Autor/in: Dodger

Mobbing Seite 2

› Soziologische Gründe, in Bezug auf eine Mitarbeitergruppe:

– Eine Gruppe sucht nach einem Sündenbock oder „Blitzableiter“.
– Eine Gruppe sucht sich zur Abgrenzung, zur Festigung der eigenen Identität
und zum inneren Zusammenhalt ein „geeignetes“ Opfer.
In vielen Fällen sind die Gründe für Mobbing nicht immer offensichtlich und rational nachvollziehbar. Es ist für Führungskräfte und Mitarbeiter unerlässlich, einen „7. Sinn“ für die psychologischen (einzelne Mitarbeiter untereinander) und soziologischen (Gruppenverhalten) Prozesse im Betrieb zu entwickeln.

8. Die richtige Gegenwehr.

In der Praxis merken Betroffene oft viel zu spät, dass sie schon über einen längeren Zeitraum Mobbing-Opfer sind. Ihre Chancen, sich effektiv zu wehren, ohne dabei das Gesicht und den Arbeitsplatz zu verlieren, sind umso größer, je früher sie sich darauf persönlich und strategisch einstellen. Je mehr sich Vorgehensweisen gegen Betroffene eingespielt und entwickelt haben und Mitarbeiter daran beteiligt sind, desto schwieriger wird es für die Betroffenen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Der Versuch, möglichst frühzeitig zu reagieren, damit eingeleitete Entwicklungen möglichst rechtzeitig gebremst werden und nicht eskalieren können, ist daher enorm wichtig.
Grundsätzlich sollte alles vermieden werden, was zu einer Eskalation gegen berufliche und persönliche Fähigkeiten des Betroffenen führen könnte. Mobbing besteht zu einem großen Teil aus subtilen Intrigen, Anspielungen und Gemeinheiten. Praxisrelevante Kündigungsgründe liefern Mobbing-Opfer oft erst durch unüberlegte und emotionale Reaktionen auf Angriffe.


› Praxistipp:

Bei drohendem eigenem Schaden sollten sich Gemobbte stets um eine Deeskalation bemühen.

8.1 Den Mobber direkt ansprechen

Es ist wichtig, den Mitarbeiter, der andere demütigt, sofort anzusprechen. Je offensichtlicher seine Attacken sind, desto deutlicher kann die Ansprache erfolgen. Es sollen jedoch keine Verdächtigungen und Vermutungen geäußert werden, die dem Mobber als bösartige Unterstellungen sehr willkommen wären. Das Gleiche gilt für unsachliche oder angreifende Äußerungen, da jeder falsche Ton sofort gegen den Betroffenen ausgelegt wird.

Hat der Betroffene keine klaren Fakten in der Hand, bieten sich Äußerungen wie „ich habe den Eindruck, dass Sie mich nicht leiden können“ oder „ich habe den Eindruck, dass unsere Kommunikation mehr oder weniger gestört ist“ an. Wenn z. B. manche ausgehenden Briefe verschwinden, kann man auch fragen „haben Sie einen Rat für mich? Ich habe den Eindruck, dass manche meiner Briefe verschwinden und nicht abgesendet werden“.

Diese „vorsichtige Konfrontation“ hat den Vorteil, dass der Gemobbte keine zusätzliche Angriffsfläche bietet, dem Mobber aber zeigt, dass er die Situation erkannt hat und sich nicht persönlich verletzt in sein „Schneckenhaus zurückzieht“, sondern geschickt und intelligent Paroli bietet. Die Reaktion zeigt auch, dass man sich nicht provozieren und zu Äußerungen verleiten lässt, die später gegen einen verwendet werden könnten.

Ähnliche Fragen sollten auch den Mitarbeitern gestellt werden, die den Mobber direkt oder indirekt bei seinen Angriffen unterstützen.
Hat man einen Beweis dafür, dass ein Mobber Briefe aus dem Postausgangskorb genommen hat, dann sollte er selbstverständlich nicht nur direkt damit konfrontiert werden, sondern auch eine Information an den Vorgesetzten und den Betriebsrat erfolgen. In der Praxis sind solche eindeutigen Beweise, jedoch eher die Ausnahme.

8.2 Die Isolierung falle

Viele Menschen, die über einen längeren Zeitraum Opfer von Mobbing geworden sind, ziehen sich ratlos und verzweifelt zurück und leiden für sich allein, „fressen alle Probleme in sich hinein“. Viele kündigen innerlich und machen nur noch Dienst nach Vorschrift und/oder ziehen sich von sozialen Kontakten zu anderen Mitarbeitern völlig zurück.

Jede Form der sozialen Isolation und des beruflichen Rückzugs erleichtert jedoch das Vorhaben von Mobbern. Wer sich in die typische Opferhaltung hinein drängen lässt, macht es seinem Mobber besonders leicht und in den meisten Fällen ist es dann nur eine Frage der Zeit, bis man seine Stelle verliert.

Es ist auch die Entscheidung jedes einzelnen Mitarbeiters, ob er es zulässt, dass ihn andere schikanieren.
Wer gedemütigt, verletzt und tief getroffen ist, darf sich selbst nicht fallen lassen, sondern sollte den Kopf hochhalten. Für das Selbstwertgefühl ist es wichtig, so zu reagieren, dass man weiterhin jeden Morgen aufrecht in den Spiegel schauen kann. Auch wenn die Auseinandersetzung ungewohnte Kräfte und sicherlich auch neue Fähigkeiten verlangt, so ist der Versuch doch wichtig, aktiv und klug aus der Situation herauszukommen: dazu gehört, sich zu wehren, das Entwickeln von Strategien und das Treffen von angemessenen Entscheidungen.

8.3 Raus aus allen Teufelskreisläufen

Opfer von Mobbing geraten schnell in sich negativ verstärkende Verhaltenskreisläufe, die in jedem Fall so frühzeitig wie möglich durchbrochen werden sollten. Der Betroffene sollte sich selbst beobachten und entscheiden, ob er aus eigener Kraft in der Lage ist, diese Kreisläufe zu verhindern. Wenn der Grad der Verzweiflung so groß ist, dass er immer mehr in den Sog dieser negativen Kreisläufe hineingezogen wird, dann sollte er sich so schnell wie möglich von vertrauten Freunden, Kollegen oder anderen Stellen beraten und unterstützen lassen.

8.4 „Jedes Ihrer Worte kann gegen Sie verwendet werden!“

Mobbing-Opfer befinden sich unter einem Aspekt in der gleichen Situation wie jemand, der verhaftet wurde: „Von jetzt ab kann alles, was Sie sagen, gegen Sie verwendet werden“. Personen, die gemobbt werden, müssen davon ausgehen, dass sie von ihrem Mobber und seinen Verbündeten genau beobachtet werden. Sie sollten daher wirklich jedes Wort, das sie sagen „auf die Goldwaage“ legen und überlegen, wem sie, etwas erzählen. Nicht selten werden von Kollegen – auch über private Gespräche – Gesprächsnotizen angefertigt und an die Geschäftsleitung weitergeleitet. Unüberlegte negative Äußerungen über den Betrieb können schnell zu einer Kündigung führen. In der Praxis ergeben sich daraus folgende Probleme:

– Jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen, bremst die Vitalität und den
normalen und unkomplizierten Umgang miteinander.

– Nicht zu wissen, wer den Mobber noch unterstützt und wem man überhaupt noch vertrauen kann, führt zu einer erheblichen Verunsicherung, zu einem generellen Misstrauen gegenüber allen Vorgesetzten und Kollegen und zwingt zu eher formalen, steifen und distanzierten Umgangsformen

– Wut, Ärger und Aggressionen über den Mobber verleiten Gemobbte oft zu unüberlegten und vorschnellen Äußerungen. Gemobbte müssen im Umgang mit Vorgesetzten und Kollegen sehr diszipliniert sein und dürfen sich nicht provozieren lassen.

– Nicht alle befreundeten Kollegen können schweigen. Manche von ihnen geben anvertraute Informationen wieder „vertraulich“ weiter. Schweigen können ist eine Kunst, die heute nur wenige beherrschen. Gemobbte müssen daher zu befreundeten Kollegen, die nicht schweigen können, auf Distanz gehen.

8.5 Selbstschutz hat Priorität

Wer gemobbt wird, sollte sich gezielt überlegen, was er für sich persönlich tun kann, um seelisch und körperlich gesund zu bleiben.
Gesundheit und Wohlbefinden sind Voraussetzungen dafür, Stress auszuhalten, damit umzugehen und vernünftig und klug auf Angriffe reagieren zu können.

Die persönliche Sichtweise zu den Vorfällen macht den Unterschied! Genötigt und drangsaliert zu werden, verursacht erheblichen Stress. Und trotzdem entscheidet der Gemobbte selbst, welchen persönlichen Angriff und vor allem auch von welcher Person er ernst und „sich zu Herzen nimmt“. Alle Bösartigkeiten, Gemeinheiten und Attacken durch Mobber sind – isoliert betrachtet – zunächst einmal „neutrale Fakten“. Erst die Summe der eigenen persönlichen Sichtweisen und Einstellungen, ethischen Werte und Normen entscheiden darüber, was vom Gemobbten als krank machende Belastung empfunden oder zugelassen wird.

Objektiv gleiche Belastungen können für den einen eine motivierende Herausforderung sein, den anderen dagegen zur Verzweiflung bringen. Es kommt also auch immer auf die innere Einstellung an, und die kann man – in Grenzen – auch korrigieren. Vielleicht hilft es, sich an einen Liedertext von Reinhard Mey zu erinnern, in dem es heißt: „Was schert sich ein Baum darum, wenn sich ein Schwein an ihm kratzt“.
Es ist wichtig, alles Erlebte – so weit möglich – nicht als persönlichen Druck und als persönliche Belastung zu empfinden. Man darf niemanden das Recht gegen, die eigene Persönlichkeit zu verletzen. Selbstschutz und der Versuch, die Dinge auch mit Humor zu sehen, bringen einen häufig schon weiter.

Wer sich fallen lässt, hat verloren! Und wer „Dienst nach Vorschrift“ macht, versucht, den anstehenden Problemen und Entscheidungen aus dem Weg zu gehen. Wer sich zurückzieht, der fällt zurück. Mit der Entscheidung, nur noch Dienst nach Vorschrift zu machen, entscheidet man sich auch, den Arbeitstag ohne Freude und Begeisterung „herum bringen“ zu wollen. Und dafür, jeden Morgen widerwillig und ohne Energie in den Betrieb zu fahren. Diese Lustlosigkeit wird sich auch auf das Privatleben auswirken. Wer sich fallen lässt, der stirbt ein Stück und beraubt sich der eigenen Lebensfreude.

Es ist wichtig, sich einen Ausgleich zu suchen! Hier wird die Entwicklung und Pflege von Interessen außerhalb des Berufes wie Sport, Hobbys, Familie u. ä. zu nennen. Die Vorteile: Der Betroffene kann so die Probleme im Betrieb einmal vergessen, was ihm neue Energien und Kraft gibt, und zum anderen fällt er nicht in das Unendliche, wenn er das Einzige, was er hat, wirklich verlieren sollte – seinen Beruf. Überdies schafft er sich zusätzliche Gelegenheiten, sein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zu stärken.
In der heutigen Zeit muss jeder – gerade dann, wenn er gut ist – damit rechnen, seine Arbeit verlieren zu können. Stellungen auf Lebenszeit werden immer seltener. Was zählt, sind die Arbeitsbereitschaft und die Einsatzfähigkeit!

Die Suche nach der inneren Ruhe! Natürlich ist das leichter gesagt als getan. Aber es ist unstreitig, dass Konzentrationsstörungen, Wut und Aggression, Ausdauer verzehren, die dringend benötigt werden, um durchzuhalten und sich zu wehren.
Wer spürt, dass er seine innere Ruhe verloren hat, sollte – je nachdem, was ihm persönlich liegt – täglich Konzentrations- und/oder Entspannungsübungen, Meditation, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung praktizieren. Viele Menschen können sich auch durch Spaziergänge, Sport oder ablenkende Hobbys beruhigen.

Gemobbte benötigen Unterstützung! Der Betroffene muss selbst aktiv werden und sich in seinem Umfeld umschauen, wer ihm in seiner besonderen Situation helfen kann. Niemand kann alle Probleme allein bewältigen. Geeignet sind Vorgesetzte, der Betriebsrat, befreundete Kollegen, Freunde, Bekannte oder externe Fachleute. Es ist wichtig, die Scheu, Hilfe anzunehmen, abzuschütteln, dabei aber auf die richtige Wahl der Berater zu achten. Das müssen nicht unbedingt die besten Freunde sein.

Praxistipp:
Persönliche Verzweiflung ist verständlich, aber in Stresssituationen nicht hilfreich. Mit geeigneten ‚Beratern‘ findet man meist eine intelligente Lösung“

8.6 Entwicklung von Strategien

Da das Umsetzen von Strategien gegen Mobbing auch zusätzliche Arbeitszeit in Anspruch nimmt, muss der Gemobbte seine normale Arbeit jetzt noch effizienter gestalten, zeitsparender organisieren oder sich darauf einstellen, dass er täglich noch mehr Zeit investieren muss. Wenn das Anfertigen von „privaten Notizen und Protokollen“ im Betrieb nicht möglich ist, sollten die Vorkommnisse und Gespräche zunächst im Betrieb auf Zetteln notiert und zu Hause ausformuliert werden. Gemobbte müssen sich innerlich darauf einstellen, dass sie insgesamt mehr und disziplinierter arbeiten müssen.

› Grundsätze für Strategien gegen Mobbing:

  • Die innere Erwartung einnehmen, dass man angegriffen und mit unfairen Methoden attackiert werden kann. Dabei darf man sich nicht in der Form angreifen lassen, dass ein Leidensdruck entsteht, der es einem nicht mehr erlaubt, angemessen klug reagieren zu können. Das betrifft nicht nur das Ausmaß der Attacken, sondern vor allem die persönliche Einstellung zu den Angriffen.
  • – Nicht zu unüberlegt aggressiven oder geschäftsschädigenden Äußerungen oder Handlungen verleiten lassen! Der Mobber wartet nur darauf!
  • – Übertriebene Ängstlichkeit oder Vorsicht hindert den Betroffenen daran, seine normalen Aufgaben selbstbewusst und mit Standfestigkeit zu verrichten.
  • – Ein gesundes Mittelmaß zwischen notwendiger Vorsicht und Distanz sowie „gewohnt normalen“ Arbeitsformen finden.
  • – Alle Entscheidungen besser abzustimmen, zu koordinieren oder „von oben“ absegnen lassen. Je mehr Konsens über Entscheidungen besteht, desto weniger können diese später angezweifelt oder kritisiert werden.
    – Sammeln aller Informationen, die zu einem späteren Zeitpunkt als Beweise oder fundierte Begründungen benötigt werden könnten.
  • – Anfertigung von in diesem Zusammenhang wichtigen Gesprächsprotokollen.
  • – Offensive ist die beste Verteidigung, z. B. das Angebot an den Mobber – dort, wo sich eine Gelegenheit bietet -, konstruktiv zusammenzuarbeiten.
  • – Direkte Ansprache kursierender Gerüchte bei passender Gelegenheit.
  • – Destruktive Gestik und Mimik direkt und offen ansprechen.

Die Ziele der Strategien sind:

  • sich selbst emotional unter Kontrolle haben,
  • dem Mobber keine unbedachten Reaktionen zeigen, die gegen einen selbst verwendet werden können,
  • dem Mobber und anderen selbstbewusst zu verstehen geben, dass er sich an seinem ausgewählten Opfer „die Zähne ausbeißt“,
  • Beweise oder eindeutige Hinweise sammeln, die Vorgesetzten oder den Betriebsrat überzeugen,
  • alle Entscheidungen und wichtigen betrieblichen Handlungen abzusichern, damit man fachlich nicht kritisiert werden kann,
  • Mobbing zu beenden und den Mobber zur Rechenschaft ziehen. Je selbstbewusster und offensiver der Gemobbte vorgeht, desto mehr nimmt er seinem Widersacher „den Wind aus den Segeln“.

8.7. Standhalten oder Flüchten?

In der Abwägung zwischen standhalten und flüchten müssen Gemobbte natürlich standhalten, und zwar mit aller Energie reagieren, agieren und kämpfen.
Es ist jedoch aussichtslos, gegen Windmühlen zu kämpfen. Aussichtsloses Durchhalten und Kämpfen können darüber hinaus der Gesundheit erheblich schaden und den Betroffenen beim Start in einem neuen Betrieb sehr behindern.

Vielleicht gibt es auch Lösungen dazwischen? Vielleicht gibt es gegenseitig einvernehmliche Lösungen der innerbetrieblichen Versetzung? Oder es gibt andere Lösungen, mit denen alle Beteiligte gegenseitig einverstanden sind. Es kann sich daher keiner leisten, im Fall von Mobbing eine halbwegs akzeptable Lösung außer Betracht zu lassen. Notfalls – aber wirklich nur notfalls – sollten auch Lösungen, bei denen der Betroffene bei gleicher Arbeit weniger Geld bekommt, der Arbeitslosigkeit vorgezogen werden.

Ein geringfügiger Imageverlust ist manchmal etwas leichter zu verkraften, als die Familie nicht mehr normal unterhalten und seine Miete nicht mehr bezahlen zu können. Wer sich entscheidet, den Arbeitsplatz zu wechseln, sollte bedenken, dass er „seinen eigenen Kopf mitnimmt“. Das heißt, er sollte sich auch überlegen, ob und welche seiner Eigenschaften dazu beigetragen haben könnten, dass er gemobbt wurde. Der Versuch, aus den eigenen Fehlern zu lernen, ist wichtig, um das Risiko wieder gemobbt zu werden, für die Zukunft zu reduzieren.

9. Wer bietet Unterstützung?

Mobbing-Opfer können ihre Konflikte meist nicht allein bewältigen. Gute betriebliche, private und/oder professionelle Beratung ist in der Regel notwendig, damit die Konflikte ohne längerfristiges Leiden überstanden und gelöst werden können.
Geeignete Berater sind Menschen, von denen man weiß, dass sie einen klaren Blick für Probleme haben, vernünftige Entscheidungen treffen und vor allem auch schweigen können.

9.1 Vorgesetzte/Geschäftsleitung

Opfer von Mobbing-Attacken sollten grundsätzlich alle denkbaren Unterstützungen von ihrem Betrieb erwarten dürfen. Die Praxis sieht allerdings oft anders aus. Vorgesetzte sind manchmal entweder an Mobbing-Attacken beteiligt oder sie sind mit der Unterstützung von Mobbing-Opfern persönlich völlig überfordert. Oft wird die Existenz von Konflikten durch Vorgesetzte und/oder der Geschäftsleitung negiert. Viele Betriebe sehen die Lösung des Problems oft darin, sich von dem Opfer zu trennen, statt den Mobber zur Rechenschaft zu ziehen.

Nicht selten reagieren Vorgesetzte mit den Worten wie „Nun haben Sie sich mal nicht so, Frau Müller“. Oder „Herr Weidmann, seien Sie doch nicht immer so empfindlich“ oder „Stellen Sie sich nicht so an Herrn Schulze, dort wo gehobelt wird, da fallen auch Späne“. Solche Sprüche sind jedoch wenig hilfreich. Sie sind aber deutliches Zeichen dafür, dass sich der Vorgesetzte durch das Problem psychologisch „in die Enge getrieben“ fühlt und das Problem eher – weil er damit nicht umgehen kann – als eine Bedrohung für sich selbst empfindet.
Wenn Vorgesetzte so reagieren, sollten Gemobbte sie mit ihrem Problem nicht

Weiter „belästigen“, es sei denn, sie haben klare Beweise. Überforderte Vorgesetzte sind keine Hilfe und würden sich – unter Druck gesetzt – aus Angst und Hilflosigkeit wahrscheinlich eher gegen den Gemobbten entscheiden.
Wenn der Vorgesetzte Courage hat, wird er sich das Problem in Ruhe anhören, bei der Suche nach Lösungen helfen und den Mobber zur Rede stellen.

Der Geschädigte kann unmittelbar an den Arbeitgeber herantreten, der aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten ist, den Arbeitnehmer vor dem Mobbing der Kollegen/Vorgesetzten zu schützen. Die je nach den Umständen des Einzelfalls einzusetzenden Mittel des Arbeitgebers gegenüber diesem Arbeitnehmer sind neben Rüge oder Ermahnung die Abmahnung, die Versetzung bis hin zur Kündigung.
Außerdem kann der Arbeitnehmer seine Kollegen, von denen das Mobbing ausgeht, persönlich vor dem Arbeitsgericht auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch nehmen.

9.2 Betriebsrat

Mitglieder des Betriebsrates wollen helfen, sind aber auch oft mit den komplexen psychologischen Problemen von Mobbing-Konflikten zu wenig vertraut und können dem Opfer nicht immer die Unterstützung geben, die Mobbing-Opfer erwarten und benötigen.

Betriebsvereinbarungen gegen Mobbing, beispielsweise beim Volkswagenwerk in Wolfsburg, sind leider noch immer die große Ausnahme. Das Gleiche gilt für Frauenbeauftragte für spezifische Probleme von Frauen, bei sexuellen Belästigungen oder Diskriminierung gegen Ältere, Behinderte oder Ausländer.

Trotzdem: Ein Gespräch mit den Mitgliedern des Betriebsrates, von denen man den Eindruck hat, dass sie helfen können (und wollen), ist ratsam. Zusätzlich ist es enorm wichtig, dass Betriebsräte eine klare Vorstellung des Ausmaßes von Mobbing im eigenen Betrieb haben – nur so wächst beim Betriebsrat und der Geschäftsführung das Problembewusstsein und damit die Motivation, angemessene Gegenmaßnahmen einzuleiten. Die Reaktionsmöglichkeiten der am betrieblichen Geschehen Beteiligten entsprechen allgemein dem Arbeitsrecht. Der betroffene Arbeitnehmer kann sich im Wege der Beschwerde an den Betriebsrat wenden.

§ 75 BetrVG konkretisiert die Verpflichtung des Arbeitgebers, auf eine positive Gestaltung der Arbeitsbedingungen zur freien Persönlichkeitsentfaltung hinzuwirken. Jeder Arbeitnehmer ist aufgrund dieser Regelung nach den „Grundsätzen von Recht und Billigkeit“ zu behandeln. Aufgrund von § 75 BetrVG ist der Betriebsrat verpflichtet, auch ohne eine Beschwerde des Betroffenen gegen Mobbing vorzugehen. Im äußersten Fall kann er von seinem Recht Gebrauch machen, die Versetzung oder Entlassung des mobbenden Arbeitnehmers zu verlangen (§ 104 BetrVG)

9.3 Professionelle Hilfe

Auch wenn heute alle von Mobbing sprechen, wissen nur wenige, dass es für Mobbing-Opfer auch spezielle Beratungsstellen gibt.
Es ist grundsätzlich zu empfehlen, den Kontakt zu einer professionellen Beratungsstelle zu suchen. Die dortigen Berater haben sich auf Mobbing-Probleme spezialisiert und wissen am besten, wie konkrete Hilfestellung aussehen kann. Sehr empfehlenswert ist es auch, an Seminaren über Stressbewältigung und Mobbing teilzunehmen. Beratungsstellen verfügen über aktuelle Informationen.

10. Adressen

AOK Mobbing Telefon Hamburg Tel.: 040/20230209
Sprechzeiten montags 10–14 Uhr, dienstags 14 – 18 Uhr und donnerstags 17 – 20
Uhr.

Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing e. V.
Am Burgacker 70
65207 Wiesbaden
Tel.: 0611-541737 / 9570381 / 5329861
Fax: 0611-5329862
im Internet unter http://www.vpsm.de

Weitere Quellen zum Mobbing
Mobbing

Mobbing-Hilfe: Nie wieder alle gegen einen
Mobbing

Diesen Beitrag teilen auf...

Twitter Facebook