricht.
Angst, allgemein eine Stimmung oder ein Gefühl der Beengtheit, Beklemmung und Bedrohung vor einer drohenden Gefahr, die mit einer Verminderung oder Aufhebung der willens- und verstandesmäßigen Steuerung der eigenen Persönlichkeit einhergeht
Das zentrale Merkmal der Angst ist ein intensives seelisches Unbehagen, das Gefühl, dass man zukünftige Ereignisse nicht bewältigen können wird. Die betreffende Person neigt dazu, sich nur auf die Gegenwart und nur auf die Erledigung einer Aufgabe zu konzentrieren. Körperliche Symptome der Angst sind z. B. Muskelanspannung, schwitzende Handinnenflächen, nervöse Magenbeschwerden, Kurzatmigkeit, Schwindelgefühle, Schlafstörungen, geistige Blockierung und Herzklopfen. Extreme Angstreaktionen können auch Zittern sowie der plötzliche Kontrollverlust über die Ausscheidungsfunktionen sein.
Thanatologie, interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sich mit den Fragen von Tod und Sterben befasst. Obwohl Menschen in allen Gesellschaften sich über den Tod Gedanken gemacht haben, ist die wissenschaftliche Untersuchung relativ neu. In der westlichen Kultur des 20. Jahrhunderts war die Untersuchung von etwas so Beängstigendem und Persönlichem bis in die letzten Jahrzehnte ein Tabu. Viele Leute halten heute noch die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Tod für unsensibel. Thanatologen sind jedoch der Ansicht, dass ihre Arbeit von allgemeinem Nutzen ist. Die Vorgänge beim Sterben zu verstehen, macht den Tod vielleicht zu einem weniger fremden und Furcht einflößenden Ereignis.
In den fünfziger und Sechzigerjahren ebnete die Arbeit mehrerer Sozialwissenschaftler den Weg für eine psychologische Untersuchung des Sterbens und für die Entwicklung von Sterbehilfeprogrammen und Therapien, um Hilfestellung bei der Bewältigung der tief emotionalen Probleme zu leisten. Das Werk, das die öffentliche Meinung zum Thema Sterben und Verlust eines Menschen am meisten beeinflusst hat, ist das Buch On Death and Dying (1969) von der in der Schweiz geborenen amerikanischen Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross.
Sterbehilfe für unheilbar Kranke und Beratung für die Hinterbliebenen
Die begleitende Beratung für sterbende Patienten und derer, die ihnen nahestehen, basiert größtenteils auf dem allgemeinen Modell der Todeserfahrung, das Kübler-Ross und andere entworfen haben. Sie gehen davon aus, dass der sterbende Patient normalerweise eine Reihe von Stadien durchläuft: Verleugnung, Wut, Verhandeln, Niedergeschlagenheit und Akzeptanz. Eine Person kann jedoch auch jederzeit Anzeichen von mehr als einem Stadium zeigen oder die Stadien in einer anderen Reihenfolge erleben. Wenn sie mit der Nachricht von ihrer unheilbaren Krankheit konfrontiert werden, versuchen die meisten Patienten, ihre Wahrheit zu leugnen. Wenn sie sich dieser bewusst werden, fühlen sie oft eine unbeschreibliche Wut. Dann beginnen viele mit einer Art von Verhandlungen, indem sie versprechen, sich zu bessern, um dann als Gegenleistung ihre Genesung zu erhalten. Nachdem sich diese Verhandlungen als erfolglos erwiesen haben, verfallen sie gewöhnlich in einen Zustand der Depression. Wenn Patienten eine geeignete therapeutische Beratung und die Unterstützung ihrer Angehörigen erhalten, kann ihnen geholfen werden, schließlich ihren herannahenden Tod zu akzeptieren und in Frieden zu sterben.
Wenn Menschen sterben, durchlaufen sie und ihre Angehörigen einen Prozess der Trauer. Die moderne Sterbehilfe versucht, Patienten und ihren Angehörigen zu helfen, damit sie natürlich, und ohne ihre Gefühle zu unterdrücken, trauern können.
Thanatologie
Die Sterbehilfe als professionell durchgeführte Einzel- und Gruppenarbeit ist in den letzten Jahren immer verbreiteter geworden. Bei der Linderung des Leidens von sterbenden und trauernden Menschen ist menschliche Unterstützung wie Wärme, offene Akzeptanz, Mitleid und Liebe am wichtigsten.
Sterbehilfe, zum einen die psychologisch-seelsorgerische Begleitung beim Sterbeprozess, um todkranken Menschen die unabänderlich notwendige Loslösung aus der Welt der Lebenden zu erleichtern.
Zum anderen beinhaltet der Begriff Maßnahmen zur Lebensverkürzung bei schwer kranken Menschen auf deren ausdrücklich geäußerten Wunsch oder in mitfühlender Interpretation ihres für menschenunwürdig angesehenen Zustands. Man unterscheidet (hauptsächlich in der Rechtsprechung) zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe. Der einst gebräuchliche Begriff Euthanasie (griechisch für schöner Tod) wird heute nicht mehr angewandt, da er in der Zeit des Nationalsozialismus missbräuchlich verwendet wurde (für die planmäßige Vernichtung „unwerten Lebens“, d. h. geistig und körperlich behinderter sowie seelisch kranker Menschen).
Passive Sterbehilfe meint das Unterlassen lebenserhaltender oder -verlängernder Maßnahmen, z. B. indem eine medizinische Behandlung abgebrochen wird (durch das Absetzen von Medikamenten oder das Abschalten medizinischer Apparaturen), und entweder kurz darauf oder später der Tod des Patienten eintritt. Aktive Sterbehilfe besteht gewöhnlich in der Verabreichung giftiger Stoffe oder auch überdosierte Medikamente (z. B. Schmerzmittel), die den Tod unmittelbar herbeiführen. Greift der Sterbewillige selbst zum tödlichen Mittel, indem er es trinkt (oder spritzt) oder beispielsweise auf eine Zyankalikapsel beißt, handelt es sich im Grunde um (straffreien) Selbstmord. Dennoch werden in (umstrittenen) Gerichtsverfahren immer wieder Ärzte oder Angehörige, die das Gift beschafft haben, unter Anklage gestellt.
Beide Formen der Sterbehilfe waren in Deutschland bis in jüngster Vergangenheit grundsätzlich strafbar (Tötung auf Verlangen), wobei seit einigen Jahren eine lebhafte öffentliche Diskussion über offensichtlich sinnlose medizinische Maßnahmen. (die nur ein bisweilen jahrelanges Dahinvegetieren ohne Heilungsaussichten unter zum Teil großen Schmerzen ermöglichen) und den Todeswunsch der Betroffenen geführt wird. Manche Menschen legen mittlerweile schriftlich (in Form einer sogenannten Patientenverfügung) oder mündlich gegenüber ihren Angehörigen fest, dass sie im Falle einer unheilbaren Krankheit keine lebensverlängernden Maßnahmen wünschen. Auf der Basis dieser Willenserklärung, die einer später im Zustand der Krankheit vielleicht nicht mehr möglichen Willensäußerung zuvorkommt, ist es nach neuerer Rechtsprechung unter bestimmten Umständen immerhin möglich, passive Sterbehilfe zu leisten.
Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten genießt demnach Vorrang vor den Entscheidungskriterien des behandelnden Arztes. Dieser ist bekanntlich außer an die allgemeinen Bestimmungen des Strafrechts auch an den hippokratischen Eid gebunden, der ihm gebietet, Menschenleben in jedem Fall zu erhalten. Aus rechtlicher Sicht stellt jeder medizinische Eingriff eine Körperverletzung dar, die nur mit dem Einverständnis des Patienten möglich ist. Problematisch bleiben jedoch Fälle, in denen eine eindeutige Erklärung des Patienten fehlt (z. B. häufig bei Koma-Patienten).
Weitere Quellen zum Tod und Sterben
Sterben als Teil des Lebens betrachten
Pflegestandard: Sterbebegleitung