Autor/in: Andrea

Biografie

Heinz wurde am 27. September 1925 als erstes Kind seiner Eltern, Frau E.W. und Herrn F.W. als Sonntagskind in Elsen geboren. Seine Eltern waren zu diesem Zeitpunkt fast genau 1Jahr verheiratet. Ein Jahr später im Jahr 1926 erblickte seine Schwester Maria das Licht der Welt und 1928 war die Familie durch seine jüngste Schwester Elisabeth komplett. Der Vater war von Beruf Holzschuhmachermeister und die Mutter war früher bei Phillips in Holland als Lampenherstellerin beschäftigt. Wechselte später, aber zur Pesag als Schaffnerin Nach der Hochzeit gab sie auch diese Arbeit auf, kümmerte sich um die Kinder, den Haushalt und die Großmutter.

Heinz erinnert sich noch sehr genau an den Tod seiner Großmutter im Jahr 1928. Als der damals dreijährige Bub das Zimmer betrat und seine verstorbene Großmutter aufgebahrt im Wohnzimmer des Hauses sah, wandte er sich erschrocken an seine Mutter und sagte: „Oma ist ja ganz zugedeckt, sie bekommt doch keine Luft mehr“. Er erinnert sich auch noch daran, dass seine Oma nur noch einen Arm hatte, weil sie früher mit dem Arm in den Dreschkasten kam. Heinz ist überzeugt, dass er früher schon einmal gelebt hat, weil er sich sehr genau an Details aus früheren Jahren erinnert und sicher ist, diese Dinge nicht aus Erzählungen zu kennen.


Im Jahr 1933 wurde der Vater von Heinz erwerbslos und arbeitete für 5 Reichsmark die Woche bei der Gemeinde. Dort musste er alle anfallenden Arbeiten ausführen, z. B.  Fegen, Unkraut jäten und Reparaturen durchführen, um die Familie ernähren zu können. Auch die Mutter arbeitete in dieser Zeit beim Bauern, um Runkeln und Kartoffeln zu ziehen, damit die Familie zumindest etwas Geld hatte. Die Kinder halfen selbstverständlich immer mit.

Die Familie war katholisch und sehr gläubig. Heinz selbst entwickelte auch einen sehr starken Glauben, er selbst ist überzeugt, das wäre schon etwas übertrieben gewesen. Da er schon sehr früh anfing, sich für die Muttergottes zu interessieren und später, nach eigenen Worten, sogar fixiert auf sie war, baute er sich 1935 selbst eine Kirchenbank, um täglich darauf zu beten. Bei dieser Arbeit sägte er sich die Hälfte seines Daumens durch. Er baute sich seinen eigenen Altar mit der Muttergottes darauf. Von nun an fand man ihn mehrmals täglich auf seiner Kirchenbank kniend beten. Alles, was ihn belastete, erzählte er der Muttergottes und ist auch heute noch überzeugt, dass sie ihm immer geholfen hat. Heinz war früher schon ein absoluter Einzelgänger, nach eigenen Aussagen fast schon ein Eigenbrötler. Er vertraute sich nie jemanden aus der Familie oder den Freunden an, sondern verarbeitete seine Sorgen allein, mit der Hilfe von Muttergottes.

Er ist überzeugt, dass er sich dieses „Eigenbrötlerische“ bis heute erhalten hat, da er Dinge erlebte, die er noch niemandem erzählt habe und auch niemals erzählen wird. Seine Familie, besonders der Vater, stand ihm nicht besonders nah, deshalb auch der Wunsch in späteren Jahren in die weite Welt zu ziehen. Heinz’ Vater legte großen Wert auf tadelloses Benehmen und Aussehen seiner Kinder, so kontrollierte er regelmäßig die Schuhe auf Sauberkeit, die aber zuerst an der Sohle begutachtet wurden, wo sich nicht ein Krümelchen befinden durfte. Auch bei den Tischmanieren gab es keine Unsitten, die Kinder mussten gerade am Tisch sitzen, die Hände auf den Tisch legen und durften während des Essens nicht sprechen. Sollte jemand diese Verbote vergessen, gab es sofort einen darüber. Von Fremden durften sie nichts annehmen, selbst wenn ihnen vor Hunger der Bauch wehtat.

Was in der Familie vor sich ging, durfte niemals nach draußen gelangen. Ob Sommer oder Winter, die Familie stand morgens zwischen 4 und 5 Uhr auf und die Kinder lagen spätestens19 Uhr9Uhr im Bett, auch als sie schon älter waren. Heinz und seine Schwestern genossen unter dem Vater eine sehr strenge Erziehung, wie er selbst immer wieder sagt. Zu seinem Vater hatte er kein gutes Verhältnis, weil er ihn nicht mochte. Heinz hielt sich mehr an die Mutter, die, wenn es um ihre Familie ging, wie eine Löwin auf ihre Jungen aufpasste, damit ihnen kein Unrecht geschah.

Heinz kam 1932 in die Schule und trat mit sieben anderen Jungen der Hitlerjugend bei. Früher gehörte das einfach dazu und die Jungen waren sehr stolz darauf, dass sie auch dazugehörten. Der Vater gehörte der SA an und hatte sich schon den Ehrendolch verdient. Als der Vater von Heinz bei einem Kneipenbesuch rum prahlte und diesen Dolch auf die Theke schlug, wurde er aus der SA entlassen und sorgte dafür, dass auch Heinz zwei Jahre später nicht mehr zur Hitlerjugend durfte.

Heinz arbeitete nach der Schule und verdiente ca. 50 Pf – 1 RM am Tag, dieses Geld durfte er behalten, sparte eine Woche, weil er sich neue Schuhe kaufen wollte. Da sein Geld nicht ausreichte, gab ihm die Mutter 5 RM dazu, damit er sich die ersehnten Schuhe kaufen konnte. Durch die Erwerbslosigkeit des Vaters hatte die Familie wenig Geld, sie mussten innerhalb von Elsen öfter umziehen, weil das finanzielle Budget nicht ausreichte, die teuren Mieten zu zahlen. Der Vater fand 1933 eine neue Anstellung am Nordbahnhof, lernte dort Schlosser, wurde Lokheizer und stieg später zum Lokführer auf. Heinz musste seinem Vater immer die Mittagsmahlzeit zur Pause auf die Arbeit bringen, er tat das sehr ungern, während sein Vater den Kollegen immer mit Stolz in der Stimme sagte: „Das ist mein Sohn“. 1938 zog die Familie dann von Elsen nach Paderborn.1939 wechselte der Vater den Arbeitsplatz zu den Benteler Werken. Die Mutter trug morgens Zeitungen aus, wobei sie immer von Heinz, manchmal auch von ihren Töchtern, unterstützt wurde. Heinz und die Mutter machten manchmal beim morgendlichen Zeitung austragen Klingeljagd, dann liefen sie weg und lachten, so sehr, dass ihnen der Bauch wehtat.

Die kleine Schwester von Heinz war eine kleine Petze, man musste sehr vorsichtig sein, dass sie nicht alles mitbekam, weil sie sofort zu den Eltern lief, um alles zu erzählen. Heinz und seine Schwester Maria buddelten ein großes Loch in den Sand und sagten der kleinen Schwester, dass sie sie einbuddeln wollten. Eifrig schaufelten die beiden und buddelten Elisabeth bis zum Kopf ein, anschließend traten sie das Ganze noch richtig fest und dachten, eines Tages kommt sie wohl wieder raus. Einige Stunden später war Elisabeth aber immer noch nicht zu Hause und die beiden gingen noch einmal zu der Stelle, um nachzusehen. Dort steckte die kleine Elisabeth, schrecklich weinend, immer noch in dem Loch. Die beiden befreiten sie aus der misslichen Lage und erwarteten ordentlich Schelte. Doch zu ihrem Erstaunen wurden nicht sie, sondern Elisabeth bestraft, die sich das ja nicht hätte gefallen lassen müssen.

Heinz lernte als Jugendlicher eigentlich unfreiwillig das Schwimmen, er flirtete mit einigen Mädchen sehr heftig und verärgerte damit einige Soldaten, die auch schon ein Auge auf diese Mädchen geworfen hatten. Als es den Soldaten zu bunt wurde, packten sie ihn an Arme und Beine und warfen ihn kurzerhand in den See. Bei diesem unfreiwilligen Bad wäre er beinahe ertrunken, lernte jedoch auf diese Art das Schwimmen. Doch auch in späteren Jahren konnte er diesem Sport wenig abgewinnen.

Heinz besuchte 6 Jahre die Volksschule in Elsen und zwei Jahre die Volksschule in Paderborn. 1940 kam er aus der Schule und arbeitete als sogenannter Laufbursche bei einem Eisenwarenladen. Auf diese Weise machte er seine ersten Erfahrungen beim Verkaufen und lernte schnell ein guter Verkäufer zu sein, was aber auch daran lag, dass Heinz schon damals viel Spaß am Verkaufen hatte. Er war aber auch immer für Streiche zu haben, so verkaufte er einmal eine Eisenkette. Steckte die Finger in eine Steckdose mit 130V und reichte dem Käufer mit der anderen Hand die Kette, sodass dieser einen kleinen Schlag bekam und vor Schreck fragte: „Was war denn das?“
Die Freude am Verkaufen führte dazu, dass er 1941 die Ausbildung bei Edeka als Verkäufer begann.

Anfang des Jahres 1943 meldete sich Heinz freiwillig in den Reichsarbeitsdienst. Dieser fand im Verner Moor bei Osnabrück statt und dauerte drei Monate. Seine Ausbildung als Soldat machte er in Lemgo. Dort wollte man ihm Gehorsam beibringen und verlangte von ihm, die Unteroffiziere zu grüßen, dazu war Heinz aber, nach eigenen Worten, einfach zu stur. Sodass man ihn nicht nur einmal Straf marschieren ließ und von ihm verlangte sich in den Matsch zu werfen, er legte sich aber nicht in den Matsch, sondern daneben. Heinz sah einfach nicht ein, warum man diese Herren so hofieren musste. Die angehenden Soldaten wurden zum Spaß schikaniert, so sollte die ganze Truppe drei Stunden immer in der Runde laufen.

Von den 33 Männern hielten nur drei durch, einer davon war Heinz. Bei den anderen spielte der Kreislauf nicht mit oder sie waren einfach am Ende ihrer Kraft angelangt, sodass sie während des Laufens einfach umfielen. Heinz spürte aber noch nach drei Tagen jeden einzelnen Muskel, wie er sagte, bewies hingegen wieder einmal mehr, dass man ihn nicht unterkriegen würde. In Riesterberg wurde ein sogenannter Maskenball veranstaltet, man musste alles ausziehen und nur mit den Stiefeln viele Kilometer marschieren. Der Weg war beschwerlich und führte sie durch Dreck und Stacheldraht. Am Ende dieser Übung klagten alle über wunde Füße und Blasen, Heinz nicht, denn er hatte trotz Verbots die Socken anbehalten.

Ende des Jahres meldete er sich freiwillig als Soldat für Funk und Fernsprecher, da er einfach nur weit weg wollte. Mit Heinz wurden 330 Mann für die Marschkompanie nach Meißen aufgestellt, der Einsatz ging über Rumänien nach Odessaulwa. Da dort schon alles von Russen besetzt war, ging es weiter nach Schmerinka, denn auch dort waren die Russen einmarschiert und man wollte helfen. Die Truppe kam aber zu spät, als dass sie dort am großen Verschiebebahnhof ankamen, bot sich ihnen ein Bild des Grauens, überall lagen Tote, abgeschnittene Geschlechtsteile, Köpfe und Extremitäten herum. Die Russen waren schon da und hatten alles, was sich bewegte, getötet. Die Soldaten mussten nun mehr als tausend Tote in Schmerinka beerdigen. Dann wurde ihnen der Rückmarschbefehl erteilt. Bei einem Erkundungsgang durch den Wald wurden sie von Russen belagert und wurden mit Maschinengewehren beschossen. Heinz versuchte durch einen Zickzack Lauf sein Leben zu.

Retten, stolperte über einen großen Maulwurfshaufen und war gerettet, weil ihm dieser Haufen Schutz bot. Nie wieder hatte er so einen großen Maulwurfshaufen gesehen. Heinz hatte während des Krieges bei den Gefechten immer einen Schutzengel, denn er entkam dem Tod oft nur durch Glück. Er achtete auch während dieser Jahre immer auf Sauberkeit, putzte seine Stiefel und wusch sich das Gesicht, weil er es einfach nicht ertragen konnte so dreckig zu sein. Bei seinen Kollegen galt er auch deshalb als hochnäsig und stur, was er aber eigentlich nicht wirklich war, wie er selbst sagt. Er kann sich bis heute nicht erklären, wie man sich diese Meinung über ihn bilden konnte. Seine Sauberkeit rettete ihm bei einem Erkundungsgang das Leben. Vorgeschrieben war ein Weg durch Wald, Matsche und über Stacheldraht, diesen Weg wollte er nicht gehen und ging einfach auf der Straße. Die anderen, die den beschwerlichen Weg durch den Wald nahmen, wurden angegriffen und getötet, während er auf der Straße gar nicht gesehen wurde.

Als Truppführer bei einem Suchtrupp mit einer Gruppe von 3 Soldaten stießen sie auf eine feindliche Gruppe von 15 Mann. Heinz erteilte blitzschnell den Feuerbefehl und überrumpelte damit die zahlenmäßig überlegene Gruppe. Ein Offizier ohne Orden wollte Heinz ein EK1 überreichen, wurde aber am Morgen von Heckenschützen erschossen. 1944 bei der Flucht aus Meißen sprangen die Soldaten auf einen russischen Lkw, der deutsch Verwundete transportierte. Auf diese Weise kamen sie ca. 7–8 km weiter, wurden aber dann erwischt, mit einer Handgranate beworfen und Heinz wurde mit der MG hinterher geschossen. Was Gott sei Dank aber nur zwischen die Beine ging, sodass er auch dort wieder heil rauskam.

Die Flucht ging weiter über Budapest, Bukarest, und nach Wien. Ostern kam der Rest der Kompanie auf einen Bauernhof, dort konnte Heinz sich endlich wieder richtig an der Pumpe waschen und sich von der Hausfrau verwöhnen lassen. Danach ging es mit dem Zug zurück nach Meißen und es hieß wieder Kasernenantritt. Von den 330 Soldaten kamen am Ende nur 13 Soldaten wieder zurück, alle anderen sind an der Front gefallen.
Heinz wurde gleich mit den Worten: „Na Heinz bist du wieder da“? Von seinem Spieß empfangen. Der Alltag in der Kaserne war der gleiche wie vor dem Einsatz, niemand von den Vorgesetzten schien es zu interessieren, wie die Soldaten sich fühlten.

So verlangte man von Ihnen zu singen, sie konnten und wollten aber aufgrund der Erlebnisse an der Front nicht singen. Der Spieß, der den Befehl dazu gab, war selbst nicht an der Front gewesen und konnte nicht nachvollziehen, was die Soldaten zum nicht Singen bewegte. Heinz widersetzte sich oft den Befehlen von Vorgesetzten, weil er nicht einsah, warum er das tun sollte. Er wurde schikaniert, indem man seine Bude mit weißen Handschuhen nach Staub kontrollierte und dann den vorher mit Staub präparierten Finger des Handschuhs vorzeigte und ihm noch mal den Auftrag erteilte seine Dreckbude endlich zu säubern. Trotzdem hielt Heinz sich nicht so ganz an die Vorschriften. Er fand immer wieder neue Idee, um sich ein Stückchen mehr Freiheit zu ergaunern. So war er mit einem Kumpel in der Kneipe und hatte den Zapfenstreich um 24:00 Uhr verpasst. Die beiden kamen erst um 1:30 Uhr wieder und stellten fest, dass gerade ein Kontrollgang stattfand. Sie umschlangen einander, als seien sie ein Liebespärchen, durch die dunkle Nacht konnte man sie an der Kleidung nicht erkennen. Nachdem die Luft wieder rein war, kletterten die zwei über den Zaun.

Wenn sie dabei erwischt worden wären, hätte es Gefängnis gegeben. Trotzdem fühlte Heinz sich sehr unwohl und wollte einfach nur weg, nach Ostpreußen, wieder an die Front. Anfang Januar 1945 kam er wieder weg, sein Weg führte ihn nach Lettland, Litauen und Estland. Auch dort hatte er nur durch Glück dem Tod von der Schippe springen können. Oft lag es nur daran, dass er schneller schoss als der Feind. Heinz sagt heute, dass während dieser Zeit eigenes Denken nicht erlaubt gewesen sei. Sie erlebten viel Leid, so mussten sie z. B. als sie auf einer Rollbahn marschierten, viele vom Feind ermordete Kinder unter die Erde bringen.

Am 17. Januar in Ostpreußen hörte er im Radio, dass Paderborn angegriffen sei und dachte: „Hoffentlich ist nichts passiert.“ An diesem Tag wurde der Vater tödlich verletzt. Bei einem Bombenangriff wurde der Bunker getroffen, indem sich die Familie aufhielt. Der Vater von Heinz befand sich zu dieser Zeit nicht bei seiner Frau und den beiden Töchtern, sondern im rechten Teil des Bunkers, die anderen befanden sich im linken Teil. Der rechte Teil des Bunkers wurde verschüttet. Die Mutter und ihre Töchter identifizierten den Vater damals an seinen Stiefeln. Heinz belastete das aber nicht zu sehr, weil er, wie schon erwähnt, keine große Bindung zu seinem Vater hatte.

Am 6. März 1945 wurde Heinz in Pillau verwundet, er wurde von einer Splitterbombe getroffen und hatte im Oberschenkel und in beiden Fußgelenken viele Splitter. In diesem Moment gelobte er, dass er, wenn er hier heil rauskäme, von Paderborn nach Salzkotten und zurück laufen würde. Er wurde zweimal in einem Keller operiert, beim zweiten Mal sah er in Trance nur den weißen Kittel und dachte er sei schon tot und im Himmel.
Nachdem er wieder transportfähig war, kam Heinz am 9. April 1945 in Gefangenschaft nach Kopenhagen auf eine Art Insel.

Aus Castrop For, so hieß dieses Lager, führte nur ein Weg raus, rundherum war Wasser, im Wasser lagen ständig zwei Boote, die die Gefangenen bewachten, sodass eine Flucht, auch ohne Verwundung nicht möglich gewesen wäre. Den Soldaten ging es dort aber relativ gut, sie hatten zu essen und sehr viel Zeit. Von der Bevölkerung wurden die Gefangenen ferngehalten, sie hatten keinen Kontakt zu ihr. Heinz hatte aufgrund seiner schweren Verletzungen ein eigenes Zimmer mit Bett. Er wurde von einer Schwester Erna gepflegt, bekam erst Krücken und dann einen Gehstock. Die Dänen feierten das Ende des Krieges und den verlorenen Krieg von Deutschland. Die deutschen Soldaten wollten die, von den Dänen weggeworfenen Zigaretten aufheben und bekamen dafür Schläge. Sie wurden so gehasst, dass sie, wenn sie sich nur zeigten, von den Dänen angespuckt wurden.

Im Juni 1945 sollte ein Schiff die deutschen Gefangenen wieder nach Hause bringen. Heinz, der durch seine Beinverletzung ziemlich hilflos war, wurde von zwei anderen Soldaten auf einer Bahre getragen. Am Hafen mussten sich alle Soldaten ausziehen, da die Amerikaner sie kontrollieren wollten. Heinz musste wie die anderen seine Uhr abgeben, konnte sein Messer, welches er unter dem blutigen Verband verbarg, aber behalten. Auch seinen Gehstock durfte er, nachdem er die Bescheinigung vorgelegt war, dass er den Stock als Gehhilfe und nicht als Waffe benötigte, behalten. Nachdem alle Waffen abgegeben waren und die Kanonen vom Schiff abgeschraubt und ins Meer versenkt waren, durften die Gefangenen auf das Schiff. Heinz wäre fast nicht mitgekommen, weil seine Kameraden, die ihn auf der Bahre zum Hafen getragen hatten, einfach im Dreck abgestellt und ihn, aus Angst nicht mitzufahren zu können, vergessen hatten. Er wurde aber von zwei anderen Soldaten mit Herz auf den Kohledampfer getragen. Dann wurden sie endlich ausgeschifft. Sie kamen in ein Waldlager bei Hohenfelde wo ihnen.

Ihr Gepäck gestohlen wurde. Von dort aus mussten sie einen beschwerlichen Weg auf sich nehmen. Am 29.06.1945 kamen sie, für Ihre Nachtruhe, nur in einer Blätterhütte unter. Es regnete und alle waren bis auf die Haut nass und froren sehr. An diesem Tag schwor sich Heinz, dass er nie wieder frieren und hungern wolle. Am 20.7.1945 kamen sie in Künsebeck an, wo sie entlaust wurden. Danach ging es weiter mit dem Zug nach Paderborn. Heinz zog zu seiner Tante, wo er ein Zimmer bewohnte, da er nicht bei seiner Mutter wohnen wollte. Dieses Zimmer, aber er erlebte er wie sieben Räume. Er hatte sich so eingerichtet, dass es ein Esszimmer, ein Schlafzimmer, ein Bad, ein Wohnzimmer, eine Bibliothek, ein Büro und einen Flur in sich barg. Die Fensterbank hatte er mit blühenden Pflanzen verziert. Zu diesem Zimmer hatte er eine ganz besondere Beziehung. Heinz beendete seine Ausbildung im Edeka, wo er ursprünglich noch ein Jahr zu lernen hatte.

Er legte seine Prüfung zum Kaufmannsgehilfen aber schon ein halbes Jahr später ab und wurde vom Betrieb übernommen. 1946 entdeckte er eine neue Leidenschaft, er sammelte Briefmarken, alte Bücher, wo ihn hauptsächlich die kirchlichen Schriften interessierten, und fand mit den Jahren einige Madonnen, die er auch heute noch besitzt. Eines seiner Bücher hat er dem Heinz Nixdorf Forum für die Ausstellung gespendet. Seine Sammelleidenschaft weitete sich aber mit den Jahren aus, sodass er heute sehr viel bunt gemischte Sammlerobjekte sein Eigen nennt.

Nach dem Krieg war für alle eine miserable Zeit und die Leute konnten nur über Bezugsscheine einkaufen, die später vom Ladenbesitzer oder seinen Beauftragten in der Großbezugsscheinstelle eingetauscht wurden. Heinz wurde mit dieser Aufgabe beauftragt und lernte auf diese Weise seine Fr. Elisabeth kennen. Man kam sich durch Gespräche und Ausflüge näher und verliebte sich. Die Verlobung der beiden wurde im November 1948 ganz groß gefeiert. Da die Leute kein Geld hatten, aber wussten, dass die beiden Blumen sehr gern hatten, ja sogar ganz verrückt danach waren, bekamen sie Kübel weise Blumen geschenkt, sodass die Sträuße schon einer Zinkwanne gelagert werden mussten.

Auf einem Schützenfest 1948 gestand Heinz seiner Verlobten, dass er schon einmal im Gefängnis gesessen hätte. Elisabeth wäre vor Schreck fast der Atem stehen geblieben (erzählte sie). Sie ließ sich von Heinz erklären, wie es dazu gekommen war. Er sei mit einem Kumpel unterwegs gewesen, vor einem Gasthaus habe man angehalten. Durch die Fenster der Kneipe beobachtete man, dass ein paar deutsche Mädchen heftig mit Engländern flirteten. Ausgelöst durch die Kriegserlebnisse, bekam man Wut auf diese dummen Mädchen, die mit den bösen Engländern flirteten. Die beiden suchten sich zwei große Steine und warfen diese dann rechts und links in die Scheiben des Gasthauses, um die Flirterei der Mädchen zu stören. Wenn einer der Männer in dem Gasthaus falsch gestanden hätte, wäre diese Geschichte böse ausgegangen, erzählte er. Heinz und sein Kumpel gaben sich das Ehrenwort, sollte sie jemand erwischen, oder sagen die beiden wären es gewesen, wollten sie alles abstreiten und behaupten sie waren es nicht.

Sie wurden aber beobachtet, sodass ihnen nichts anderes übrig blieb als zu ihrer Tat zu stehen. Da der Kumpel von Heinz bei der Bahn arbeitete und garantiert gekündigt worden wäre, wenn es zur Anzeige gekommen wäre, nahm Heinz die gesamte Schuld auf sich. Denn ihm war der Arbeitsplatz bei Edeka sicher, weil sein Chef ihn gut kannte und schätzte. Heinz wurde zu vier Wochen Gefängnis verurteilt. Er musste zwei Wochen in Paderborn und zwei Wochen in Dortmund sitzen. Den Aufenthalt in Paderborn fand er ganz lustig, dort konnte er mit anderen Männern singen und Späße haben, in Dortmund war es härter, weil dort auch die Todeskandidaten saßen. Er musste hart arbeiten und Rennbahnen planieren. Die Tatsache, dass er nun ins Gefängnis musste, wurde im „Amtlichen Tagesblatt“ veröffentlicht.

Im Mai 1950 mussten Elisabeth und Heinz heiraten, weil das erste Kind unterwegs war. Diese Hochzeit wurde in aller Heimlichkeit und ohne Gäste gefeiert, weil die Eltern von Elisabeth sich sehr schämten, da vor der Hochzeit schon ein Kind unterwegs war. Elisabeth durfte nicht nach Hause kommen, damit die Nachbarn nichts von dieser Schande mitbekamen. Nach der Trauung in der Georgskirche in Stukenbrock fuhren die beiden zu einem Gasthof und verbrachten den restlichen Tag und die Hochzeitsnacht dort. An der Eingangstür befand sich eine schön geschmückte Girlande, die dem Brautpaar ihren Tag anzeigte. Beide sagen auch heute, dass es in diesem Gasthaus wirklich schön war. Der Chef von Heinz schenkte den beiden 50DM und der Lohn stieg von 90DM auf 130DM.

Nach der Hochzeit zogen die beiden zu Elisabeths Mutter, die ein Mietshaus hatte, weil sie dort wenig Miete zahlen mussten. Die Miete wurde den finanziellen Verhältnissen des frisch vermählten Paares angeglichen. Ein Jahr später verdiente Heinz dann 190 DM im Monat. 1952 wechselte Heinz von Edeka als freier Handelsvertreter den Arbeitsplatz, weil ihm dort 300DM geboten wurden. Heinz leistete dort sehr viel und bewies Geschick beim Verkaufen seiner Ware. Er hatte allein einen Jahresumsatz von 50.0000 DM und erfuhr, dass andere, mit sieben Vertretern nur 1Million DM Umsatz hatten. Heinz arbeitete 17 Jahre in dieser Firma. Er hatte oft kleinere Meinungsverschiedenheiten mit seinem Chef, was ihn schließlich dazu bewog sich selbstständig zu machen. Er verkaufte Süßwaren, Tabakwaren und Spirituosen an kleine Läden und Kneipen. Heinz fing mit einem Pkw an und hatte dann nach einem kleineren Hanomag (Klein-Lkw) einen großen Sattelschlepper zum Ausliefern seiner Waren. Er legte sehr großen Wert auf sein Äußeres, auch während seiner Arbeitszeit, schon allein weil er seinen Kunden nicht so schlampig gegenübertreten wollte. Er zog immer, auch auf jeder Fahrt mit seinem Sattelschlepper, einen Anzug mit Hemd und Krawatte an.

Im August 1952 wurde der erste Sohn geboren, danach folgten noch zwei Jungen und dann die Tochter Ursula im Jahr 1961. Früher war es üblich, dass die Kinder am dritten Tag nach der Geburt getauft sein mussten, da Heinz aber seit der Selbstständigkeit sehr unter Zeitdruck stand, kam er zur Taufe seiner beiden letzten Kinder mit einem Sattelschlepper vorgefahren. Auch zur Entbindung seines letzten Sohnes fuhr er seine Frau mit dem Sattelschlepper ins Krankenhaus. Nach dem dritten Kind war Elisabeth wieder schwanger, ein kleines Mädchen mit schwarzen Haaren wurde tot geboren. Die Eheleute bekamen Schwierigkeiten, dieses Kind ordentlich zu beerdigen. Der Pastor verweigerte die Beerdigung des Kindes, weil es tot geboren war und nicht gelebt hatte. Das konnten und wollten die Eheleute nicht hinnehmen und beerdigten ihr Kind selbst in einem weißen kleinen Sarg, im Grab von Heinz, seinem Vater.

Es wäre Heinz egal gewesen, wenn das Konsequenzen nach sich gezogen hätte. Heinz war mit Leib und Seele Verkäufer und immer für seine Kunden da, sein Beruf war gleichzeitig sein Hobby. Die Kinder sahen ihren Vater nicht regelmäßig, aber Heinz ließ es sich nie nehmen abends nachzusehen, ob seine Kinder im Bett waren, um sie dann liebevoll zuzudecken. Auch wenn er spätabends aus der Kneipe kam, war sein erster Weg immer erst in die Kinderzimmer. Der Heiligabend war für Heinz immer besonders schön, die Kinder waren frisch gebadet und trugen alle einen neuen Schlafanzug. Sie warteten aufgeregt in ihren Zimmern auf das Christkindchen Glöckchen, das ihnen den Anfang der Bescherung ansagte. Heinz liebte es, dieses Glöckchen zu läuten und freute sich jedes Mal auf die leuchtenden Augen seiner Kinder. Die Stube war festlich geschmückt, man hatte jedes Jahr eine 2 m große Tanne mit echten Kerzen.

„Die Bäume wurden mit den Jahren immer kleiner, aber als seine Tochter den Vorschlag machte eine künstliche Tanne aufzustellen, lehnte er ab, da er dann lieber gar keinen Baum haben wollte. In den letzten Jahren wurde Weihnachten immer mit einer kleinen Tanne im Topf, die schon fertig geschmückt war, gefeiert. Diese Tanne brachte ihnen jedes Jahr, am Samstag vor dem ersten Advent, die Tochter Ursula mit.“ Sonntags besuchte Heinz mit seinen Kindern die Messe, erst waren nur sechs Plätze in der ersten Bank belegt und nachdem die Kinder geheiratet hatten, war die ganze Bank in der ersten Reihe der Kirche von der Familie belegt. Elisabeth kümmerte sich um die gemeinsamen Kinder und den Haushalt. Sie unterstützte ihren Mann bei seiner Arbeit, indem sie alles tat, um ihm die nötige Ruhe zu gewähren, wenn er fertig nach Hause kam.

Sie kochte ihm oft seine Lieblingsspeisen, damit er auch essen würde. Häufig musste sie ihn ermahnen, doch zu essen, bevor er wieder losfuhr, erzählte sie. Heinz liebte und liebt Reibeplätzchen. Wenn ihm Elisabeth eine große Freude machen wollte, überraschte sie ihn mit seinem Leibgericht. („Elisabeth erzählte, dass es ihr früher nichts ausgemacht hätte, immer mit den Kindern allein gewesen zu sein, erst jetzt im Alter sei ihr klar geworden, dass sie das, wenn sie die Uhr zurückdrehen könnte, nicht mehr mitmachen würde.“ Heinz sah seine Frau mit einem sonderbaren Blick spöttisch lächelnd an und meinte: „Du hast aber auch gut gelebt“)

Die Tochter Ursula kam mit 12 Jahren in ein Internat, wo sie ihr Abitur machte. Die Eheleute hielten das für besser, weil Ursula noch drei ältere Brüder hatte und das Mädchen vielleicht doch zu sehr unter den Einfluss der älteren Brüder geraten könnte. Heinz brachte sie sonntagabends hin und holte sie Samstagmorgen wieder ab.
Die Kunden waren für Heinz das Wichtigste, auch am Wochenende stand er auf und besuchte sie, wenn sie ihn anriefen, weil sie dringend, Ware benötigten. Auf seine Krankheiten nahm Heinz wenig Rücksicht, wenn es nur etwas ging, war er auf den Beinen und kümmerte sich um seine Kunden. So hatte er samstags eine Nierenkolik und musste ins Krankenhaus. Dazu fehlte ihm aber einfach die Zeit, er ließ sich eine Spritze geben und bat Elisabeth, mit ihm mitzufahren, weil er sich nicht gut fühlte, aber die Kunden in Bad Lippspringe warten würden.

Eines Nachts klingelte das Telefon und man bat Elisabeth und Heinz zu kommen, da Elisabeths Mutter im Sterben läge und der Arzt ihr nicht mehr viel Zeit geben würde. Nachdem die beiden dort angekommen waren, bat Heinz darum, einen Moment mit seiner Schwiegermutter allein bleiben zu dürfen. Er nahm ihre Hand, konzentrierte sich ganz stark auf die Schwiegermutter und legte ihr die andere Hand auf den Kopf. Nach ein paar Minuten schlug sie die Augen auf und fragte den Schwiegersohn ganz entgeistert: „Was willst du denn hier?“ Auch der Pater fragte später ganz erstaunt: „Was hast du gemacht, sie war doch fast weg?“ Heinz glaubt, dass er die Fähigkeit hat, mit seinen Händen und Gedanken Krankheiten zu lindern. Er hatte jedoch vergessen, sich danach die Hände zu waschen und sie auszuschütteln. Deshalb ging es ihm eine längere Zeit miserabel, weil er die Krankheit der Schwiegermutter noch bei sich trug.

Abends nach Feierabend ging Heinz noch gern in die Kneipe, er trank gern Cognac und manchmal wurden das dann auch ein paar mehr. Am 15. Oktober 1975 kam er in eine Polizeikontrolle, er hatte 1,7 Promille und musste seinen Führerschein für 10 Monate abgeben. Dieses Datum wissen Elisabeth und Heinz ganz genau, weil das der Geburtstag von Elisabeths Schwester ist. Der Zeitpunkt war das miserabel, weil das Geschäft ja weiter laufen musste. Wenn die Kunden nicht beliefert würden, wäre er sie los gewesen. Also ging er in seine Kneipe und bat einige Studenten für ihn zu fahren. Logisch, dass er mitfuhr, denn er musste ja Gespräche führen und den Kontakt zu seinen Kunden aufrechterhalten. Heinz spendierte dafür, neben der Bezahlung, Sekt oder Bier oder er lud sie einfach mal zum Essen ein. Er konnte sich während dieser Zeit immer darauf verlassen, dass jemand mit ihm losfuhr. Die Polizei hatte Heinz ständig im Blick, weil sie vermutete, er würde trotzdem fahren und hielt den Lkw mehr als einmal an, um zu kontrollieren, wer am Steuer saß. Durch Beziehungen zu seiner ehemaligen Chefin bekam er seinen Führerschein aber doch eher als erwartet zurück. Nach 8 Monaten durfte er wieder fahren. An der Würstchenbude, am Neuhäuser Tor, kam er am gleichen Tag wieder in die Kontrolle und sagte den Polizisten „Sagt allen Bescheid, ich habe meine Fahrerlaubnis wieder, ihr braucht mich nicht mehr anzuhalten“. Heinz arbeitete gern, deshalb hörte er erst mit 70 Jahren schweren Herzens aufzuarbeiten.

Er musste sich öfter Operationen unterziehen, so hatte er etwa Nierensteine, grauen Star, eine Meniskusoperation oder auch zweimal eine Operation wegen einer Stirnhöhlenvereiterung.1972 wurde bei ihm Gürtelrose im Auge diagnostiziert. 1985 wanderte sein ältester Sohn mit seiner Frau nach Westaustralien aus. Elisabeth und Heinz waren einmal für 4 Wochen im Urlaub bei ihnen. Aber in dieser Zeit war Heinz mit seinen Gedanken mehr in Deutschland als bei seinem Sohn und hatte große Sorgen um sein Geschäft, sodass er diese Zeit nicht genießen konnte. Erst als die beiden wieder zu Hause waren, war er beruhigt, weil es auch ohne ihn alles perfekt gelaufen war.

Am 1.10.1998 wurden ihm in Bad Oyenhausen drei Bypässe und eine Herzklappe gelegt. Er bat seine Frau den Küster von Verne anzurufen, damit dieser eine Kerze für ihn anstecke, da er vor dieser Operation sehr große Angst hatte. Verne ist ein Wallfahrtsort von Maria und den Küster kannten die beiden von früher, weil Heinz ihn durch seine Sammelleidenschaft kennengelernt hatte. 11 Tage nach der OP kam er ins Landeshospital und wurde dann nach Hause entlassen, um anschließend in der Reha wieder zu Kräften zu kommen.

Nach einer Lungenentzündung und achtwöchigem Krankenhausaufenthalt kam er sehr schwach nach Hause. Heinz war gerade eine Stunde zu Hause, bedachte nicht, wie schwach er noch war, stand auf, um auf die Toilette zu gehen, und stürzte. Er zog sich dabei einen Oberschenkelhalsbruch zu und kam noch am selben Tag wieder ins Krankenhaus. Dort entschied er sich, sein Auto zu verkaufen, da er nicht mehr daran glaubte, jemals wieder hinter dem Steuer zu sitzen. Nach Heilung des Bruches kam er in die Kurzzeitpflege ins Pertis Haus, da seine Frau, selbst auch gesundheitlich angeschlagen, nicht in der Lage war ihren Mann zu pflegen. Nach sechswöchigem Aufenthalt kam er etwas gestärkter wieder nach Hause, wo dann die Pflegedienste mit der Pflege beauftragt wurden. Er bekommt zweimal am Tag eine Teilwaschung und wird ein Mal in der Woche geduscht. Außerdem übernimmt der Pflegedienst die Versorgung und Pflege seines suprapubischen Katheters. Heinz wäscht sich, bevor der Pflegedienst kommt, Gesicht und Hände.

Er kämmt sich die Haare und wäscht unter großer Anstrengung seinen Intimbereich vor. Er kann sich nicht vorstellen, dass einer von den Pflegekräften den verschmutzten Intimbereich säubern müsste. Die Pflegekräfte waschen ihm den Rücken und den Intimbereich, zusätzlich bat er darum, ihm die Füße 2x täglich abzuduschen, da er immer eiskalte Füße hat. Eine der Pflegekräfte sagte ihm einmal deutlich, dass sie das nicht machen würde, weil nur für eine Teilwäsche bezahlt würde. Heinz war sehr geschockt über diese Worte. Andere Pflegekräfte hatten die Füße einfach schnell abgeduscht und nichts weiter dazu gesagt. Er war so fertig, dass er dem Pflegedienst kündigen wollte. Erst nachdem er drei Tage später mit dem Pflegedienstleiter darüber gesprochen hatte, ging es ihm etwas besser. „Der Gehstock von damals leistet Heinz heute wieder einen guten Dienst, und bietet ihm wie früher Halt“ Wenn es ihm gut geht, setzt er sich in den Rollstuhl und Elisabeth geht mit ihm spazieren.

Er hat inzwischen drei Enkelkinder und freut sich sehr, wenn er sie sieht, er ist aber auch froh, wenn sie wieder nach Hause gehen, da ihn die Besuche sehr anstrengen. Wenn ihm die Besuche zu viel werden, geht er in sein Zimmer und holt sich dort die Ruhe, die er benötigt. Heinz ist sehr bedacht darauf, dass er sich seine Selbstständigkeit erhält. Er legt immer noch großen Wert auf Ordnung und Sauberkeit. Zurzeit sind aber weder er selbst, noch seine Frau in der Lage den Standard an Sauberkeit, den er sich wünscht, zu erhalten. Die Eheleute mussten eine Reinigungskraft einstellen, die einen kleinen Teil dieser Bedürfnisse erfüllt. Heinz ist mit dieser Lösung aber nicht zufrieden, weil sie nicht die Sauberkeit und Ordnung gibt, die ihm Gemütlichkeit vermittelt. Oft versucht er selbst einige Dinge zu tun und ist verzweifelt, wenn er merkt, dass er durch seinen Gesundheitszustand nicht mehr so belastbar ist, wie er sich das wünschen würde. Er sagt dann seiner Frau welche Arbeiten sie noch machen soll, woraufhin sie oft sagt: „Ich kann nicht mehr, ich bin selbst krank.“

Heinz ist überzeugt, dass sie sich sehr verändert hat und früher nicht so gewesen wäre. Durch das Anschauen einiger Fernsehsendungen, die den Alltag des Heimlebens widerspiegelten, will Heinz auf keinen Fall in ein Altenheim, selbst wenn Elisabeth dort hinginge, wollte er notfalls auch allein zu Hause bleiben. Heinz missfällt die derzeitige Situation sehr, weil er sich nicht an den Gedanken gewöhnen möchte, immer mehr von seiner Mobilität einbüßen zu müssen. Es gefällt ihm überhaupt nicht, bei der Pflegekasse und dem Sozialamt wegen Unterstützung betteln zu müssen. Er habe in seinem Leben immer für sich allein gesorgt und eher abgegeben als genommen. Seine Kinder setzen für ihn Verkaufsanzeigen auf, damit er einen Teil seiner gesammelten Sachen verkaufen konnte. Auch heute macht ihm das Verkaufen noch großen Spaß und es verschafft ihm Genugtuung, wenn er einen Teil seiner gesammelten Schätze zu einem guten Preis verkauft hat.

Da Heinz besonders nachts unter akuter Luftnot leidet, will er auch im Winter bei geöffnetem Fenster schlafen, seiner Frau wurde das zu kalt. Sie fühlte sich auch durch das nächtliche Ringen nach Luft in ihrer Nachtruhe gestört und hatte die Idee, dass Heinz in sein Zimmer ziehen sollte, damit beide die Nacht in Ruhe verbringen könnten. Der Schwiegersohn erklärte sich schnell bereit, das Bett in Heinz sein Zimmer zu stellen. Heinz war sehr gekränkt und machte sich Gedanken, wie seine Nacht dann aussehen würde, er benötigt Zuwendung, wenn es ihm schlecht geht und sucht dann die Hand von Elisabeth.

Er ist überzeugt, dass Elisabeth nur an sich denkt und dass es ihr egal ist, wie er sich fühlt. Da sein Zimmer voll mit gesammelten Werken ist und dort viele Papiere von dem früheren Geschäft liegen, will er erst aufräumen und lässt sich nicht drängen, sondern wird diese Arbeit in Ruhe tun. Es ist ihm egal, ob seine Frau sich darüber ärgert, denn sein Wunsch ist der Umzug in sein Zimmer nicht. Er musste seinem Schwiegersohn schon zwei Mal absagen, weil er noch nicht alles durchgesehen und verstaut hat.

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