Infusionstherapie Seite 3
Parenterale Ernährung
Indikationen
- wenn die enterale Ernährung nicht mehr ausreicht
- Patient kann, darf oder will nicht essen
Man unterscheidet:
inkomplette parenterale Ernährung› er Patient kann noch einen Teil der Nahrung über
den Darm aufnehmen
totale parenterale Ernährung› der Darm wird vollständig umgangen
Wenn Magen oder Darm nicht mehr richtig arbeiten
Notwendig wird die parenterale Ernährung, wenn Magen oder Darm-etwa infolge einer Krankheit oder einer Operation-ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen können.
Auch wenn ein Patient vor Operationen oder bei lang dauernden Untersuchungen nicht essen soll, kann sich der behandelnde Arzt für eine parenterale Ernährung entscheiden.
Bei der künstlichen Ernährung über die Vene gelangen alle wichtigen Nahrungsbestandteile in Form ihrer molekularen Bausteine direkt ins Blut.
Der Organismus wandelt diese Nahrungsbestandteile ebenso in Energie und Baustoffe um, wie Nahrung, die über Magen und Darm aufgenommen wird.
Das Ergebnis ist also das gleiche, als wenn der Verdauungsapparat die Nahrung zerlegt.
Beispiele, die eine Parenterale Ernährung notwendig machen:
- schwere GI-Blutungen
- mechanische Obstruktion des Git
- schwere Diarrhöen
- unstillbares Erbrechen
- schwere Enterocolitis
- hoch dosierte Chemotherapie
- schwere Mangelzustände in Gegenwart eines nicht funktionierenden GIT
- mittlere bis schwere akute Pankreatitis
- nach größeren chirurgischen Eingriffen
- entzündliche Darmerkrankungen
- Hyperemesis gravidarum
Voraussetzungen für eine parenterale Ernährung
- stabiler Kreislauf
- stabile Atmung
- stabiler Wasser- und Elektrolythaushalt
Bei der parenteralen Ernährung werden verabreicht
- Kohlenhydrate (Zucker, Stärke) als sog. Monosaccharide: Traubenzucker, Fruchtzucker usw.
- Eiweiße (Proteine als Aminosäuren)
- Fette nur sehr beschränkt als Ölemulsion
- Vitamine und Mineralstoffe in wasserlöslicher Form
Stufenweiser Aufbau der parenteralen Ernährung
1. Stufe 24 – 48h → nach kleinen OPs oder bei leichten Vergiftungen mit einer voraussichtlichen Nahrungskarenz von weniger als 48 Std.
→ Flüssigkeit und E´lyte, ca. 400 kcal reichen aus
→ können peripher venös laufen
2. Stufe 24 – 94h → bei einer Nahrungskarenz von 2 bis 3 Tagen oder leicht kata boler (=abbauender) Stoffwechsellage benötigt der Patient mehr Kalorien und zusätzlich Aminosäuren.
→ Fettzufuhr ist nur bei Patient in schlechtem EZ erforderlich
→ Grundstufe peripher venöse Ernährung
Wasser, E´lyte, Aminosäuren
3. Stufe 72 – 96h → bei einer Nahrungskarenz von mehr als einer halben Woche und/oder bei schlechtem EZ muss der Patient über einen ZVK vollständig parenteral ernährt werden.
→ individuelle zentral venöse Ernährung mit Einzel-Komponenten
KH, Aminosäuren, Fette → bis zu 4000 kcal
(peripher venöse nur einzeln zu verabreichen)
Eiweiß
→ darf bei der Ernährung über die Venen nicht fehlen
→ alle Organe des Körpers benötigen Eiweiß, um funktionieren zu können
→ Eiweißstoffe übernehmen Transportfunktionen
→ sie sind Nachrichtenübermittler, bekämpfen Krankheitserreger
→ sie steuern und ermöglichen lebensnotwendige Stoffwechselreaktionen
→ Eiweiße sind ein wichtiger Baustoff, aus dem z. B. Muskeln, Haare oder Fingernägel überwiegend bestehen
→ sind aus Aminosäuren aufgebaut
→ Aminosäuren dürfen deshalb bei der PE auch nicht fehlen
→ für die Herstellung von Eiweiß benötigt der Körper 20 verschiedene Aminosäuren
→ der Organismus verknüpft die einzelnen Moleküle zu langen Eiweiß-Ketten, deren Baupläne in den Genen gespeichert wird
→ der Körper kann nur wenig Eiweiß speichern
→ der größte Teil des Eiweißes ist ständig im Einsatz
→ wenn der Mensch nun die dringend benötigten Aminosäuren nicht der Nahrung entnehmen kann, muss sie durch Abbau von körpereigenen Eiweißen gewinnen, die wahrscheinlich gerade eine wichtige Funktion ausüben
→ mit Infusionen von Aminosäuren-Lösungen kann ein solcher Verlust von Eiweißen verhindert werden
→ besonders wichtig dabei sind die Aminosäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann
→ der Bedarf dieser Aminosäuren muss über die Nahrung gedeckt werden
Fette
→ enthalten viel Energie und essenzielle Fettsäuren
→ die essenziellen Fettsäuren sind am Aufbau der Zellmembran beteiligt und spielen eine Rolle bei der Bereitstellung von Signalstoffen, die den Stoffwechsel regulieren
→ bei der PE erhalten die Patient-Fette in Form mikroskopisch kleiner Tröpfchen, die in einer Flüssigkeit schwimmen (Emulsion)
→ die winzigen Tröpfchen verteilen sich in Blut und können dann von den Körperzellen aufgenommen werden
→ mit Lipid-Emulsionen können kritisch kranke Patienten mit schnell verfügbarer Energie versorgt werden und gleichzeitig eine verlässliche Quelle für essenzielle Fettsäuren anbieten
Kohlenhydrate
→ sind die wichtigsten Energielieferanten
→ für die künstliche Ernährung über die Vene ist Traubenzucker (Glucose) allein ausreichend
→ Traubenzucker ist der „Universalbrennstoff“ im Organismus, den alle Körperzellen verwerten können
→ daher ist Traubenzucker auch einer der wichtigsten Nährstoffe bei der parenteralen Ernährung
Glutamin
→ schützt bei schwerer Krankheit
→ hat im Stress-Stoffwechsel, also bei schweren Krankheiten, eine wichtige Bedeutung
→ eine parenterale Ernährung ohne Glutamin würde innerhalb weniger Tage zu einer Schädigung der Darmschleimhaut führen und zu einer Beeinträchtigung des Immun-Systems
→ da sich Glutamin nicht in Wasser löst und in Lösung nicht stabil ist, wird es mit einer weiteren Aminosäure, dem Alanin verknüpft
→ diese kurze Kette aus zwei Aminosäuren lässt sich gut in Wasser auflösen und ist sehr stabil
→ gelangt es mit der Infusionslösung in die Blutbahn, spaltet der Körper die chemische Bindung zwischen den beiden Gliedern der Kette
→ das dabei frei werdende Glutamin bewahrt die Darmschleimhaut vor Schaden, beugt einer Schwächung des immun Systems vor und schützt so vor einer Infektion
Omega-3-Fettsäuren
→ wirken entzündungshemmend und stimulieren das Immun-System
→ besonders nach Unfällen, großen OPs oder wenn eine Entzündung droht können Patienten von diesen Eigenschaften profitieren
→ PE ernährte Patient erhalten die Fette ebenfalls in Form mikroskopisch kleiner Tröpfchen, die in einer Flüssigkeit schwimmen (Emulsion)
→ in der Blutbahn verteilen sich die winzigen Tröpfchen und können von den Körperzellen aufgenommen werden
Kalium
- 20 mg Kalium muss in mindestens 500 ml Trägerlösung gelöst werden
- darf so gelöst auch über Braunüle laufen
- mehr als 20 mg Kalium darf nur über ZVK gegeben werden
Gefahr
- Gefahr, dass die Vene ansonsten überreizt
Glucose
- Glucose 20 % muss über ZVK laufen
- Glucose 5 % und Glucose 10 % dürfen auch peripher venös laufen
Aminosäuren
- müssen immer zeitgleich mit KH laufen
- wenn nicht gleichzeitig KH verabreicht werden, verwendet der Organismus die Aminosäuren zur Energiegewinnung und baut sie somit gleich wieder ab
Man kann zwei verschiedene Substanzen über ein Y-Stück einlaufen lassen.
Mehr als zwei Substanzen kann man nicht gleichzeitig über eine Braunüle laufen lassen,
da sonst die Osmolarität zu hoch wäre.
Welcher venöse Zugang?
- Peripher venös darf die Osmolarität nicht über 800 mosmol/Liter steigen
- < 800 mosmol/l muss peripher venös laufen
- > 800 mosmol/l muss zentralvenös laufen
Periphere Venen sind dünner, es kommt schneller zu Venenreizungen.
Peripher venös
→ Aminosäuren + Fette → y-Stück
→ Aminosäuren + KH (Glucose < 20 %)
→ Aminosäuren + KH (Glucose < 20 %) + E´lyte (keine Elektrolytkonzentration)
→ KH (Glucose < 20 %) + E´lyte
→ KH (Glucose < 20 %) + Fette → y-Stück
→ Blut
→ Albumine
→ Fette (dürfen aber nicht mit Elyten gemischt werden)
Zentral venös
→ Siehe oben, außer Blut
→ Fertiglösungen zur parenteralen Ernährung (da sie eine hohe Osmolarität haben)
→ Elektrolyt Konzentrate
→ Glückssteinfusionen > 20 %
Kompatibilität von Lösungen
- Verträglichkeit von Medis muss immer geprüft werden
- Durch das Zumischen zweier oder mehrerer Medis kann die Wirkung verändert werden → starke NW
Arbeitsblatt 5.1 Basisbedarf
Arbeitsblatt Kompatibilitätswegweiser
Kompatibilität (Verträglichkeit)
Medis, die einzeln angeboten werden, müssen bei einer Kombination untereinander auf deren Kompatibilität geprüft werden.
Viele Medis vertragen sich untereinander nicht, sie sind inkompatibel. Sie gehen eine neue Verbindung ein und können schädigend auf den Organismus wirken (toxisch).
Inkompatibilität durch:
Physikalisch-chemische Reaktionen → durch Ausflockung des Medikamentes
→ Partikel Embolie
→ Bei Filterverwendung
→ Fehlerhafte Dosierung
Man unterscheidet:
1. sichtbare Inkompatibilität → Ausflockung, Färbung, Trübung
2. unsichtbare Inkompatibilität → muss laborchemisch nachgewiesen werden
Mischspritzen sollen generell unterbleiben!
Um eine Inkompatibilität zu reduzieren, sollte man ausschließlich Trägerlösungen zum Zuspritzen verwenden:
Trägerlösungen:
→ Elektrolytlösungen → Sterofundin, Normofundin G- 5, Ri-Lac, Kochsalzlösung und
Glucoselösungen
Nicht als Trägerlösung geeignet sind:
- Aminosäure Lösungen
- Fettlösungen
- Natriumbicarbonat Lösungen
- Mannit-Lösungen
- Kolloidale Lösungen
- Blut
Typisches Regime auf der Intensivstation
→ separater Zugang für → Katecholamine
→ Analgosedierung
um die Applikationsgeschwindigkeit konstant zu halten (sie kann durch Schwankungen der Förderrate der Infusion beeinflusst werden)
Fallbeispiel:
Patient bekommt Aminoplasmal und Lipofundin, er klagt über:
Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz und Hitzewallungen
Maßnahmen:
→ Infusion abstellen
→ Kreislaufsituation einschätzen → Kontrolle des RR, Puls, Gesichtsfarbe, Schweiß
→ Äußerungen des Patienten in Bezug auf sein augenblickliches Wohlbefinden beachten
→ evtl. Schocklage
→ Atemsituation einschätzen → Atemgeräusche, Tachypnoe, Bradypnoe, Einsatz der
Atemhilfsmuskulatur, Zyanose
→ ggf. Oberkörperhochlagerung, ggf. „O2-“ Gabe nach AO
→ Arzt benachrichtigen
In welchen Infusionen sind die Elektrolyte Na, K, Ca enthalten:
Infusionsart |
Elektrolyte |
Gelafundin 4 % | 154 mmol /l Na |
Ringerlactat | 130 mmol /l Na4,5 mmol /l K |
Normofundin | 100 mmol /l Na18 mmol /l K |
Aminoplasmal P 0 – 10 % | 97 mmol /l Na25 mmol /l K |
Glukose 25 mit Elektrolyten | 40 mmol /l Na25 mmol /l K |
Arbeitsblatt „hydrostatischer Druck“
Weitere Quellen zur Infusionstherapie
Infusionstherapie: Gründe, Arten, Ablauf & Kosten
Infusionstherapie
Infusionen sicher verabreichen