Autor/in: Olaf

Gewalt in der Altenpflege

Gewalt, Aggressionen, in der Pflege, scheinen mir grundsätzlich nicht sadistischer Natur zu sein, sondern eher eine kompensatorische Funktion zu haben. Sie entsteht auf dem Boden von Überforderung, Verunsicherung. Mangelnder Anerkennung, dem Gefühl des allein gelassen Werdens, sowohl auf Seite der Pflegekräfte als auch bei Angehörigen und zu Pflegenden, dass Gewalt in der Pflege stattfindet. Auftritt, ist keine Frage, und dass diese in unterschiedlichen Formen auftritt auch nicht, auch scheinen mir persönlich die verschiedenen Formen der Gewalt hierbei nicht so sehr relevant,

relevant erscheint es mir jedoch, die Ursachen für das Entstehen der Gewalt herauszufiltern und was von den einzelnen „Gruppen“ als gewalttätig erfahren wird / erfahren werden könnte,


Gewalt aus Sicht des zu Pflegenden:

Beginnen wir einmal ganz von vorn

Die Heimunterbringung:

Es ist erfahrungsgemäß eher die Ausnahme, dass die Heimunterbringung freien Willens geschieht, eher ist es so, dass diese aufgrund von Sachzwängen, dem „Zuspruch“ Angehöriger, Ärzte etc. erfolgt.

Was sind die Folgen dieser Unterbringung?
Der Mensch verliert sein ihm vertrautes Umfeld, muss in der Regel das meiste ihm vertraute zurücklassen (Möbel, soziale Kontakte, Lebensgewohnheiten, Träume)
Da Einzelzimmer eher in den meisten Häusern immer noch die Ausnahme sind, und auch mit einer finanziellen Mehrbelastung verbunden sind, verliert er seine Privatsphäre, seine Intimsphäre durch die Unterbringung in einem Mehrbettzimmer.
Allein diese Tatsache ist dazu geeignet, sie als gewalttätig zu definieren. Respektive als gewalttätig zu erfahren.
Grundsätzlich ist es doch so, dass der „alte Mensch“ sich einer völlig neuen Lebenssituation gegenübersieht, welcher er sich stellen muss, er erlebt erst einmal einen Verlust.
Verlust des vertrauten Lebensraumes (Wohnung, Haus) Verlust seines ihm vertrautes soziales Umfeld (Familie, Nachbarn, Freunde).
Verlust seines ihm vertrauten Tagesablaufes, der mit seinen eigenen, jahrzehntelang ausgelebten Ritualen verbunden war.

Der Tagesablauf im Heim:
Üblicherweise ist dieser in den meisten Häusern relativ straff durchorganisiert, aufstehen von. Bis. Frühstück von. Bis. Mittagessen, Mittagsruhe, Abendbrot, Nachtruhe, diese Tagesstruktur ist nicht dazu gedacht, Gewalt gegenüber Menschen auszuüben. Jedoch kann diese von ihm, dem „Bewohner“, als solche empfunden werden, da sein individueller, biografisch bedingter Tagesablauf dabei normalerweise kaum berücksichtigt wird, der Tagesablauf, dessen gesamte straffe Organisation, wird zumeist eher nach funktionellen Gesichtspunkten gestaltet als nach individuellen,

die Frage ist nun: kann überhaupt der Individualität des Individuums Rechnung getragen werden in einer Institution wie der des Altenheimes.

Welche Möglichkeiten hat der zu Pflegende hierauf zu reagieren?

• Er entflieht der Situation (zunehmende Verwirrtheit – Demenz? Sozialer Rückzug?)
• Aufbau von Aggressionen gegenüber Angehörigen, Pflegekräften, Mitbewohnern
• Annahme der Situation, das beste daraus machen,

Gewalt aus Sicht des „Angehörigen“:

Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass eine Heimunterbringung nicht „leichtfertig“ getätigt wird. Dies mag in Ausnahmefällen der Fall sein, ist jedoch grundsätzlich, meines Erachtens, nicht die Regel. Die „Abschiebung“ in ein Altersheim ist nicht mal so eben getan. Dies mag in Ausnahmen der Fall sein, zumeist geschieht es jedoch aus zwingender Notwendigkeit.
Meine Erfahrung aus der ambulanten Pflege heraus ist eher jene, dass die Heimunterbringung, wenn überhaupt, als letzter Ausweg gesehen wird.
Allzu oft mischen sich in die Heimunterbringung Schuldgefühle, das Gefühl des eigenen Versagens, des Abschiebens und das Gefühl, den Angehörigen im Stich zu lassen. Mischen sich mit der Empfindung des überfordert seins, die Heimunterbringung wird häufig erst einmal als Niederlage empfunden, häufig empfindet der „Angehörige“ die Unterbringung seines Angehörigen als Schmach.
Hinzu kommt, dass der „Angehörige“ nur wenig Einfluss auf die Betreuung, Pflege – die er ja vorher größtenteils selbst übernommen hatte – hat. Normalerweise ist er in den Pflegeprozess kaum eingebunden, eher ist es so, dass er nun, da sein Angehöriger im Heim untergebracht ist, außen vor steht, er wird gewissermaßen entthront, entmachtet.
Auch sind die wenigsten Heime dazu geeignet den sozialen, zwischenmenschlichen Kontakt aufrechtzuerhalten, Rückzugsmöglichkeiten gibt es in den meisten Häusern keine, und die Bewohnerzimmer laden wenig zum Verweilen ein,
Eine Heimunterbringung erfolgt häufig gegen einen mehr oder minder ausgeprägten Widerstand.

Welche Möglichkeiten hat der „Angehörige“ hierauf zu reagieren?

  • Er zieht sich zurück, besucht seinen Angehörigen nicht mehr
    • Aufbau von Aggressionen gegenüber seinem Angehörigen, Mitarbeitern,
    • Annahme der Situation,

Gewalt aus Sicht der „Pflegekraft“:

Allein die oben genannten Umstände sind dazu geeignet, ein Gewaltpotenzial hervorzubringen, die „Pflegekraft“ ist in hohem Maße gefordert. Zunächst trifft sie erst einmal auf einen zu Pflegenden. Der gar nicht da sein möchte, sich in einer ihm völlig unbekannten Umgebung befindet, über keinerlei soziale Kontakte innerhalb des Hauses verfügt, seine „alten“ sozialen Kontakte hinter sich gelassen hat, seine eigenen individuellen Bedürfnisse und Erwartungen hat.

Da ist einerseits der zu Pflegende, der im Hause fremd ist, nicht unbedingt positiv eingestellt ist auf sein neues Zuhause. Er will / muss integriert werden, bedarf in hohem Maße der Zuwendung durch die Pflegekraft, die der „Bewohner“ jedoch häufig der Heimunterbringung nicht positiv gegenüber eingestellt ist, ist er eher auf Abwehr, auf Negation seiner Lebensumstände, „programmiert“. Er ist häufig noch in der „Verlustphase“, spricht mit Bedauern darüber, dass er sein Zuhause aufgeben musste. Was vermutlich bedeuten mag, er öffnet sich der Zuwendung der Pflegekraft gegenüber nicht unbedingt, dass er sich eher in einer Abwehrhaltung befindet.

Für den Bewohner ist es so, dass er gewissermaßen erst einmal sein altes Leben hinter sich lassen muss. In einem übertragenen Sinne stirbt er zunächst. Die Pflegekraft nimmt ihn jedoch als „neuen Bewohner“ war, für sie ist es eher eine „Geburtsstunde“, Sie gehen gewissermaßen von unterschiedlichen Ausgangspunkten aus, während es für den einen das Ende ist, ist es für den anderen ein Anfang,

folgendes Modell habe ich den Phasen von Kübler Ross entnommen, und meine Theorie an diese angelehnt,

Phase 1: Nicht-Wahr-haben-wollen und Isolierung

Der zu Pflegende kann sich nicht mit der Heimunterbringung abfinden, diese noch nicht anerkennen, fordert oder meint seine Unterbringung sei nur vorübergehend. Er käme bald wieder nach Hause, ist der Integration in den Heimablauf gegenüber eher verweigernd, ablehnend eingestellt. Er entzieht, soweit es möglich ist allen Tatsachen, die ihm bewusst machen, dass er in einem Heim untergebracht ist, lehnt es ab, integriert zu werden, an Veranstaltungen teilzunehmen etc.
Dies ablehnende Verhalten des zu Pflegenden kann von der Pflegekraft als gewalttätig empfunden werden, da er sich in diesem Verhalten nicht anerkannt, nicht bestätigt fühlt. Er keine Bestätigung, keine Wertschätzung erfährt,

kann auch vor der eigentlichen Heimunterbringung liegen, in dem Sinne, dass der „alte Mensch“ nicht die Notwendigkeit einer Unterbringung einsieht, erkennt, akzeptiert.

Phase 2: Zorn

Kann der zu Pflegende die Heimunterbringung nicht mehr leugnen, hat er diese als solche erkannt, kann er zornig und eifersüchtig werden auf Pflegekräfte und/oder Angehörige, da sind jene, die seine Unterbringung veranlasst haben. Schuld sind an seiner Situation (meist Angehörige) und Pflegekräfte, die ihm weiß machen wollen, dies sei jetzt sein Zuhause. (eine „Äußerung, die in Phase 1 und 2 ein Gewaltpotenzial in sich birgt“) und die auch verständlich reden, haben, sie müssen ‚hier‘ nicht leben, gehen nach Hause. Es kommt zu einer Flut negativ getönter Emotionen, dies äußert sich dann oft in ‚Kleinigkeiten‘ wie Unzufriedenheit mit dem Essen, dem Zimmer, den Mitbewohnern, dem Pflegeteam und den Ärzten, in Sonderwünschen, aber auch in heftigen Streitigkeiten mit der Familie und aggressiven Beschuldigungen.

Phase 3: Verhandeln

In dieser Phase versucht der zu Pflegende zu verhandeln, er hat erkannt, dass seine Heimunterbringung unabwendbar ist, er dies nicht mehr rückgängig machen kann,
eventuell ist letzteres auch nicht gegeben. Dann versucht er einen Ausweg zu finden im Sinne von: Wenn ich dieses oder jenes erreiche, darf / kann ich dann wieder nach Hause? Hat er sich jedoch mit der Heimunterbringung abgefunden, versucht er in dieser Phase zu verhandeln. In dieser Verhandlungsphase versucht er so viel wie möglich aus seinem alten Leben in das neue hinüberzuretten, (Einzelzimmer, Aufstehen, Zubettgehen, Mahlzeiten) Sinn und Zweck dieser Verhandlungsphase ist es, ein möglichst hohes Maß an subjektiver individueller Lebensqualität zu erhalten, beizubehalten. In dieser Phase ist der Bewohner sehr verletzlich, da er in einem Prozess der Neuorientierung ist,

Phase 4: Depression

In dieser Phase trauert der zu Pflegende um das verlorene, wird er sich seiner Situation bewusst/er blickt zurück und erkennt, was er alles zurückgelassen hat. Dies betrifft nicht nur Materielles, ihm wird bewusst, dass ein Lebensabschnitt seines Lebens zu Ende ist. Wie intensiv, tief diese Depression ist, ist unter anderem davon abhängig, wie viel Individuelles, er erhalten konnte,

Phase 5: Zustimmung

In dieser Phase hat der zu Pflegende sich mit seiner Situation nicht nur abgefunden, sondern diese auch akzeptiert. Unter Umständen vermag er sogar Qualitäten in seiner Heimunterbringung zu entdecken, entwickelt sogar neue Lebensgewohnheiten.

Nun könnte man natürlich fragen, was hat eine Heimunterbringung mit dem Sterbeprozess, dem Tod zu tun? Ich meine sehr viel, aufgrund der Komplexität des Menschlichen ist es so, dass wir nicht nur einen physischen „Tod“ erleiden können,

Ich möchte nun versuchen dies an Maslows Bedürfnispyramide zu belegen,

Maslows Bedürfnispyramide:

Wesentlich ist hierbei, dass die untere Ebene erfüllt sein muss, damit die nächst höhere wahrgenommen werden kann. Sie bauen also aufeinander auf, bedingen einander.
Maslow ist davon ausgegangen, dass der Mensch im Laufe seines Lebens unterschiedliche Bedürfnisse entwickelt. Diese Bedürfnisse weisen eine bestimmte Hierarchie auf, erst wenn die Bedürfnisse der unteren Ebene erfüllt sind, werde die der nächst höheren wahrgenommen respektive entwickelt.

In einem übertragenen Sinne entdeckt er fast eine neue Welt, nimmt er eine neue „Teilidentität“ an, mit in Besitznahme der entsprechenden „Bedürfnisidentität“ ist er bestrebt diese zu erhalten.

Des Weiteren ist die Pflegekraft konfrontiert mit den Angehörigen des zu Pflegenden. Sowohl Angehöriger als auch zu Pflegender stellen Forderungen gegenüber der Pflegekraft. Äußern ihm/ihr gegenüber Wünschen, Bedürfnisse, Emotionen etc. Hinzukommen dann noch die pflegerischen Sachzwänge (z. B. personelle Situation in der Pflege, Funktionalisierung, Überforderung durch mangelnde Anleitung, oder Fachwissen). Welche eine wirkliche individuelle Pflege fast unmöglich machen, allein durch den immer noch üblichen fest vorgegebene Ebenen Tagesablauf. Diese Konstellation führt zwangsläufig bei der Pflegekraft zu einer Überforderung, welche sich häufig in verbaler oder nonverbaler Gewalt äußert.

Welche Möglichkeiten hat die Pflegekraft, hierauf zu reagieren?

  • Sie zieht sich zurück, Aufgabe des Berufes
  • Annahme der Situation „innere Kapitulation“ (humanoide Pflegemaschinen)
  • Aufbau von Aggressionen
  • Burn-out, potenzielle Suchtgefahren durch permanente körperliche und geistige Überforderung

Zu klären wäre jedoch auch: Was ist eigentlich Gewalt?

Ich verwende hierfür folgende Definition:

Gewalt ist all das, was den Menschen in seiner Individualität einschränkt, ihn zwingt, zwingen soll, etwas gegen seinen Willen zu tun oder gegen seinen Willen zu unterlassen.

Um den Menschen in seiner Individualität einzuschränken. Ihn zwingen zu wollen, etwas gegen seinen Willen zu tun, oder gegen seinen Willen zu unterlassen, erscheint mir das „Mittel der Wahl“, die Angst, sie ist mir die erste und ursprünglichste Form der Gewalt.

Angst und Gewalt erscheinen mir wie zwei Seiten einer Medaille.
Insofern ist Gewalt auch für mich, alles, was Angst macht, Angst machen soll, Angst verursacht. Dies meint Gewalt, sowohl, die offene als auch die versteckte als auch die Androhung von Gewalt, Gewalt und Angst, Ursache und Wirkung, Gewalt verursacht Angst, doch verursacht Angst nicht auch Gewalt?

Eine weitere, meiner Meinung nach, wichtige und wesentliche Unterscheidung ist nochmals zu machen zwischen Aggression und Gewalt, da es hierbei nicht um unterschiedliche Benennungen ein und desselben geht. Es scheint mir, es geht erst einmal um eine Klärung von Gewalt, Angst sowie der Unterscheidung der Gewalt zur Aggression. Ich möchte mit der Angst beginnen, da es mir so vorkommt, als spiele sie eine entscheidende, zentrale, ja überhaupt die wesentliche Rolle.

Was ist Angst? – Wofür ist die Angst?

Das Wort Angst kommt von seinem Ursprung her von Angus, was nichts weiter bedeutet als Enge, sich eingeengt fühlen. In seinem Ursprung ist Angst eine Reaktion unseres Körpers auf Gefahr, auf lebensbedrohende Situationen, in denen er getötet, vernichtet werden kann, könnte. Unter dieser Reaktion kommt es zu bestimmten körperlichen Reaktionen, Ausschüttung von Stresshormonen, verstärkte Durchblutung der Muskulatur, Hirn und Verdauung liegen eher brach, letztlich ist der Körper auf fliehen oder kämpfen programmiert. Von Natur aus sind wir also ursprünglich darauf „programmiert“ zu kämpfen oder zu fliehen – diskutieren? Da hätten wir dann die Gewalt. Man könnte also behaupten, dass Gewalt immer dort entsteht, wo Angst ihr den Boden bereitet, grundsätzlich war die Angst dazu geschaffen, unser Überleben zu sichern, ursprünglichen war dies ein Überlebensmechanismus.

Alle Angst ist Todes, Vernichtungsangst?

Dann wurde es aber komplizierter, irgendwas oder irgendwer, wir nennen das im allgemeinen Evolution, hat Bewusstsein in das „Spiel“ gebracht. Plötzlich wollten wir nicht nur Überleben (essen, trinken, schlafen, fortpflanzen), sondern wir wollten des auch noch vorausschauend sichern. Wir wollten das nicht nur für den Augenblick, das jetzt, sondern auch für morgen und für übermorgen und für. Also fingen wir an zu denken, Sorge dafür zu tragen, dass das alles auch noch morgen da ist. Uns war warm, wir waren satt und na ja „sauber“ ist ja man relativ, auf alle Fälle machten wir uns plötzlich einen Kopf darüber, ob das wohl immer so sein würde, was wir tun könnten. Damit das auch so bleibt und so weiter, uns war nach Sicherheit und damit fing das Desaster bereits an, und ein Ende war noch lange nicht in Sicht. Plötzlich tauchten denn noch soziale Bedürfnisse auf, wir wollten nicht mehr allein sein. Wollten gemocht werden, und so einige andere „Probleme“ ergaben sich ebenfalls, im Laufe der Zeit, Maslow’s Bedürfnispyramide gibt da einen relativ guten Einblick auf das Ausmaß dieses Dilemmas.

Bedürfnis – Sein-Dürfen beschränkte sich nicht mehr auf Überleben, auf den Moment, das jetzt, sondern es gab Zukunft, das Morgen trat in unser Bewusstsein. Wir wurden komplexer und damit leider auch komplizierter, jedoch scheint mir das es „versäumt“ wurde unseren Überlebensmechanismus adäquat anzupassen. Diese körperliche Reaktion, auf lebensbedrohliche Situationen ist immer noch gegeben, ein kleiner Hormonschub, und wieder entscheiden wir fliehen oder verteidigen, kämpfen. Wie bereits erwähnt soll die Angst uns davor bewahren vernichtet, getötet, zu werden. Wenn also die Gefahr besteht, dass wir vernichtet oder getötet werden könnten, greift dieser Mechanismus, und wir entziehen (fliehen) uns der Situation oder kämpfen, wobei Kampf mit Gewalt gleichzusetzen ist,
der Mensch steht vor der Entscheidung, Flucht oder Kampf.

Diese Vernichtungs- und Todesangst erfahren wir jedoch nicht nur auf der physischen Ebene, sondern auch auf allen anderen Ebenen. Auch auf diesen Ebenen vermögen wir das Empfinden getötet, vernichtet, zu werden wahrzunehmen.
Denn der Mensch ist nicht, nicht mehr, nur auf der physischen Ebene präsent, lebend. Er existiert auf mehreren Ebenen gleichzeitig, und auf jeder Ebene ist er bestrebt, sein Überleben zu sichern, für alle diese Ebenen verfügt er jedoch nur über diesen einen Überlebensmechanismus,

diese Ebenen lassen sich wie folgt definieren:

  • Physische Ebene
  • Emotionale Ebene
  • Soziale Ebene
  • Intellektuelle Ebene
  • Spirituelle Ebene

Man könnte auch von mehreren Körpern sprechen, über die wir verfügen.

Diese kann man grob unterteilen in:

  • Physischen Körper
  • Emotionaler Körper
  • Mentaler Körper

Jede einzelne dieser Ebenen vermag nun Todesangst wahrzunehmen, kann eine Situation erfahren, in der sie sich in ihrer Existenz bedroht fühlt. In solch einer Situation greift jetzt wieder besagter Schutzmechanismus.

Grundannahme und Voraussetzung sind hierbei natürlich, dass wir, der Mensch, nicht nur einen physischen Tod erfahren können, sondern auch, dass es einen Tod gibt vor dem Ende der physischen Existenz. Definieren wir Tod, als das Ende unseres Daseins. So könnte man behaupten, dass es eben nicht nur um das physische, körperliche, DA SEIN geht. Sondern auch, um das emotionale, soziale, intellektuelle, spirituelle DA SEIN, und dass jedes Dasein, auch auf diesen Ebenen, endlich ist, als solches erfahrbar ist. Auch diese „Körper“ vernichtet, getötet werden können, auch Sie bedürfen eines „Schutzes“ womit wir wieder bei besagtem Schutzmechanismus sind, fliehen oder kämpfen, denn dieser ist der Einzige, welcher uns zur Verfügung steht.

Was macht uns nun Angst? Wie bereits erwähnt letztlich alles, was unser Überleben bedroht, zu bedrohen erscheint.

Angst: hinter diesem „Wort“ verbirgt sich für mich vieles. Letztlich dient sie aber
immer der Einengung, Einschränkung, der Individualität der Person.
Dieses mangelnde Bewusstsein, diese Unachtsamkeit ist jedoch nicht aus der Pflege heraus allein zu klären, sondern „Symptom“ unserer Zeit, so scheint es mir jedenfalls.

Denn betrachtet man, was Gewalt ist:

Gewalt ist all das, was den Menschen in seiner Individualität einschränkt, ihn zwingt, zwingen soll, etwas gegen seinen Willen zu tun oder gegen seinen Willen zu unterlassen.

So könnte man fragen, was ist Gewaltlosigkeit?

Die Anerkennung der Individualität des Einzelnen? Die Anerkennung seines
So-Seins in der Gesamtheit seiner Persönlichkeit?
Wo ist dieses „Sein dürfen“ gegeben
Jemand hat einmal gesagt, es kommt eine Zeit, in der der Mensch funktionalisiert wird, und Maschinen vermenschlicht werden, glaube das war Marx, ups,
trotzdem ist es schon so weit?

Da dieses Thema einfach zu komplex ist, belasse ich es jetzt erst einmal bei meinen Ausführungen und füge nur noch „Beispiele“ der Gewalt ein, welche ich versucht, habe der Maslow’schen Bedürfnispyramide zuzuordnen

Mögliche Formen der erlebbaren Gewalt aus Sicht des zu Pflegenden:

unter Beachtung der Maslow’schen Bedürfnispyramide

5. Ebene
Bedürfnis nach Selbstentfaltung, keine Rückzugsmöglichkeiten, keine Wahl des freien Kommens und Gehens.

4. Ebene

Bedürfnis nach Wertschätzung, Ansprechen des Bewohners mit Vornamen, duzen, „Funktionalisierung“ der Kommunikation, Tätigkeiten abnehmen, die selbst ausgeführt werden könnten, weil sie der Pflegekraft nicht schnell genug gehen, abwertende Äußerungen in Anwesenheit,

3. Ebene

Soziale Bedürfnisse, Mehrbettzimmer, „Funktionalisierung“ der Kommunikation, keine Rückzugsmöglichkeiten,

2. Ebene

Sicherheitsbedürfnisse, Mehrbettzimmer, nicht abschließbare Zimmer, nicht anklopfen, keine Rückzugsmöglichkeiten,

1. Ebene

Physiologische Bedürfnisse Verweigerung von Nahrung, trinken,

mögliche Formen der erlebbaren Gewalt aus Sicht der Pflegekraft:

unter Beachtung der Maslow’schen Bedürfnispyramide

5. Ebene
Bedürfnis nach Selbstentfaltung, Selbstverwirklichung, Sinnfindung
seitens Vorgesetzter, Kollegen, Angehöriger, „Bewohner“
Gesellschaftliche Anerkennung des Berufszweiges
Inwieweit ist eine Verwirklichung der eigenen Person in der Altenpflege möglich, kann die Pflegekraft ihre Person in die Arbeit mit einbringen? (z. B. funktionalisierende Pflege kontra funktionelle Pflege – verwahren anstatt versorgen – warm, satt, sauber = Pflege?)

4. Ebene

Bedürfnis nach Wertschätzung, Bewunderung, Anerkennung, Selbstvertrauen, Kompetenz
seitens Vorgesetzter, Kollegen, Angehöriger, „Bewohner“
Gesellschaftliche Anerkennung des Berufszweiges
Inwieweit erfährt die Altenpflege eine gesellschaftliche Wertschätzung?
„Arsch abwischer“ der Nation? Kompetenzempfinden der Pflegekraft (z. B. gegenüber Ärzten)?

3. Ebene

Soziale Bedürfnisse Anerkennung, Vertrauen, Zuwendung
seitens Vorgesetzter, Kollegen, Angehöriger, „Bewohner“
Gesellschaftliche Anerkennung des Berufszweiges.

2. Ebene

Sicherheitsbedürfnisse –
Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes.

1. Ebene

Physiologische Bedürfnisse.

Mögliche Formen der erlebbaren Gewalt aus Sicht des Angehörigen:

unter Beachtung der Maslow’schen Bedürfnispyramide

5. Ebene
Bedürfnis nach Selbstentfaltung —

4. Ebene

Bedürfnis nach Wertschätzung, Bewunderung, Anerkennung, Selbstvertrauen, Kompetenz
seitens Angehöriger und Pflegekräfte
Gesellschaftliche Anerkennung
Inwieweit erfährt der Angehörige eine Anerkennung seiner Leistungen, wird seine Kompetenz in die Pflege mit einbezogen. In der Regel erfährt der Angehörige die Heimunterbringung seines Angehörigen als Niederlage, als Versagen seiner Person, was mit einer Herabsetzung seines Selbstvertrauens verbunden ist.

3. Ebene

Soziale Bedürfnisse Anerkennung, Vertrauen, Zuwendung seitens Angehöriger und Pflegekräfte, gesellschaftliche Anerkennung
Inwieweit erfährt der Angehörige eine Anerkennung seiner Leistungen, wird seine Kompetenz in die Pflege mit einbezogen, erfährt er eine Zuwendung seitens der Pflege.

2. Ebene

Sicherheitsbedürfnisse.

1. Ebene

Physiologische Bedürfnisse.

Weitere Quellen zur Gewalt in der Altenpflege
Gewalt in der Altenpflege

Gewalt und Aggression in der Pflege
Wenn alles zu viel wird
Gewalt in der häuslichen Pflege vermeiden

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