Autor/in: tutenchamun

Schriftliche Ausarbeitung einer Biografie

Inhaltsverzeichnis:

Praktikumseinrichtung (Kurze Vorstellung)
Einleitung (Warum dieser Heimbewohner)
Hauptteil (Biografie)
Zusammenfassung (Zusammenstellung der Biografie)
Persönliche Stellungnahme (Reflexion)
Quellennachweis (Literaturangaben)
Persönlicher Zusatz (Über die Biografiearbeit)

Praktikumseinrichtung:

Ich absolvierte mein Praktikum im Pflegeheim Musterheim vom 29.11.2010 – 24.12.2010, das Haus bietet 40 Pflegeplätze davon 36 Dauerpflegeplätze und 4Kurzzeitpflegeplätze, welche in Einzelzimmern angeboten werden. Die freundlich gestalteten Zimmer verfügen über eine Größe von rund 22 Quadratmeter inkl. Nasszelle. Diverse Aufenthaltsbereiche laden zur Begegnung ein. Das Durchschnittsalter der Bewohner liegt bei 70 – 90 Jahren und sind größtenteils Pflegefälle der Pflegestufe zwei – drei, kaum null. Einige von Ihnen sind nicht mehr in der Lage, sich verbal oder verständlich zu äußern.


Das Leitbild lautet:

Aufmerksamkeit für den Menschen, unter dieses Leitbild ist unsere gesamte Arbeite gestellt. Den Menschen mit einer Einschränkung ist nicht nur, mit Mängeln behaftet, vielmehr hat er auch oft eine Vielzahl von Fähigkeiten und Möglichkeiten, die es zu entdecken und zu fördern gilt.

Zielgruppen:

Menschen mit Behinderungen und altersbedingten Einschränkung sowie Menschen mit demenziellen Erkrankungen:

Beschreibung und Begründung zur Auswahl des Bewohners:

Nachdem ich einige Tage mit meiner Praxisanleitung jede Morgen die Grundpflege bei Herr K verrichtet hatte, stellte ich für mich fest, dass er mir sympathisch war, und ich mehr über ihn erfahren wollte. Meiner Meinung nach ist Herr K ein sehr geduldiger und freundlicher Mensch. Nach der unterstützten Grundpflege und Beendigung der Haut – pflege lobte er jedes Mal die gute Pflege und war sehr zufrieden. Über Herr K konnte mir meine Praxisanleitung nicht viel erzählen, da er noch nicht lange genug auf der Station war. Ich fragte Herr K im Beisein seiner Tochter, ob er sich vorstellen könnte, mit mir eine Biografie zu erarbeiten.

Herr K sagte, dass er schon Lust hätte, wollte aber alles noch einmal ausführlich erklärt haben, warum wir so eine Arbeit machen müssen uns, was das mit der Altenpflege zu tun hätte. Ich erzählte ihm von der Ganzheitlichkeit der Arbeit, und beschrieb sie, warum es oft so wichtig wäre, die Biografie, als Anknüpfpunkt zu sehen. Dann sagte ich ihm, dass er sich noch einmal alles ganz genau überlegen sollte, und ich ihn in ein paar Tagen noch einmal fragen würde. Ich empfand die Bedenkzeit für Herrn K als angemessen. Schon zwei Tage später fragte er mich, wann wir damit anfangen könnten. Wir besprachen den Zeitpunkt, den Ort und auch die Zeitspanne, welche nicht länger als 1 Stunde dauern sollte, damit ich Herr K nicht überfordern würde. Ich konnte mir zum damaligen Zeitpunkt nicht vorstellen, wie es für Herrn K sein würde, wenn er erzählt und ich schreiben würde. Mir war es wichtig jeden einzelnen Punkt mit Herrn K zu besprechen, weil ich ihn als vollwertigen Partner ansah.

Mir war klar, dass er mir seine ganze Lebensgeschichte erzählen würde, obwohl wir uns noch nicht gut kannten und er noch kein Vertrauen aufbauen könnte. Die Bedenkzeit räumte ich Herr K ein, damit er sich wirklich überlegen konnte, ob er das auch wirklich wollte und sich nicht in die Rolle hinein gezwungen fühlte. Den Ablauf der Biografiearbeit planten wir, damit sich beide auf die Situation einstellen konnten. Wir besprachen, wie die Biografie aufgesetzt werden sollte und waren uns einig, dass Herr K eine Kopie davon bekommen sollte. Ich sagte ihm, dass ich es für ihn besonders hübsch gestalten möchte und etwas Zeit benötige, er sah ein, dass er sich noch etwas gedulden musste, bis er seine ganz persönliche Biografie bekam. Alles, was in dieser Biografie nieder – geschrieben ist, hat mir Herr K persönlich erzählt.

Biografie:

Am 19. April 1921 wurde Herr K in Musterhausen geboren. Bis seinem 5. Lebensjahr besuchte er den Kindergarten in Musterhausen, er hat noch 5 weitere Geschwister. Sein Vater war Schuhmacher – Meister, er starb sehr früh im Jahre 1925, die Mutter wurde 1882 in Musterhausen geboren, und konnte nach dem Tod des Mannes die sechs Kinder nicht mehr allein ernähren. Herr K besuchte die Grund – und Hauptschule, nachdem er die Hauptschule absolviert hatte, musste Herr K gleich in die Fabrik zum Arbeiten, um mitzuhelfen, die Familie zu ernähren. Herr K kündigte seine Stelle in der Fabrik 1939 und ging nach Musterhausen, um Abstand von allem zu gewinnen. Von 1939 bis 1945 war Herr K in vielen Städten unterwegs, er hatte immer Arbeit und gute Freunde. Als der Weg seines Lebens Herr K 1945 nach Musterhausen verschlug, war noch alles in Ordnung, als er Musterhausen 1945 nach Kriegsende verließ, lag alles in Trümmern, zu diesem Zeitpunkt war Herr K 22 Jahre alt.

Erneut begab sich Herr K auf Wanderschaft, diesmal verschlug es ihn nach Musterhausen am Bodensee, um nicht hungern zu müssen, arbeitete er mit in der Landwirtschaft, so hatte er ein Dach über dem Kopf und jeden Tag was zum Essen. Im Jahre 1958 heiratete Herr K, für seine Frau war es die 2 Ehe. Herr K war zu der Zeit 38 Jahre alt, beide hatten viel erlebt und durchgemacht.

Herr K kannte seine Frau vor der Hochzeit bereits 5 Jahre, da der 1. Mann seine Braut im Krieg gefallen war, musste dieser erst für Tod erklärt werden, so mussten sich beide gedulden mit der Heirat. Aus der 1. Ehe seiner Frau kamen zwei Kinder ein Junge und ein Mädchen, die Ehe von Herrn K blieb Kinderlos, weil er es so wollte. Herr K fand Arbeit bei der Firma Fess -mann und Hecker in Musterhausen, wo er die Aufgabe hatte Gummi und Metall, das in Rohmaterial angeliefert wurde abzuschleifen, nach 4 Jahren kündigte er seine Stelle dort, da ihm die Arbeit nicht zusagte. Herr K lebte 49 Jahre mit seiner Ehefrau zusammen, zuerst wohnten sie viele Jahre in Musterhausen, danach zogen sie zusammen, nach Musterhausen um näher bei der Tochter zu sein. Im Jahre 2007 verstarb die Ehefrau ganz plötzlich und unerwartet, Herr K lebte seit dieser Zeit allein in der Wohnung und wurde von seiner Tochter unterstützten. Nach einem Besuch bei seinem Hausarzt sagte ihm dieser, dass er nicht mehr allein in der Wohnung bleiben könnte. Doch bevor er ins Pflegeheim nach Musterhausen kam, musste sich Herr K einen Leistenbruch operieren lassen, was ihn gesundheitlich um Jahre zurück – geworfen hat, er sagte, er fühle sich sehr wohl hier, mit der Tochter aus der 1. Ehe seiner Frau hat er ein hervorragendes Verhältnis, sie besucht ihn regelmäßig im Heim.

Zusammenfassung:

Um meiner Aufgabe als Altenpflegerin zu erfüllen, muss ich meine Arbeit mit alten Menschen auf jeden einzelnen bezogen ganzheitlich und individuell auf ihn Ausrichten. Die Informationssammlung erscheint mir besonders wichtig, da auf ihr der ganze Pflegeprozess aufgebaut ist. Leider wird in der Praxis die Biografie als wichtiger Teil der Informationssammlung oft nur oberflächlich behandelt, obwohl sie unbedingt zur Grundlage einer ganzheitlichen, orientierten, individuellen Betreuung gehört, in der psychischen, physiologischen und sozialen Faktoren des Bewohners berücksichtigt werden. Ein weiterer Grund für mein Interesse an der Biografie von Herrn K ist das Wissen, dass wenn ich einen alten Menschen nur in seinem momentanen Zustand sehe, ich ihm unmöglich gerecht werden kann. Poetisch ausgedrückt: Ich kann die Falten, die das Leben schrieb, viel besser lesen, wenn ich die Biografie eines alten Menschen kenne und verstehe. Je mehr Informationen ich über die Lebensphasen eines Menschen habe, desto besser kann ich ihn und sein Verhalten verstehen. Erst die Summe der vielfältigen Erfahrungen, seine Höhen und Tiefen, seine Stärken und Schwächen formen den Menschen und machen ihn zu einem Ganzen. Der Heimeinzug bedeutet für den alten Menschen immer ein einschneidendes Erlebnis, wenn nicht gar eine Krise, die Identität gerät gefährlich ins Wanken. Der kranke Körper macht dem Bewohner zu schaffen, das soziale Umfeld muss aufgegeben werden, die eigene Nutzlosigkeit und die materielle Seite des Heimeinzugs belasten.

Eigene Werte und Moralvorstellungen können zu Konflikten mit den Mitbewohnern und dem Pflegepersonal führen. In einem Pflegeheim gibt es ausschließlich Bewohner, die den Zenit ihrer Leistungsfähigkeit längst überschritten habe. Oft können wir nichts mehr von der Weisheit, die sie im Laufe ihres Lebens angesammelt haben, erfahren. Das mindeste, was wir noch für diese Menschen machen können, ist es, dass wir uns für ihr gelebtes Leben interessieren. Das Pflegepersonal kann aus der Biografie wichtige Informationen ziehen, die zum Wohlbefinden und zur Zufriedenheit des Bewohners führen. Die Empathiefähigkeit, besonders in schwierigen Pflegesituationen wird möglich, da der Bewohner als ganzes gesehen werden kann, und sein Verhalten leichter erklärbar wird. In Krisensituationen kann eine Rückschau auf frühere Bewältigungsmechanismen Möglichkeiten der Problembewältigung eröffnen. Bei den meisten Angehörigen bin ich mit meiner Frage nach einer Biografiearbeit auf Zustimmung gestoßen, den damit wird gezeigt, dass der Bewohner als Individuum und nicht als Objekt gesehen wird. Sobald sie erkennen, dass alles Mögliche getan wird, um das Wohlbefinden des Angehörigen zu steigern und sie somit auch in die Pflege ein – bezogen werden können. Gleichzeitig wird die individuelle Pflege transparent gemacht.

Persönlich Stellungnahme:

Mein erster Schritt bei der praktischen Umsetzung für mich war, nachdem ich Herr K um sein Einverständnis für die Arbeit gebeten hatte, das Sammeln von Informationen aus Schulbüchern, Bücher allgemein, Skripten und Biografie bögen der Einrichtung. Nun stellte ich die Überlegung an, wie die künftigen Gespräche mit Herrn K aussehen sollten. Dabei kam ich zu der Ansicht, dass die Gespräche kein reines Abfragen sein sollten, ich verwendete die vorgedruckten Biografie bögen aus dem Doku – System als Gesprächsfaden. Ich machte mir auch Gedanken über den äußeren passenden Rahmen, die passende Zeit und die Dauer. So beschränkte ich die Gesprächszeit, welche nicht länger als eine Stunde dauern sollte, um Herr K nicht zu überfordern. Die Lebensgeschichte von Herrn K fand ich sehr interessant, stellte aber im Laufe der Gespräche fest, dass sie mich sehr viel mehr bewegte, als ich dachte. Durch die Gespräche hatte ich das Gefühl bekommen Herr K schon sehr viel länger zu kennen, als es eigentlich war. Ich musste meine Fragen und die richtigen Worte nicht suchen, sondern plauderte zwanglos mit ihm. Da – durch hatte ich beim Schreiben, oft Schwierigkeiten die Sachlichkeit zu erhalten und nicht bewertend zu werden. Bei Herr K ist nicht aufgearbeitetes zutage getreten, das mit in die Biografie einbezogen wurde, die Erzählungen waren für mich sehr belastend. Während des Erzählens durchlebte Herr K die Situationen, die er im Laufe seines Lebens durchlaufen hatte, noch einmal, seine Geschichte wird ihn und mich Gefühls – mäßig noch lange beschäftigen. Durch die Wiederaufnahme seiner Lebensgeschichte, die ihn in jeder Hinsicht geprägt hat, wird er sehr viel bedenken, auch nachdem die Biografin längst gegangen ist. Seine Konzentration wird gefördert, ohne dass es Impulsen von außen bedarf.

Es werden Erinnerungen an Situationen im Leben von Herrn K wach, die schon lange vergessen waren und weiter durchdacht. Der Alltag von Herrn K erfährt eine Bereicherung, da er durch die Erzählungen zum Denken angeregt wurde und er sich somit gleichzeitig beschäftigt und Zuwendung durch den Schreiber erfährt. Die Biografiearbeit ist für alte Menschen die Offenbarung ihres ganzen Lebens, deshalb sollte man sehr behutsam damit umgehen. Ich achtete auch auf die psychische Verfassung von Herrn K und wägte ab, ob der Zeitpunkt für ein Gespräch sinnvoll war. Die gemeinsamen Gespräche, die nicht nur auf die Verschriftlichung der Geschichte gerichtete Interesse des Zuhörers, die erlebten Gefühle beim Reflektieren des Erzählers und das ehrliche Mitgefühl des Schreibers machen die Qualität der gemeinsamen Gespräche aus. So kann Herr K diese Arbeit mit seiner Biografie als Bereicherung empfinden. Ich habe Herr K die größtmögliche Entscheidungsfreiheit gelassen und nichts gegen seinen Willen entschieden. Meiner Meinung nach war es für Herrn K bedeutungsvoll das Gefühl zu haben allein entscheiden zu können, was ich schreiben soll und was nicht. Man kann Herr K Ideen vermitteln und sollte ihm immer das Gefühl geben sein alleiniger Herr zu sein. Er sollte niemals das Gefühl bekommen, abhängig zu sein, man sollte ihm seine Ressourcen und Fähigkeiten darlegen in dem man ihm zeigt, was er noch alles kann und ihm somit Selbstständigkeit bieten.

Quellennachweis:

  • Unterlagen aus der Schule (Skripte)
  • Thiemes Pflege (11. vollständig Überarbeitete und Erweiterte Auflage)
    Autoren: Susanne Schewein- Popp und Lothar Ulrich Druck: Georg Thieme Verlag KG 2009
  • Vorgedruckte Biografie Bögen der Einrichtung
  • Stationsleitung
  • Pflegedienstleitung
  • Arbeitskollegen
  • Praktikanten und Pflegehelfer
  • Angehörige (Tochter und Enkeltochter)
  • Pflegedokumentation von Herrn K (EDV)
  • Herr K selbst

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