Die alten Menschen in der Geschichte
- kein Status wird so ambivalent bewertet wie der Alten
- keine lineare Entwicklung, sondern ständiges Auf und Ab
- klare Abgrenzung entsteht erst im 19. Jhd. (ähnlich wie Kindheit)
Frühphase der Menschheit
- Jäger-Sammler-Kulturen: keine hervorgehobene Stellung, kein ausdrücklicher Schutz der Alten
- neolithische Revolution(10000 v. Chr.): Alte gewinnen an Prestige, da sie zahlenmäßig wenig sind (geringe Überlebenschance) und wichtig wegen Erfahrungen → Alte bekommen Berater- und Richterfunktion
griechische Antike
- es entstehen umfassendere politische Machtstrukturen
- die Königsherrschaft entsteht, die Altenmacht bildet sich zurück
- arbeitsteilig spezialisiertes Beamtentum macht den Erfahrungsschatz weniger wertvoll
- öffentlich kontrolliertes Rechtsprinzip ersetzt die Gerichtsbarkeit der alten Männer
- ab dem Sechsten v. Chr. Jhd. erhält selbst erworbenes Wissen mehr Wert als traditionelles
- auf dem Höhepunkt der griechischen Klassik verschwindet die Gerontokratie, es beginnt eine Hochschätzung des jungen, jugendlicher Helden etc.
Inhaltsverzeichnis
Altes Testament
- widersprüchlich, Moses schlägt den „Aufstand der Alten“ brutal nieder, andererseits immer wieder positive Aussagen über die Alten
- Geist begabten Sprecher und Propheten gewinnen Autorität unabhängig vom Alter
neues Testament - Christus predigt die Nächstenliebe, d. h. unabhängig vom Alter soll der nächstliegende Notfall versorgt werden (Altersirrelevanz)
- Alter wird indirekt aufgewertet durch die Erlösbarkeit und die besondere Beachtung derer, die „mühselig und beladen sind.“
Mittelalter
- nur 5 bis 10 % über 60, wer überlebt ist robust und erfahren, nicht etwa konservativ
- uneindeutige Haltung gegenüber Alten: Alte sollen sich aufs Sterben vorbereiten, jedoch leben die alten Adligen, Kleriker etc. üppig
- Kirche suggeriert Zeitlosigkeit
- der Tod betrifft alle Altersstufen
- keine Gerontokratie im MA
13. Jhd. steigt die Lebenserwartung (der Reichen) langsam - Altersklage, Spott und Klage über die verlorenen Jugend lebt wieder auf
- Tod als Folge der Erbsünde → Alter (Gebrechlichkeit)wird mit Sündhaftigkeit in Verbindung gebracht
- alte Menschen der Unterschicht bleiben bis zuletzt auf ihre Arbeit angewiesen, es gibt keinen Ruhestand
- Pflege der Angehörigen oft mangelhaft
- nicht alle leben in Großfamilien, oft wohnen die Alten räumlich getrennt, trotzdem gibt es enge ökonomische und soziale Verbindungen
frühe Neuzeit(1400 bis 1650)
- Alter gewinnt an Sichtbarkeit, Junge sind an Pest gestorben
- Jugendkult
- die Schickeria schmäht die Alten und reagiert damit ihre Wut darauf ab, dass die Alten Widerstand gegen ihre schlechte Behandlung leisten
- Jugend vergötternde Kultur, ganz aufs diesseits gerichtet, Alte erinnern an unangenehme Wahrheit
- Literatur voller Spott über Alte
- Religionskriege: Verrohung der Sitten, kein Mitleid
die Moderne
- Wende in der Entwicklung
- Alter als Lebensphase mit eigenem Recht entsteht langsam
- wirtschaftlich-politische und kulturelle Gründe, weder durch Ideologie noch durch veränderte Bevölkerungsstruktur entstanden
- der politische Druck war ausschlaggebend
- Vertragsdenken entsteht, besonders durch Thomas Hobbes: Der Kampf aller gegen aller kann nur überwunden werden durch einen Staatsvertrag, der Leben und Eigentum sichert → Verhältnis der Menschen zueinander gewinnt an Rationalität
- Sittlichkeit als zweite Natur des Menschen
- Protestantismus und Reformation werten AT und damit auch Alte auf
- Refamilisierung des Christentums
- Aufwertung des Individuums
- Gedanke des Ausgleichs zwischen Jüngeren und Älteren entsteht
- vom Älteren erwartet man Rat, Vorbild für die Jüngeren, gesund und aktiv bleiben
- Individualisierung und Biografisierung
- Vorstellung von der Lebensuhr beginnt sich zu bilden
- Rückblick als Altersaufgabe nimmt zu
- Intimisierung der Beziehungen
19. Jhd.
- Verstädterungsprozess, Familien bilden Notgemeinschaften
- durch Schulpflicht verlieren die Eltern und Großeltern die Lehrerrolle
- Alte haben kein Vermögen mehr, was sie weitervererben können und ihnen dadurch Prestige verleiht
- 1883 bis 1889: Sozialgesetzgebung durch Otto von Bismarck, er versucht damit die soziale Unruhe in der Arbeiterschaft zu dämpfen → Alter als soziale Kategorie entsteht erstmalig
- betrifft zunächst wenige, 1930 erst 40 % der alten Pensionsempfänger
- nach und nach entsteht der allgemeine Ruhestand
- Marginale Tätigkeiten werden nach und nach abgeschafft
- Lebenserwartung steigt weiter
- im Biedermeier gibt es eine Sentimentalisierung von Greisen
20. Jhd.
- Die älteren Menschen weisen keine einheitlichen Merkmale auf, sondern müssen immer stärker in Untergruppen aufgeteilt werden: junge Alte, ältere und Hochbetagte, außerdem viele andere Merkmale, z. B. Gesundheit, soziale Aktivität, Bildung, Interessen etc. → Das Alter gibt es nicht!
- Quantitativer Zuwachs an Lebensjahren entspricht nicht immer Zuwachs an Lebensqualität
- Ältere haben kaum Autoritätspotential
- häufige Sinnkrisen oder Lethargie
- Alter als Massenphänomen ist eine historisch neue Erscheinung-keine historischen Vorbilder für eine Alterskultur
- bisher keine alternativen Lebensstile, keine Gruppensolidarität, keine soziale Gestaltungsmacht
- die meisten leben allein
- aus dem Arbeitsprozess ausgegrenzt → Kompetenzerhaltung, Integration und soziale Sicherung nimmt ab
- in unserer Leistungsgesellschaft erhalten die „nutzlosen“ Alten eine randständige Stellung (ebenso wie die Jungen, Frauen und Arbeitslose)
- Multimorbidität nimmt zu, ebenso der Anteil der Pflegebedürftigen
- Hochaltrigkeit wird Normalität
Weitere Quellen zu den alten Menschen in der Geschichte
Altersbilder im Wandel
Das Alter in Geschichte und Geschichtswissenschaft
Gesellschaftlicher Wandel des Alterns