Interpretation das Brot
Diese Kurzgeschichte heißt das Brot, diese wurde von Wolfgang Borchert geschrieben in der Nachkriegszeit um 1946. Ich habe hierzu das Buch gelesen. Es handelt von einer Frau, die ihren Mann beim Essen von rationiertem und sehr leckerem Brot ertappt. Der Mann schleicht sich heimlich nachts um halb drei aus dem gemeinsamen Schlafzimmer und schneidet sich eine Scheibe des rationierten und leckeren Brotes ab, da er einen sehr starken Heißhunger. Hierbei hinterlässt er jedoch eindeutige Krümel spuren.
Die Frau, die durch die entstandenen Geräusche wach wird und die Küche aufsucht, sieht die Brotkrümel auf dem Tisch, sie durchschaut die Ausreden ihres Mannes, fügt sich allerdings der Lüge, indem sie versucht, die Situation schnellstmöglich zu beenden. Am nächsten Tag gibt sie ihrem Mann eine Scheibe ihres Brotes, mit der Begründung, dass sie das Brot nicht mehr vertrage ab.
Der Mann nimmt diese dankend anhat, aber eine Vermutung, er äußert diese allerdings nicht. Da er hofft, dass seine Frau nichts davon mitbekommen hat. Diese Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert kann in drei Teile unterschieden werden. Im ersten Abschnitt werden die Handlungen und Wahrnehmungen der Frau beschrieben. Auch wird hier die kalte und bedrückte Atmosphäre beschrieben zwischen der Frau und dem Mann. Im Schlafzimmer wird über die Kälte gesprochen, bevor sich die Frau tief in die eigene Decke hüllt.
Die Kälte steht für die Gefühlskälte, die die Frau erfährt, als später den Vertrauensbruch Ihres Mannes bemerkt. Dies hatte sie für ihre Ehe nicht vorgesehen. Dass sie einander mustern, bevor sie miteinander sprechen, ist ein Indiz dafür, dass sie sich selten, zum einen nachts im Hemd sehen, zum anderen aber auch dafür, dass sie sich nur einseitig, nämlich nur tagsüber, genauestens kennen.
Die Frau vermutet deshalb auch nachts eine Affäre von ihrem Mann, sie verliert allerdings recht schnell die Übersicht und da sie keinen Streit mit ihrem Mann haben möchte, vergisst sie das rasant wieder. Eine gewisse Gewohnheit hat sich nach 39 Ehejahren deshalb schon eingespielt. Sie vermisst zwar seinen Atem, hat aber nie festgestellt, dass ihr Ehemann im äußeren Erscheinungsbild älter geworden ist. Was sie aufgrund ihres Alters auch nicht gemerkt hätte.
Im zweiten Teil wird die Situation in der Küche beschrieben. Nachdem die Frau die Küche betreten hatte, sieht sie ihren Mann im Nachthemd vor ihr stehen. Ihr Blick fällt jedoch immer wieder zu dem Brotteller und zu diesen Krümeln, die auf dem Tischtuch verteilt sind. Diese verraten die Tat ihres Mannes. Das Brot steht für die gesamte materielle Not im Nachkriegsdeutschland. Das rationierte und sehr leckere Brot und auch die Krümel verkörpern so eine gewisse Armut. Auch ist das Brot ein Symbol für das damalige alltägliche und auch gewohnheitsmäßige Teilen der Grundnahrungsmittel. Weiterhin spiegelt sich im Symbol des Brotes die Beziehung des Ehepaars wider.
Zwischen ihnen herrscht eine gewisse Distanz, die sich im Laufe ihrer Ehe aufgebaut hat. Dies erfährt man auch im ersten Abschnitt des Buches. Die Frau möchte ihrem Ärger keine Luft machen. Und versucht es dann eher auf die bessere Art und Weise zu umgehen. Allerdings empfindet die Frau auch Mitleid für ihren Mann. Dies erkennt man auch dadurch, dass sie am Anfang ein Nachsehen mit ihrem Mann hat. Der Mann wird von seiner Frau auf frischer Tat ertappt. Er merkt höchst wahrscheinlich, dass sie die Situation und ihn durchschaut hat. Statt dass er zugibt, dass er plötzlich Hunger gehabt habe und etwas Brot gegessen hat, erfindet er eine unglaubwürdige Ausrede, die seine Frau ihm glaubt, obwohl sie ihn klar entlarvt hat.
In der Frau muss so unausweichlich die Vermutung aufkommen, dass ihr Mann seinen in gewissen Maßen, Diebstahl! Geplant hatte. Er hat lediglich gewartet, bis seine Frau eingeschlafen war, um dann heimlich in die Küche zu schleichen, um seinen Hunger zu stillen. Dies konnte er nur dann tun, da seine Frau sonst Verdacht geschöpft hätte. Die Frau schweigt jedoch und spricht nicht über ihren Verdacht.
Deswegen finde ich, dass sie den Anschein erweckt, als ob sie unfähig zum Streit mit ihrem Mann ist. Vielleicht vermeidet sie den direkten und offenen Konflikt aus bestimmten Gründen. Diese werden hier nicht genannt. Sie könnte zum Beispiel von ihrem Mann materiell abhängig sein. Deswegen finde ich es auch sehr schade, vielleicht bekommt sie Angst vielleicht später kein Geld mehr zu bekommen.
Ihr Verhalten passt jedoch in den historischen Rahmen. In der Zeit von 1946 wurde es vermieden, seine eigenen Gefühle nach außen zu zeigen. In der Nachkriegszeit versuchten die Menschen Konflikten aus dem Weg zu gehen, als sie zu lösen.
Wenn uns daher das Verhalten der Frau aus heutiger Sicht als Zeichen für Konfliktscheuheit erscheint, so ist es möglich, dass der Autor dieses Verhalten ganz anders gesehen hat. Dies trifft daher auch auf den 2 dieses Abschnitts zu. Weiterhin versucht die Frau diese Situation so schnell wie möglich zu beenden, da sie den Anblick des Tellers – gewissermaßen die Lüge ihres Mannes – nicht mehr ertragen kann, wendet sie sich ab und betätigt den Lichtschalter, um das Licht zu löschen. Allerdings kann man die Situation der Frau gut nachzuvollziehen, da sie ja keinen Streit mit ihrem Mann haben will.
Das Licht symbolisiert die Wahrheit, die beide kennen, allerdings diese Wahrheit traut sich keiner auszusprechen. Daher betätigt die Frau den Lichtschalter, um die Wahrheit zu verdecken. Der Lichtschalter ist im Grunde genommen der Notschalter, den die Frau betätigt, um so die Situation in der Küche zu beenden. Dies gelingt ihr auch zunächst, da sie und ihr Mann wieder in ihr Schlafzimmer in das Bett gehen. Erst als ihr Mann zu kauen beginnt, wird, sie wieder an die Lüge erinnert, versucht den Konflikt aber immer noch zu vermeiden.
Der dritte und letzte Teil der Kurzgeschichte spielt am folgenden Tag. Beim gemeinsamen Abendessen gibt die Frau ihrem Mann eine Scheibe, von ihren Brotscheiben ab. Dies begründet sie jedoch nicht mit dem Hunger des Mannes, sondern verstrickt sich weiter in Lügen und gibt an, dass ihr das Brot nicht mehr vertrage. Dies ist für den Mann jedoch eine genauso offensichtliche Lüge, wie seine am vorigen Abend.
Lediglich ein Rollentausch des Lügners und der angelogenen Person hat stattgefunden. Das Licht, unter welches beide sich zum Abendessen setzen, symbolisiert auch hier die Wahrheit. Der Mann wurde von ihr in der Küche, zunächst im Dunklen, dann im Lichtschein ertappt. An diesem Tag ertappt er seine Frau direkt im Lichtschein. Somit spiegelt sich auch hier die Wiederholung der Lüge, nur mit vertauschten Rollen, wider.
Borcherts Geschichte spielt in einer begrenzten Zeit, von weniger als 24 Stunden. Auch spielen die einzelnen Szenen an nur wenigen Schauplätzen, nämlich nur im Schlafzimmer, in der Küche und, im eingeschränkten Sinne, auch im Korridor. Die wird auch regelmäßig in den Sätzen wiederholt. Auch der offensichtliche Streit zwischen den beiden ist der heutigen Zeit normal.
Allerdings nicht um das Brot, sondern um das Geld geht es da meistens. Die Geschichte wird in kurzen und einfachen Sätzen wiedergegeben. Mir ist besonders aufgefallen, dass die Geschichte zum einen viele Wiederholungen („Es war halb drei“, „Die Uhr war halb drei.“, „Um halb drei“.) zum anderen aber auch einige Sätze wie („Nachts. Um halb drei. In der Küche“) enthält. Auch ist der Wortschatz auf das Wesentliche begrenzt.
Es werden lediglich einfache und alltägliche Worte benutzt. Der Eindruck von Einfachheit und der distanzierten Atmosphäre wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass weder die Namen des Ehepaars genannt werden noch ihr Aussehen im Detail beschrieben wird. Wie es ja in jeder Kurzgeschichte eigentlich üblich ist. Meiner Ansicht nach wählte Borchert dieses Erzählen als Erzählperspektive.
Dies erkennt man daran, dass der Autor zwischen den Gedanken respektive zwischen den inneren Monologen der beiden Personen hin- und herwechselt, auch manchmal wichtige Stellen einfach umschreibt, sodass man erst beim zweimal hinsehen erkennt, was er eigentlich damit meint. Zu Anfang sehen wir die Situation aus Sicht der Frau: Sie überlegt, warum sie aufgewacht war. In der Küche wird das Geschehen aber aus der Sicht des Mannes: Sie sieht doch schon alt aus, dachte er … beschrieben.
Bemerkenswert ist, dass Borchert es auf keinen übertriebenen Spannungshöhepunkt anlegt. Es wird eher eine Szene aus dem damaligen Alltag mit gleichbleibender Spannung geschildert. Diese Situation, die vielleicht den Anschein eines banalen Vorgangs erweckt, soll uns die Situation im Nachkriegsdeutschland verdeutlichen.
Meiner Ansicht nach ist „Das Brot“ die Geschichte eines Verrates. Durch die Lüge gegenüber seiner Frau und seine Heimlichkeit, dass er nachts in die Küche zum Essen geht, betrügt er seine Frau und bricht und verrät das Vertrauen in ihrer Beziehung. Statt einfach, ohne Erlaubnis, sich das rationierte Brot zu klauen, hätte er seine Frau beim nächsten Abendessen um etwas mehr Brot bitten können. Dadurch, dass sie ihm am nächsten Abend eine Scheibe ihres Brotes abgibt, macht sie ihm deutlich, dass sie gerne dazu bereit gewesen wäre. Diese Tat der Frau weckt in ihrem Mann auch Schamgefühl und Peinlichkeit.
Allerdings spiegelt die Geschichte das Verhalten auf ein Unrecht wider. Die Frau stellt ihren Ehemann nicht zur Rede und verurteilt ihn auch nicht wegen seines begangenen Unrechts. Ob sie dies absichtlich nicht tut, wird in der Geschichte nicht erwähnt. Keiner von beiden spricht oder erwähnt das Thema, dass er mehr Hunger hat und gerne noch eine Scheibe Brot mehr hätte. Diese gewisse Sprachlosigkeit ist anscheinend charakteristisch für diese Zeit, nach dem Nationalsozialismus. Daraus folgt, Kommunikation ist und bleibt alles. Und die Frau hätte mit ihrem Mann darüber sprechen sollen. Eigentlich von Anfang an schon.
Weitere Quellen zur Interpretation das Brot
Interpretation‘ Das Brot‘
Das Brot, Wolfgang Borchert – Interpretation und Inhaltsangabe
Borchert, Wolfgang – Das Brot (Interpretation)