Die Geschichte des autogenen Trainings
Der Begriff „Autogenes“ lässt sich aus den griechischen Worten „Autos“ = „selbst“ und „genos“ = „erzeugen“ ableiten, d. h. beim autogenen Training erzeugt man selbst etwas. Es handelt sich dabei nicht um Hokuspokus oder Zauberei, sondern die körperlichen und psychologischen Effekte sind wissenschaftlich nachgewiesen. Das Autogene wurde vor etwa 80 Jahren von Johannes Heinrich Schultz (kurz: J. H. Schultz) entwickelt. Schultz wurde am 20. Juni 1884 als Sohn eines Theologieprofessors in Göttingen geboren, über die Mutter ist nichts bekannt. Von Geburt an litt er unter schwerem Asthma. In Lausanne und Breslau studierte er Medizin, bevor er 1907 in Göttingen promoviert wurde.
Nach seiner Abschlussprüfung war er in verschiedenen Kliniken tätig, bis er sich 1915 bei dem berühmten Psychiater Otto Binswanger in Jena habilitieren konnte. Hypnose, Autosuggestion und Psychoanalyse fanden schon in seiner Ausbildung sein besonderes Interesse. Die Beschäftigung mit seinen eigenen inneren Bildern und psychischen Erfahrungen half ihm bei der Heilung seiner Asthma-Krankheit. Während des Ersten Weltkriegs war er Chefarzt des Nervenlazaretts im belgischen Namur. Hier machte er die Erfahrung, dass seine schwer traumatisierten Patienten auch ohne körperliche Schäden erblinden oder taub werden. Bei ihrer Behandlung griff er auch auf die Methode der Hypnose zurück.
Inhaltsverzeichnis
Als Assistenzarzt in Frankfurt in den 20er-Jahren wollte Schultz die psychosomatischen Phänomene der Traumatisierten weiter erforschen. Er versetzte Studenten in Hypnose und befragte sie nach ihren Erfahrungen beim Hinübergleiten in den Trancezustand. Ein sehr hoher Prozentsatz erinnerte sich an „ein Schweregefühl im Schreibarm“. Schultz experimentierte damit, dieses Schweregefühl von seinen Versuchspersonen durch eine Reihe immer wiederkehrender Formeln selbst, ohne Hypnose, erzeugen zu lassen: Das war die Geburtsstunde des autogenen Trainings.
Das autogene Training beruht insbesondere auf der Erkenntnis, dass man über die Konzentration körperliche Prozesse beeinflussen kann. In der Grundform des autogenen Trainings lernen Sie z. B. die Muskelspannung und die Durchblutung der Haut, die mit jeder Form der Entspannung automatisch einhergehen, wahrzunehmen und über die Konzentration gezielt positiv zu beeinflussen. Man verspürt Tiefenentspannung, zudem werden häufig angenehme Ruhe-, Schwere sowie wohlige Wärmeempfindungen dabei erlebt.
Ziele und Nutzen
- Innere Ruhe und Ausgeglichenheit
- Beseitigung von Schlafproblemen
- Bessere Konzentration und mentale Fitness
- Gezielte Entspannung in Stresssituationen
- Insgesamt weniger Stress erleben
- Körperliche und psychische Erholung und Entspannung
- Selbstruhigstellung und Dämpfung negativer Affekte (etwa Ängste)
- Leistungssteigerung (Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisfertigkeiten)
- Selbstregulation eigentlich autonomer Körperfunktionen (z. B. Blutkreislauf) Schmerzdämpfung.
- Erhöhte Selbstbestimmung
- Erhöhte Selbstkontrolle und Selbstkritik
Die 7 Grundübungen
Es gibt sieben Formelvorsätze, welche aufeinander aufbauen und ihre Reihenfolge sollte weder beim Lernen noch beim Üben verändert werden. Jede Formel soll innerlich wiederholt angesprochen (inneres Sprechen) werden. Die gedankliche Konzentration auf die jeweilige Formel soll in der Lernphase, in der dies vom Kursleiter gesteuert wird, etwa 1 bis 2 Minuten anhalten, wobei neben dem Wortlaut der Formel auch Bilder im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen können.
- 1. Die Ruhetönung.
- 2. Die Schwerehrung.
- 3. Die Wärmeübung.
- 4. Die Atemübung.
- 5. Die Herzübung.
- 6. Die Leibübung.
- 7. Die Stirnübung.
Das erste Mal
Die Übungsposition ist idealerweise im Liegen auf dem Rücken oder im Sitzen in der sogenannten Droschkenkutscher Haltung. Beim Üben schließen Sie die Augen, Sie nehmen sich Zeit und verbannen Gedanken an Termine und andere Verpflichtungen. Sie sollten zwei bis drei Mal täglich immer zu den gleichen Zeiten trainieren und jede Übung dreimal und jede Formel sechsmal wiederholen.
Legen Sie sich hin oder setzen Sie sich bequem hin. Augen schließen. Beginnen Sie mit der sogenannten Schwere Übung und sagen Sie sich in Ruhe und mit Abständen einige Mal „Der rechte Arm ist schwierig“. Entspannen Sie. Wenn Sie fertig sind, beenden Sie die Übung: Sagen Sie sich: „Ich komme zurück“ – rekeln Sie sich – atmen Sie tief – öffnen Sie ganz langsam die Augen. Nach einigen Übungen spüren Sie, dass der rechte Arm tatsächlich schwerer wird. Wenn das klappt, können Sie weitermachen und die folgenden, weiteren autogenes Training Übungen ausprobieren.
1.: Ruheübung:
Ich bin ganz ruhig
2.: Schwere Übung:
- Der rechte Arm ist ganz schwer
- Der linke Arm ist ganz schwer
- Beide Arme sind ganz schwer
- Beide Beine sind ganz schwer
- Arme und Beine sind ganz schwer
3.: Wärmeübung:
- Der rechte Arm ist ganz warm
- Der linke Arm ist ganz warm
- Beide Arme sind ganz warm
- Beide Beine sind ganz warm
- Arme und Beine sind ganz warm
4.: Atemübung
die Atmung ist ganz ruhig
Es atmet mich
Herz und Atmung sind ruhig und gleichmäßig
5.: Herzübung:
Das Herz schlägt ganz ruhig und gleichmäßig
6.: Leibübung:
Der Bauch ist strömend warm
7.: Kopf- /Stirnübung:
die Stirn ist angenehm kühl
Der Kopf bleibt leicht und klar
Zurücknehmen – Ich komme zurück – Räkeln Sie sich mit den Armen! – Atmen Sie tief! – Nun öffnen Sie die Augen! (sehr langsam + ruhig sprechen!)
ACHTUNG: Nicht angewandt werden kann das autogene Training bei schweren Angstzuständen und Depressionen und bei Wahnvorstellungen. Hier führen die Vorstellungen und Bilder eher zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes durch eine weitere Konzentration auf den inneren Rückzug!
Meine eigenen Erfahrungen
Ich selbst habe das autogene Training schon ein paar Mal ausprobiert, mit einer CD, die ich mir von einer Bekannten ausgeliehen habe. Ich komme relativ schnell in einen schönen entspannten Zustand, in dem ich mal nicht an bevorstehende Schulaufgaben oder benotete Praxisbesuche denke. Das tut gut. Was mir auch gut hilft, wenn ich mir Dinge bildlich vorstelle, z. B. wenn ich an eine Zitrone denke und dabei die Frucht mit geschlossenen Augen regelrecht vor mir sehe.
Das mache ich auch mal zwischendrin. Das Erstaunliche für mich daran war auch im Nachhinein immer, dass ich mich im Anschluss daran an eigentlich nichts erinnern konnte, was um mich herum passiert, ist in der Zeit. Ich hätte mich jemand gefragt: „Hast Du den vorbeifahrenden Krankenwagen gehört?“ Oder „Das Vogelgezwitscher?“ oder „Das Gerede der Schüler, die nicht mitgemacht haben?“, dann hätte ich immer sagen müssen „Nein, hab’ ich nicht.“ Bei den ersten zweimal, als ich das autogene Training ausprobierte, war das nicht so, erst ab dem dritten Mal. Dauert nur „ein paar Minuten“, aber ich kann mich trotzdem gut entspannen und fühle mich im Ganzen beruhigter.
Ich möchte das AT jetzt öfter einsetzen, vielleicht auch einmal mit meinem Freund ausprobieren, der das noch gar nicht kennt oder noch nicht selbst probiert hat. Ich werde es hauptsächlich dann machen, wenn wir, wie jetzt im kommenden Februar, einige Schulaufgaben schreiben werden, bei denen wir sehr viel lernen und wissen müssen, was für mich auch Stress bedeutet. Außerdem werde ich es, wenn möglich, auch anwenden, wenn es in der Arbeit mal wieder sehr stressig war oder ich privat viel Stress hatte. Dann nehme ich mir einfach mal eine halbe Stunde für mich.
Weitere Quellen zur Geschichte des autogenen Trainings
Wirksamkeitsnachweis und Indikationen des Autogenen Trainings
Das Autogene Training – geschichtlicher Hintergrund
Autogenes Training