Autor/in: Markus Preuß

Soziale Gruppe

  • Mehrere Menschen, die
    • Ein gemeinsames Ziel haben
    • Über bestimmte Zeit zusammenbleiben, um das Ziel zu erreichen
    • Untereinander abhängig sind
    • Diese Abhängigkeit als Beziehung sehen

Gruppenfunktionen

  • Vermittlungs- und Kontrollgruppe
    • Vermitteln Interessen oder Ziele von Menschen zur Gesellschaft
    • Durch das Aufstellen von Regeln werden die Normen der Gesellschaft geschützt
  • Entlastungs- und Schutzfunktion
    • Zeitliche Entlastung, z. B. durch Arbeitsteilung
    • Normative Entlastung
      • Biete Rückzugsmöglichkeit
      • Erprobung neuer Verhaltensweisen
    • Strukturelle Entlastung
      • Kleine Systeme bieten Überschaubarkeit, Orientierung und Sicherheit


  • Versorgungsfunktion
    • Sicherstellung des Lebensunterhaltes
      • Essen, Kleidung, Geld
    • Sicherung der Lebenswelt
      • Zimmer, Wohnung, Haus
    • Rückhalt durch sozial-emotionales Klima
      • Anerkennung, Liebe, Zugehörigkeit

Gruppenformen

  • Je nach Wichtigkeit und Bedeutung oder Organisation und Funktion werden verschiedene Gruppenformen unterschieden
    • Nach Wichtigkeit für ein Mitglied
      • in Primär- oder Sekundärgruppe
    • Nach Organisationsform
      • in formelle oder informelle Gruppen
    • Nach Gruppenrahmen
      • in offene und geschlossene Gruppen
    • Nach Identifikation der Mitglieder einer Gruppe.
      • In Mitgliedschafts- oder Bezugsgruppen
    • Nach Zugehörigkeit zur Gruppe,
      • in Eigen- oder Fremdgruppen
    • Nach Gruppengröße
      • in Klein- oder Großgruppen
    • Nach Zusammensetzung
      • in homogene oder heterogene Gruppen

Primär- und Sekundärgruppen

  • Primärgruppe
    • Wichtigste Gruppe für die Mitglieder
    • Langfristig, regelmäßig, direkt und intensiv
    • Jeder kennt jeden (face-to-face-group)
    • Überschaubare Anzahl
    • Interaktion auf Gegenseitigkeit und Intim
    • Wir-Gefühl (Familie, wir von der Station oben …)
    • Abgrenzung nach außen
  • Sekundärgruppe
    • Mitglieder kennen sich eher selten
    • Kontakte zufällig oder kurzfristig
    • Zusammenhalt durch gemeinsame Interessen oder eine Aufgabe
    • Große Anzahl
    • z. B. Gewerkschaft, Religionsgemeinschaft, Sportverein
    • Kann sich auch zu einer Primärgruppe entwickel

Formelle und informelle Gruppen

  • Formelle Gruppe
    • Gruppenziele gesetzt
    • Gruppennormen formuliert und Sanktionen festgelegt
    • Mitglieder übernehmen Rollen und Funktionen
      • z. B. Vorstand, Mitglieder-Beiträge kassieren, Fest organisieren
    • z. B. Verein, Betriebsrat, OG eines Verbandes
  • Informelle Gruppe
    • Entsteht aus spontanem Impuls
    • Durch Interesse oder Zusammengehörigkeitsgefühl
    • Unbestimmte Dauer, oft kurzfristig
    • Geringer Regelungsbedarf
    • z. B. Zuhörer eines Vortrages, Gesprächsrunde, Hobbygruppe

Offene und geschlossene Gruppen

  • Offene Gruppe
    • Veränderlichkeit
    • Mit Mitglieder-Wechsel – Wechsel der Interessen
    • z. B. Offene Selbsthilfegruppe, Gesprächskreis, Freizeitgruppe
  • Geschlossene Gruppe
    • Beständigkeit der Mitglieder
    • Gruppenzusammenhalt durch Offenheit und Akzeptanz
    • z. B. Therapiegruppe, geschlossene Selbsthilfegruppe, Selbsterfahrungsgruppe
    • (Slow-open) bei Mitglieder-Schwund vereinzelt Öffnung

Mitgliedschafts- und Bezugsgruppen

  • Mitgliedschaftsgruppe
    • Mitglied, ohne sich mit der Gruppe zu identifizieren
    • z. B. passives Mitglieder einer Religionsgemeinschaft
  • Bezugsgruppe
    • Identifizierung mit der Gruppe
    • Übernahme der Ziele, Werte und Sichtweisen
    • z. B. OG einer Gewerkschaft, Gruppe der Gleichaltrigen, Clique

Gruppe der Gleichaltrigen

  • Peer-group
  • Ableitung von Sicherheit und Orientierung von gruppenspezifischen Handlungsmustern
  • Identitätsfindung durch Ausprobieren unterschiedlicher Rollen
  • Wir-Gefühl durch Symbole, Rituale, Gruppensprache
  • Kinder
    • Kindergartengruppe, Spielgruppe
  • Jugendliche
    • Schulklasse, Mädchengruppe, Jugendbande
  • Ältere Menschen
    • Seniorenkreis, Frauengruppe

Clique

  • Bezugsgruppe in der Gruppe
  • Hat eigene Interessen
  • Zugehörigkeit offen oder verdeckt
  • Aufnahme an bestimmte Merkmale gebunden
    • z. B. bestimmte Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Kenntnisse
  • Wird als Auszeichnung verstanden
  • z. B. eine Gruppe unzufriedener Mitarbeiter, Skatrunde mit festen Teilnehmern in einer Altentagesstätte

Elite

  • Gruppe von Inhabern der höchsten Rangplätze in der Macht-, Einkommens- oder Prestigehierarchie einer Gesellschaft
  • Verbindet Führungskräfte und Entscheidungsträger mit gemeinsamen Interessen aus Politik, Wirtschaft und Medien
  • Macht wirkt sich auch auf Sozial- und Gesundheitswesen aus

Eigen- und Fremdgruppen

  • Eigengruppe
    • Die Gruppe, der eine Person angehört
    • Ausgeprägtes Wir-Gefühl
    • Neigung zur Aufwertung der Eigengruppe – Wahrnehmung verzerrt sich zum Positiven
    • Neigung zur Abwertung der Fremdgruppe
  • Fremdgruppe
    • Eine Gruppe, der diese Person nicht angehört

Klein- und Großgruppen

  • Kleingruppe
    • Zahlenmäßig überschaubar
    • Mindestens 2 Personen
    • Höchstens 8 bis 12 Personen
    • z. B. Familie, Bewohner – Altenpfleger
  • Großgruppe
    • Oft 20 und mehr Personen
    • Größte Gruppe, unüberschaubar groß – Masse
    • Je größer die Gruppe, desto komplexer der Interaktionsprozess
    • Regelungsbedarf steigt mit der Gruppengröße

Homogene und heterogene Gruppen

  • Homogene Gruppen
    • Mitglieder nach Geschlecht, Alter, Beruf oder Interessen gleichartig
    • z. B. Supervision für Frauen, die Altenpflegerinnen sind
  • Heterogene Gruppen
    • Mitglieder mit unterschiedlichem Alter, Geschlecht, Beruf oder Interessen
    • z. B. große Feier mit allen MitarbeiterInnen, Bewohnern und Angehörigen

Phasen der Gruppenbildung
Nach B.W. Tuckman

  • Formierungsphase forming
    • Ankommen und Kontakt aufnehmen
    • Abtastendes Verhalten
    • Vorgegebene Normen werden zur Kenntnis genommen oder infrage gestellt
    • Fragen der Mitglieder
      • Wer sind die anderen?
      • Was gilt hier?
      • Wer darf hier was?
      • Was darf ich?
      • Was wird hier möglich sein?
      • Werde ich auf meine Kosten kommen?
    • Hoffnungen und Aufmerksamkeit auf die Leitung
      • Was ist das für eine Person?
      • Wie kompetent ist er oder sie?
      • Werde ich bekommen, was ich benötige?
      • Was habe ich zu tun, um angenommen zu werden?
      • Wird er/sie gerecht sein?
  • Konfliktphase storming
    • Konflikte zwischen den Polen Abhängigkeit und Autonomie
    • Verunsicherung
    • Vorwürfe gegenüber der Leitung und anderen Gruppenmitglieder
    • Drang zur Selbstbehauptung
    • Rollen- und Statusvergabe innerhalb der Gruppe
    • Bildung von Untergruppen
    • Schwierige Phase
    • Offene oder verdeckte Ablehnung
    • Massives Kritisieren von Zielen und Normen
    • Aufgabe wird als Belastung und als Einschränkung der persönlichen Freiheit erlebt
    • Auseinandersetzung mit Aggression, Rivalität, Feindseligkeit und Konfrontation
  • Normierungsphase norming
    • Organisation
    • Wir-Gefühl
    • Selbststeuerungskräfte erfolgreich aktiviert
    • Fähig zur sachbezogenen Arbeit
    • Das Ergebnis der durchlebten Phase 2 ist Baustein für die Organisation
    • Gruppe wächst zusammen, stellt Normen auf, achtet auf Einhaltung
    • Gegenseitiges Akzeptieren und Unterstützen
    • Austausch von Kenntnissen und Erfahrungen
    • Zur Verfügung stellen von individuellen Ressourcen
  • Leistungsphase performing
    • Vertrauen
    • Intimität
    • Arbeitslust
    • Produktivität
    • Toleranz
    • Das Erreichen des Ziels / Erfüllung der Aufgabe steht im Mittelpunkt der Gruppe
    • Bewusstsein, voneinander lernen zu können, gemeinsam leichter und besser das Ziel zu erreichen
    • Unterschiedlichkeit wird als nutzbringend anerkannt
    • Gemeinsames Lösungssuchen
    • Offenes, zugewandtes Gruppenklima

Gruppenstrukturen und Führungsstile

  • Zusammenhang zwischen Gruppenstruktur und Führungsstil
    • Wer leitet die Gruppe?
    • Wer ordnet sich unter?
    • Wie wird die Gruppe geleitet?
    • Kann durch einen Wechsel des Führungsstils die Gruppendynamik beeinflusst werden?
    • Wer spricht mit wem?
  • Sternmodell
    • Hohe Autorität / Autoritärer Führungsstil
      • Eine zentrale Person in der Mitte des Geschehens
        • Lenkt das Geschehen
        • Bestimmt Ziele und verteil Aufgaben
        • Darf Mitglieder kritisieren
        • Hält die Gruppe zusammen
        • Alle Informationen laufen hierüber
        • Beschleunigt oder verlangsamt Gruppenprozess
        • Führung durch personale Autorität
        • Die Macht wird von den Mitgliedern anerkannt und akzeptiert
        • Mitglieder ordnen sich unter
    • Kennzeichen
      • Hohe Leistungsfähigkeit
        • Weil zentral organisiert (Fremd kontrolliert)
        • Überwachung der Durchführung
        • Kontrolle der Ergebnisse
        • Sanktionen bei Nichterfüllung
      • Geringer Zeitaufwand
        • Aufgaben verteilt
        • Jeder weiß, was er zu tun hat,
      • geringe Zufriedenheit
        • Aufgrund der Fremdkontrolle
        • Wer selbstständig arbeiten möchte,
          • ist auf Dauer unzufrieden
          • neigt dazu offen oder verdeckt in Opposition zu gehen
        • Wer starke Lenkung sucht,
          • fühlt sich wohl
    • Im Pflegeheim
      • Nach außen perfekt
        • Zügiges, effektives Arbeiten
        • Reibungslose Arbeitsabläufe
      • Innen Unzufrieden
        • Verlangsamtes Arbeitstempo
        • Dienst strikt nach Plan
        • Häufiger Krankmeldungen
        • Arbeitsplatzwechsel
        • Burnout
  • Kreis-Modell
    • Demokratischer oder partnerschaftlicher Führungsstil (demokratisch – dezentral)
      • Mitglieder wie auf einer Perlenkette (Perlenketten-Modell)
      • Jeder kann und macht alles
      • Jeder kann mit jedem kommunizieren
      • Gemeinsame Zielsetzung und Aufgabenverteilung
      • Positionsinhaber besitzt Fach- und Sachautorität
      • Rotation der Position möglich
      • Arbeitsteilung
      • Gruppenergebnis steht im Mittelpunkt
      • Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen
        • Teamwork orientiert sich an diesem Modell
    • Kennzeichen
      • Steigende Leistungsfähigkeit
        • Anfangs während der Gruppenbildung gering
        • Steigert sich nach einiger Zeit beachtlich
        • Aufgabenteilung
        • Selbstkontrolle
      • Abnehmender Zeitbedarf
        • Höherer Zeitaufwand, bis sich die Gruppe aufeinander abgestimmt hat
        • Wenn abgeklärt ist, wer was wo macht, wenig Zeitaufwand
      • Hohe Zufriedenheit
        • Hohe Motivation und starker Zusammenhalt
        • Wer eher Lenkung durch zentrale Person benötigt, ist unzufrieden
    • Im Pflegeheim
      • Positionen wie Stationsleitung, Praxisanleiter und Aufgaben wie Dienstplangestaltung, Arztkontakte, -Termine, Kontakt mit der Altenpflegeschule werden auf die Mitglieder verteilt
      • Alle treffen sich regelmäßig zu Besprechungen
        • Arbeitsabläufe und Umgang mit Bewohner/in werden besprochen (Selbstkontrolle)
      • Gruppenklima ist gut
      • Schwierigkeiten und Probleme werden gemeinsam gelöst
  • Mikroskop-Modell
    • Laissez-faire (lass laufen)
    • Gruppenmitglieder unzusammenhängend nebeneinander
      • Jeder macht, was er will
      • Zusammenhalt nur durch gemeinsame Aufgaben und Ziele
      • Keine führende Person
      • Keine Lenkung erkennbar
      • Aufgaben werden nicht verteil oder abgestimmt
      • Keine Zielkontrolle
      • Ungleichmäßige Kommunikation
      • Einige sind isoliert oder arbeiten allein
      • Zusammenhalt schwach ausgeprägt
    • Kennzeichen
      • Geringe Leistungsfähigkeit
        • Einige Aufgaben werden mangels Koordination doppelt ausgeführt
        • Andere Aufgaben werden wegen ausbleibender Kontrolle gar nicht ausgeführt
      • Hoher Zeitaufwand
      • Geringe Zufriedenheit
    • Im Pflegeheim
      • Wirkt nach außen chaotisch
      • Keine Struktur erkennbar
      • Jeder sucht sich eine Aufgabe
      • Kaum oder keine Absprachen
      • Einige Aufgaben (Umbetten) kann zusammengearbeitet werden
      • Motto: „Hauptsache der Laden läuft“
      • Schlechtes Gruppenklima

Kommunikation im Team

  • Wozu dient eine gute Kommunikation im Team?
    • Ethisch:
      • damit es allen gut geht,
    • organisatorisch:
      • Abstimmung erfordert Vorbereitung
    • Image bezogen:
      • Ein guter Eindruck macht das Team attraktiv
    • Wirtschaftlich:
      • Gutes Fehlermanagement
      • Fehler vermeiden, sie früh erkennen und ansprechen, aus ihnen lernen
    • Kreativität
    • Vorausdenken
    • Weiterentwicklung
  • Was beeinflusst die Kommunikation im Team?
    • Die Phase der Teamentwicklung (Phasen der Gruppenbildung)
    • Gefühle der Zusammengehörigkeit im Team
    • Summe der unausgesprochenen Selbstverständlichkeiten
    • Gruppendynamik und unbewusste Prozesse
    • Führungsstil
    • Ressourcen und Arbeitsorganisation
    • Das Geschlecht
      • unterschiedliche Wohlfühlbereiche
      • Punkte beim anderen Geschlecht ergattern
      • Regeln aufstellen und ändern

Ausarbeitung aus
Quelle: Altenpflege konkret – Sozialwissenschaften –Herausgeber: Karl Stanjek – Urban & Fischer Verlag

Weitere Quellen zu soziale Gruppe
Soziale Gruppe

Soziale Gruppe
Soziale Gruppe 2

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