Autor/in: la-supervision.de

Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen
Muslimische Patienten verstehen

  1. Einleitung zum Thema
  2. Muslimische Migranten in Deutschland
  3. Die psychosoziale Situation der Migranten in Deutschland
  4. Grundinformationen zum Islam
  5. Muslimisches Gesundheits- und Krankheitsverständnis
  6. Was sollen die Pflegenden und bei der Pflege von muslimischen Patienten wissen?
  7. Speisevorschriften
  8. Religiöse Grundpflichten
  9. Schamgefühl, Intimsphäre und körperliche Unversehrtheit
  10. Hygiene
  11. Besuch
  12. Tod, Trauer und religiöse Rituale
  13. Wie kann ein Krankenhaus auch für Muslime attraktiv sein?
  14. Andere Faktoren, die auch das Denken und Verhalten der Menschen beeinflusst


Muslime in Zahlen

Muslime in der Welt:
mehr als 1,3 Milliarden

Muslime in West – Europa:
ca. 13 Millionen

In Deutschland:

ca. 4 Millionen

Konvertierte deutsche Muslime:

ca. 100.000

Muslimische Glaubensrichtungen in Niedersachsen

  • Sunniten mit unterschiedlichen Rechtsordnungen
  • Aleviten
  • Schiiten der verschiedenen Richtungen
  • Vertreter der Ahmadiyya
  • Sufi Gemeinden

150 Moscheegemeinden in Niedersachsen.
Für Niedersachsen ist die Schura, ein Zusammenschluss der (sunnitischen und schiitischen) islamischen Gemeinden und Vereine Ansprechpartner in Sachen Islam und Muslime.

Muslimische Migranten

  • 31.10.1961, das Abkommen der BRD mit der Türkei
  • Die Mehrheit der türkischen Gastarbeiter blieben in Deutschland und gründeten eine Familie
  • Migranten aus Afrika, Asien und Nahost kamen als politische oder wirtschaftliche Asylsuchende nach Deutschland
  • Muslimische Studenten

Die psychosoziale Situation der Migranten in Deutschland

  • Versorgungsdefizite der Migranten
  • Verständigungsprobleme zwischen Migranten und dem therapeutischen Team (Sprache und Kultur)
  • Ergebnis: falsche Diagnosen werden erstellt
  • Interkulturelle Kompetenz Defizite (Personal)
  • Kostenfaktoren
  • Migranten sind einem höheren Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisiko ausgesetzt
  • Erschöpfung und Schmerzsymptome werden von Migranten wesentlich häufiger (33 %) als von Deutschen (knapp 16 %) geäußert

Belastende Faktoren

  • Trennung von Mitgliedern der Familie
  • Materielle Schwierigkeiten
  • Fremdheit und Ausgrenzung
  • begrenzte soziale Kontakte
  • Diskriminierung in verschiedenen Lebensbereichen
  • Stigmatisierung durch die Medien …
  • Schwere körperliche Arbeit
  • Erwerbslosigkeit
  • Nicht verwirklichte Ziele der Migration
  • Identitätskrise, wer bin ich?
  • Diese Stressfaktoren beeinflussen die Gesundheit negativ
  • Psychosomatische Erkrankungen treten auf (siehe Grottian 1991; Leyer 1991)

Ressourcen

  • Religion als Halt
  • Einstellung zur Gesundheit und Krankheit
  • Familie, Freunde, Solidaritätsprinzip und Bruderschaft in der muslimischen Gemeinde
  • Mehrsprachlichkeit
  • Die Bikulturalität als Reichtum

Die psychosoziale Situation der Migranten

  • lebensbedrohende Umstände, fragliche Zukunftsorientierungen, Ohnmachtsgefühle. Einschneidende Lebensereignisse und besondere Stresssituationen, aber auch tägliche Ärgernisse (…) wesentlich häufiger anzutreffen (sind) als bei Deutschen. (Kollatz 1998, 46)

Was bedeutet Islam?

  • Islam bedeutet „Hingabe an Allah“ und vollständige Unterwerfung unter seinen Willen.

Hauptquellen des Islam

  • Hauptquellen des Islam:
  • A) Das heilige Buch „Koran“
  • B) Die Sunna ist die Gesamtheit der vorbildlichen Bräuche und Gewohnheiten, Entscheidungen und Empfehlungen des Propheten Mohammed.

Die fünf „Säulen des Islam“ sind:

1. Das Glaubensbekenntnis
2. Das Pflichtgebet
3. Das Fasten
4. Die Pilgerfahrt nach Mekka
5. Die Armensteuer.

Die islamischen Glaubensprinzipien sind:

  • Glaube an Gott
  • Glaube an die Engel (Gabriel, Israfil und Israil)
  • Glaube an die heiligen Bücher (Thora und das Evangelium)
  • Glaube an die Propheten (Ibrahim, Isaak, Hiob, Jonas, David, Moses und Jesus)
  • Glaube an das Jenseits
  • Glaube an die Vorherbestimmung

Muslimisches Krankheitsverständnis

  • Qadar (der Glaube an die Vorherbestimmung) Krankheit ist von Gott geschaffen
  • (Der Glaube an die göttliche Allmacht und die Verantwortlichkeit der Menschen)
  • Tawakkul Vertrauen auf Allah
  • Krankheit als Prüfung und Sündenvergebung
  • Der Muslim soll seine Krankheit ertragen
  • Gott allein hat die heilende Kraft
  • „Wenn ich krank bin, so heilt er mich“ Sure 26/80 Koran
  • Der Muslim soll jedoch im Krankheitsfall medizinische Maßnahmen in Anspruch nehmen
  • Krankheit als Strafe (Aberglaube)

Muslimisches Gesundheitsverständnis

  • Der Körper und die Gesundheit sind Gottesgaben.
  • Der Muslim ist verpflichtet, seine Gesundheit zu bewahren und für deren Wiederherstellung erforderliche Maßnahmen zu treffen.
  • Nur durch einen gesunden Körper kann der Muslim die sozialen und religiösen Pflichten erfühlen.

Krankheitsdeutungen im Volksglauben

  • Dämonen und böse Blicke als Krankheitsverursacher
  • Heiler

Was sollen die Pflegenden und bei der Pflege von muslimischen Patienten wissen?

Islam prägt alle Lebensbereiche eines
praktizierenden Muslims z. B.

  • Ernährung
  • Hygiene
  • Intimsphäre
  • Religiöse Rituale
  • Familienleben
  • Intimsphäre

  • Muslimische Patientinnen sollen möglichst von Ärztinnen oder Pflegerinnen behandelt und gepflegt werden.
  • Körperliche Unversehrtheit:
  • Bei der Frau den ganzen Körper muss bedeckt sein, außer Hände, Füße und Gesicht
  • Beim Mann sind die Körperteile vom Nabel bis zum Knie zu bedecken
  • Händedruck zwischen nicht verheirateten und nichtverwandten Männer und Frauen bedeutet für Muslime Verletzung der eigenen Intimität
  • Geschlechtertrennung
  • Begrüßung eine muslimische Patientin mit Handreichen/schütteln vermeiden.

Ein sechzigjähriger türkischer Patient: „Nicht die Krankheit war mir am schlimmsten, sondern von einer fremden Frau gepflegt und gewaschen zu werden.“ Ilkilic

Ernährung

Absolut verboten: Schweinefleisch, nicht nach islamischen Vorschriften geschlachtetes Fleisch, Blut und Alkohol

  • Speisen, die Alkohol oder Schweinefett enthalten
  • Bei Medikamenten, die Alkohol oder Schweineerzeugnisse enthalten, gilt:
  • „Die Notwendigkeit hebt das Verbotene auf.“

Hygiene

  • Bei der Körperpflege Bedeckung des Körpers und sein Schutz vor Blicken
  • Beim Mann Bedeckung des Körpers vom Bauchnabel bis zum Fuß
  • Bei der Frau Bedeckung des ganzen Körpers außer Gesicht, Hände und Füße
  • Blut, Stuhl, Urin sind für Muslime unrein.

Hygiene

  • Genitalbereich mit fließendem Wasser nach Erledigung der Notdurft waschen
  • Rituelle Waschungen vor dem Gebet
  • Ganzkörperwaschung nach der Menstruation, dem Wochenbett, dem Geschlechtsverkehr und vor dem Freitagsgebet.
  • Rasieren der Achselhöhlen und der Schamhaare
  • Schneiden der Nägel

Das Pflichtgebet

  • Kranke können liegend oder im Sitzen beten
  • Das Gebet wird 5-mal am Tag verrichtet
  • Das Freitagsgebet
  • Während des Gebets darf der Muslim nicht gestört werden
  • Vor dem Gebet rituelle Waschung
  • Gebetsraum, sauber, sauberer Teppich

Besuch

  • Kranke besuchen ist Pflicht für Muslime
  • Für den Patienten bedeutet der Besuch Anteilnahme und Betroffenheit zeigen
  • Pflegepersonal soll den Krankenbesuch schätzen und respektieren
  • Die Besucher bitten Rücksicht auf die Besuchszeiten und die anderen Patienten im Zimmer zu nehmen
  • Um andere Patienten nicht zu stören, können die Besucher gebieten werden, mit dem Kranken zum Aufenthaltsraum oder in die Cafeteria zu gehen

Fasten

  • Fasten als eine Form des Gottesdienstes
  • Fasten als Pflicht für gesunde Muslime
  • Kranke werden von der Fasten-Pflicht ausgenommen
  • Die Frage, ob ein kranker Muslim fasten darf oder nicht, soll der Patient mit seinem behandelnden Arzt klären
  • Der behandelnde Arzt soll über die Wichtigkeit des Fastens für den muslimischen Patienten informiert sein
    (Das islamische Rechtsprinzip: „Die Notlage macht das Verbotene erlaubt“)

Schmerzen

Viele türkische, arabische Menschen drücken intensiver, lauter und deutlicher aus als deutsche, auch was Mimik und Gestik angeht.
Die Patienten versuchen, Ihren Schmerz erlebbar und nachvollziehbar zu machen.
Diese Schmerzäußerung wird von einigen Pflegenden als Übertreibung
Manche türkische und arabische Patienten benützen Bilder, um Ihren Schmerz zu beschreiben:
„Meine Leber ist groß“, „Mein Leber ist zerstückelt“ bei schmerzhaften Lebensumstände
Schmerzäußerung als Hilferuf nach Aufmerksamkeit
Um die Schmerzäußerung der Patient zu verstehen, benötigen wir das Wissen über die Psycho-soziale und kulturelle Hintergrunde
Schmerz als psychosoziales Phänomen und individuell erlebt:
Liebes-, Trennungs-Schmerz.

Tod und Sterben im Islam

  • Tod, Trauer und religiöse Rituale
  • Das Todesverständnis und der Jenseitsglaube
  • Die Rituale beim Sterbenden und Verstorbenen

Wie kann ein Krankenhaus auch für Muslime attraktiv sein?

  • Ein geeigneter Gebetsraum für Muslime
  • Fortbildung für Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte zum Thema „Islam und muslimische Patienten“
  • Kontakt aufnehmen und pflegen zu einer muslimischen Moscheegemeinde
  • Die Besonderheiten und Bedürfnisse der muslimischen Patienten bei der Pflege und medizinischen Versorgung berücksichtigen
  • Einstellung muslimischer Pflegekräfte und Ärzte

Andere Faktoren, die auch das Denken und Verhalten der Menschen beeinflusst:

  • DEN Muslim gibt es ebenso wenig wie DEN Christen.
    Andere Faktoren sind ebenso wichtig:
  • Geschlecht
  • Sozialstatus
  • Bildung
  • Grundkenntnisse über Medizin
  • Biografie
  • Generation
  • Patienten unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund sind aufgeregt und ängstlich im Krankenhaus

Andere Faktoren, die auch das Denken und Verhalten der Menschen beeinflusst:

  • Eigene Geschichte, Individualität
  • Individuelle Lebenserfahrung,
  • Familie, Gesellschaft,
  • Beruf
  • Eigene Einstellung

Schlusswort

Respekt, Neugier und Sensibilität für Differenzen erleichtern den Zugang zu Patienten

Weitere Quellen, um muslimische Patienten verstehen zu können
Muslimische Patienten verstehen

Leitfaden für die Begegnung mit muslimischen Patienten
Kultursensible Betreuung von türkischen (muslimischen) Patienten
Muslimische Patienten am Lebensende

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