Autor/in: Anonym

Kommunikation bei Aphasie

Thema: Gespräche mit besonderen Personengruppen

1. Aphasie

Sprachstörung und Wortfindungsstörung nach abgeschlossener Sprachentwicklung bei intakten Sprachwerkzeugen, d. h. ungestörter Motorik. Ursächlich bedingt durch eine Schädigung des Gehirns, z. B. durch einen Schlaganfall, einen Tumor der linken Gehirnhälfte oder ein Schädel-Hirn-Trauma. Das Denkvermögen ist formal und inhaltlich ungestört.
Die Produktion von Sprache ist beim Betroffenen oft erheblich eingeschränkt, auch das Sprachverständnis und die Fähigkeit schreiben zu können, gestört sein. Der Patient „fabuliert“ evtl., er verwendet falsche Worte (z. B. Schuh statt Stock), stellt Laute und Silben um oder spricht im Telegrammstil.

2. Formen der Aphasie.

›Motorische Aphasie = Broca-Aphasie (Broca, 1861)


  • Sprachanstrengung: Schwierigkeit, Gedanken sprachlich auszudrücken aufgrund von Wordfindungsstörungen -sowie Störungen der Wort-Satzbildung.
  • Schlechte, verwaschene, mühevolle Artikulation, welche eine Sprechanstrengung hervorruft.
  • Abweichung in Wort- und Satzakzenten, Störung der Sprachmodulation
  • Charakteristisches Fehlen von grammatischen Funktionswörtern. Folge: Telegrammstil
  • Patienten sprechen langsam. Interjektionen wie „äh“ usw. als Ausdruck von Unzufriedenheit und gequält sein.

Sensorische Aphasie = Wernicke-Aphasie (Wernicke 1874)

  • Verwendung von Wortneubildungen aus lautlichen oder phonematischen Gründen.
  • Schreib- und Lesestörungen.
  • Gut erhaltener Sprachfluss.
  • Häufig überschießende Sprachproduktion.
  • Artikulation ist erhalten.
  • Sprachverständnis ist meistens erheblich gestört.
  • Kommunikation ist stark eingeschränkt.

› Globale Aphasie = Totale Aphasie

  • Schwerste Form der Aphasie. Sprachproduktion und Sprachverhältnis gleichermaßen stark gestört.
  • Stockender Sprachfluss
  • Starke Sprechanstrengung, häufig Sprachautomatismen wie lalala oder gogogo
  • Kommunikation praktisch unmöglich

Amnestische Aphasie = Verbale Amnesie (Broca 1861)

  • Wortfindungsstörungen bei gut erhaltenem Sprachfluss. Gut erhaltene Kommunikationsfähigkeit.

Sonderformen
1. Leistungsaphasie = Nachspreche-Aphasie: Flüssige Sprache;
2. Transkortikale Aphasien: Herausragend gut erhaltenes Nachsprechen.
3. Transkortikale motorische Aphasie (selten): Patienten sprechen spontan nicht oder kaum, sprechen aber prompt nach.
4. Transkortikale sensorische Aphasie: Flüssige Sprachproduktion mit semantischen Paraphasien (= daneben sprechen)

3. Andere Werkzeugstörungen.

Werkzeugstörungen: Zentralnervös bedingte Störung sog. „höherer“ Hirnleistung (z. B. komplexer Handlungen oder Gedankengänge), wobei die Sinnesorgane und die ausführenden Organe intakt sind.

Agrafie: Unfähigkeit zu schreiben
Alexie: Unfähigkeit zu lesen
Akalkulie: Unfähigkeit zu rechnen

Apraxie: Unfähigkeit, bestimmte Handlungen auszuführen. Der Patient ist z. B. nicht in der Lage, sich zu kämmen, obwohl keine Lähmungen vorliegen und die Wahrnehmung intakt ist.
Agnosie: Störung des Erkennens, wobei die verschiedenen Sinneswahrnehmungen betroffen sein können. Bei der visuellen Agnosie etwa sieht der Patient einen Gegenstand zwar, erkennt ihn aber nicht als solchen. Beispielsweise beschreibt der Patient eine Banane völlig richtig als gelben gebogenen Gegenstand. Er kann aber nicht den Zusammenhang zur essbaren Frucht herstellen. Durch Betasten oder Schmecken hingegen erkennt der Patient die Banane sofort. Bei der Anosognosie ist der Patient unfähig, seine eigene Erkrankung als solche zu erkennen. Beispielsweise ist ein Gelähmter der festen Überzeugung, er könne aufstehen, wenn er nur wolle.

4. Kommunikation mit Aphasikern.

Die Patienten müssen vorrangig das Gefühl zurückgewinnen, ernst genommen zu werden. Geduldiges Zuhören und die Ermunterung zum Sprechen sind wichtig für eine erfolgreiche Kommunikation. Unabdingbare Voraussetzung ist weiter eine genaue Diagnostik der Sprachstörung, damit die Pflegepersonen wissen, auf welche Fähigkeiten sie aufbauen können und wo die Schwächen des Patienten liegen, im Einzelnen sind wichtig:

Die Patienten nicht in ein Einzelzimmer legen. Wenn niemand mit ihnen spricht, können sie das Sprechen auch nicht neu
erlernen. Mitpatienten sind auf die Sprachstörung aufmerksam zu machen, damit sie das nötige Verständnis aufbringen
können.

Den Patienten Zeit lassen zum Verstehen, Worte suchen und Aussprechen, die Patienten verlieren die Lust am spontanen
Sprechen, wenn ihnen immer ins Wort gefallen wird und ihre Sätze ergänzt werden. Patienten mit Wortfindungsstörungen
benötigen Zeit, um den Begriff in ihrem Gedächtnis abzurufen.

Die Patienten immer wieder zum Sprechen ermuntern. Sie können z. B. Wochentage aufzählen oder kleine Begebenheiten
aus ihrem Leben erzählen. Dadurch wird das spontane, flüssige und sinnvolle Reden gefördert.

Bilder aus dem Alltagsleben zeigen und benennen. Damit werden Wortneuschöpfungen abgebaut und vergessene Begriffe
wieder in Erinnerung gerufen.

Wortreihen im Wechsel Patient – Pflegekraft bilden, z. B. Auto – Autotür – Türschloss – Schlosshof usw. Die Patienten
erlernen Begriffe und Wortzusammenhänge neu.

Selbst einfache, aber grammatikalisch richtige Sätze benutzen. Die Patienten sollen auf diese Art lernen, wieder in
sinnvollen Sätzen zu sprechen, die grammatikalisch richtig und verständlich sind.

Fragen stellen, die mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind. Die Patienten müssen sich nur auf eine Aussage
konzentrieren, bei schweren Sprachstörungen kann die Frage durch eine Geste beantwortet werden.

5. Hilfsmittel

Die Sprechtafel ist ein Karton, auf dem Zahlen, Wörter und Symbole abgebildet sind. Daneben befinden sich leere Felder, die mit selbstklebenden Zeichen nach den individuellen Bedürfnissen gestaltet werden können. Sie ist für die Aphasie gut geeignet. Der Patient kann auf die entsprechenden Felder zeigen und damit seinen Wunsch oder seine Frage verdeutlichen. Außerdem kann die Pflegeperson zur Verdeutlichung ihrer gesprochenen Frage die Tafel benutzen.

Das Kommunikationsbuch enthält auf der linken Seite Begriffe als Zeichnungen und auf der rechten das dazugehörige Wort, ähnlich den Bilderbüchern für Kleinkinder oder zum Erlernen erster Begriffe einer Fremdsprache. Dadurch fördert es neben der situationsbedingten Kommunikation auch das erneute Einüben des Lesens. Bild und Begriff werden wieder im richtigen Zusammenhang gesehen.

Alltalk ist ein Gerät, das mit einer künstlichen Stimme sprechen und mit der verschiedensten Programmen geladen werden kann. Zum Einsatz kommt Alltalk bei Dysarthrien oder Operationen am Kehlkopf. Unter Kommunikator versteht man eine Schreibmaschine in Kleinstformat, die am Unterarm oder um den Hals getragen wird. Der Sprachbehinderte tippt seine Botschaften auf einem Papierstreifen, den er seinem Gegenüber geben kann. Auch Spastiker können dieses Gerät benützen, da die Tasten weit auseinander angeordnet sind.

Kommunikation bei Aphasie
Weitere Quellen zur Kommunikation bei Aphasie

Möglichkeiten der Kommunikation mit aphasischen Patienten
Kommunikation und Umgang mit aphasischen Menschen

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