Autor/in: Markus Hieber

Blutzuckermessung, Blutzuckerabweichungen, orale Antidiabetika und Insulin Seite 2

4. 3. 1. Nebenwirkungen

  • Laktatazidose
  • gelegentlich gastrointestinale (Magen und Darm betreffend) Beschwerden wie Diarrhöen (Durchfall) und abdominale (Abdomen = Bauch, Unterleib) Schmerzen
  • Blutbildveränderungen
  •  

4. 3. 2. Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • bei Einschränkung der Nierenfunktion (Kreatinin > 1.2 mg/dl), da es ausschließlich über die Niere ausgeschieden wird
  • alle Zustände, die zu einer Organischämie (blutleer, mangelnde Versorgung mit Blut) führen können (Herzinfarkt, schwere Arteriosklerose, schwere Lungen- oder Lebererkrankungen)
  • höheres Lebensalter (relativ)
  • Reduktionskost unter 1000 kcal./d
  • Metformin muss 48 h vor einer Kontrastmittelgabe abgesetzt werden

  •  

4. 4. Sulfonylharnstoffe

  • sie führen durch Stimulation der B-Zellen zu einer vermehrten Insulinproduktion und Insulinsekretion
  • unter Glimepirid sind bei gleicher Wirksamkeit die peripheren Insulinkonzentrationen geringer
  • bei Glimepirid genügt wegen dessen Wirkdauer eine Einmalgabe
  • Sulfonylharnstoffe finden ihren Einsatz, nachdem nicht Insulin stimulierende Substanzen ausgeschöpft sind
  • Einnahme erfolgt ca. 20 bis 30 min vor dem Essen
  • durch die vermehrte Insulinsekretion ist mit einer Gewichtszunahme zu rechnen
  • bevorzugt sollten schlanke Typ-2-Diabetiker behandelt werden
  • mit hervorragendem Erfolg kann bei einer Kombination mit Metformin oder Arcabose, eine unerwünscht hohe Insulin Stimulierung bei den übergewichtigen Typ-2-Diabetikern gedämpft werden
  • Kombination mit Insulin ist möglich
  • sie ersetzen weder diätische Maßnahmen noch die gegebenenfalls erforderliche Insulintherapie
  • in Deutschland werden Sulfonylharnstoffe meist zu früh im Krankheitsverlauf verordnet und ersetzen dann häufig die Diät; dadurch ist die Gewichtsreduktion erschwert und die Stoffwechselstörungen des Diabetikers nehmen eher noch zu

4. 4. 1. Nebenwirkungen

  • allergische (Haut-)Reaktionen
  • Blutbildveränderungen
  • Leber Enzym Erhöhungen
  • gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Erbrechen)
  • Hypoglykämie (besonders bei Glibenclamid); sie kann regelmäßig rezidivieren (wiederkehren); ältere multimorbide (gleichzeitige Bestehen mehrerer Krankheiten) Diabetiker besonders betroffen; jede sulfonyl Harnstoff induzierte Hypoglykämie ist wenigstens 24 h zu hospitalisieren (Mortalitätsrate [Sterblichkeit]unter stationärer Behandlung 10 %)

4. 5. Benzoesäurederivate (Glinide)

  • es erfolgt eine Stimulierung der Insulinproduktion und Insulinsekretion
  • sie binden an den B-Zellen der Langerhans’schen Inseln an andere Rezeptoren als Sulfonylharnstoffe und hemmen ATP-abhängige Kalium-Kanäle, sodass es nach Einstrom von Ca und Depolarisation der Zelle zur Entleerung Insulin speichernder Granula kommt
  • sie steigern nach Glukose reiz die Insulinsekretion
  • Insulinfreisetzung erfolgt sehr rasch und kurzfristig in Abhängigkeit der Blutglukose Konzentration
  • Wirkung lässt relativ rasch wieder nach
  • Medikament muss zu jeder Mahlzeit eingenommen werden
  • Hypoglykämien sind wegen geringen Wirkdauer selten
  • Mahlzeiten können wegen der guten Steuerbarkeit verschoben werden
  • möglicherweise wird ein Hyperinsulinismus vermieden
  • bei Repaglinid ist eine flexible Blutzuckereinstellung bei relativ geringem Hypoglykämie-Risiko möglich
4. 6. Thiazolidindione
  • sie verbessern die Insulinwirkung, ohne selbst die Insulinsekretion zu beeinflussen (Insulin sensitizer)
  • sie verändern die Vorgänge an den Fett-, Muskel- und Leberzellen; dadurch sinkt die Insulinresistenz und das Insulin kann wieder besser wirken; sie erhöhen die Insulinempfindlichkeit des Fett- und Muskelgewebes (verringern die Insulinresistenz)
  • interessant für Typ-2-Diabetes
  • Wirkung tritt nach ca. 4 – 8 Wochen ein
  • Dosierung unabhängig vom Essen, 1x täglich
  • es kann eine gute Blutzuckersenkung, bei deutlicher Verminderung der zirkulierenden Insulinkonzentration erreicht werden
  • schwere Nebenwirkungen vereinzelt bei Troglitazon (Leberversagen mit teilweise tödlichem Ausgang) beobachtet
4. 6. 1. Nebenwirkungen
  • Gewichtszunahme
  • Ödembildung
  • momentan nicht zugelassen für Monotherapie und Kombinationstherapie mit Insulin
  • bei Kombination mit Insulin sind die Nebenwirkungen verstärkt und es kann zu Herzinsuffizienz führen
  • keine Langzeiterfahrungen
4. 7. Zusammenfassung orale Antidiabetika.

Medikament: Alpha-Glukosidase-Hemmstoffe

Charakteristik
:

  • nicht Insulin stimulierend
  • Hemmung der Kohlenhydrat-Resorption
  • postprandiale Blutzuckeranstieg vermindert
  • Monotherapie kein Hypoglykämie-Risiko
  • eher Abnahme Körpergewicht

Nebenwirkungen:

  • Magen-Darm-Beschwerden
  • allergische Hautreaktionen

Medikament: Biguauide
Charakteristik:

  • nicht Insulin stimulierend
  • verstärkt Wirkung körpereigenem oder exogen zugeführtem Insulin
  • Monotherapie keine Hypoglykämie
  • eher Abnahme Körpergewicht

Nebenwirkungen:

  • Laktatazidose
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • abdominale Schmerzen
  • Diarrhö
  • Blutbildveränderung

Medikament: Sulfonylharnstoffe
Charakteristik:

  • Insulin stimulierend
  • eher Zunahme Körpergewicht

Nebenwirkungen:

  • allergische (Haut-)Reaktionen
  • Blutbildveränderungen
  • Leber Enzym Erhöhungen
  • gastrointestinale Störungen
  • Hypoglykämie

Medikament: Benzoesäurederivate
Charakteristik:

  • Insulin stimulierend
  • – Wirkung rasch und kurzfristig

Nebenwirkungen:

  • selten Hypoglykämien

Medikament: Thiazolidindione
Charakteristik:

  • nicht Insulin stimulierend
  • erhöhen Insulinempfindlichkeit
  • Zunahme Körpergewicht

Nebenwirkungen:

  • Ödembildung
  • nicht zugelassen für Monotherapie und Kombination mit Insulin
  • Insulin verstärkt Nebenwirkungen; Herzinsuffizienz

5. Insulin

Das meiste heute verkäufliche Insulin wird gentechnisch erzeugt und nur wenig Insulin wird aus Rindern und Schweinepankreas gewonnen. Das gentechnisch erzeugte Insulin ist identisch mit dem körpereigenen Insulin, sodass keine Allergien entstehen können.

5. 1. Insulinarten

Man unterscheidet drei Gruppen von Insulinen:

1. Normales Insulin (auch als „Alt Insuline“ bezeichnet). Wirken nach ca. 30 Minuten und die Wirkung hält ca. 4 – 6 Stunden an.
2. Verzögerung-Insuline (auch als „Depot Insuline“ bezeichnet). Durch die Bindung des Insulins an Zinksalze oder an basische Eiweißkörper kommt der Verzögerungseffekt zustande. Wirken bis zu 36 Stunden.
3. Kombinations-Insulin.

Die Verzögerung Insuline werden unterteilt in

Intermediär Insulin (wirken bis zu 24 h)
Langzeit-Insulin (wirken bis zu 36 h)

5. 2. Therapieformen
5. 2. 1. Überblick

Die Dosierung des Insulins sollte auf den Bewohner spezifisch zugeschnitten sein. Faustregel: Ein Typ-2-Diabetiker sollte pro kg Körpergewicht täglich 0,6 – 0,8 Injektionseinheiten Insulin erhalten. Doch der menschliche Körper produziert nicht immer die gleiche Menge Insulin. Permanent gibt die Pankreas basales Insulin frei, aber nach den Mahlzeiten, also postprandial, gibt die Bauchspeicheldrüse noch zusätzliches Insulin frei. Mischinsulin werden angewandt, um diese nicht-konstante, körpereigene Blutzuckerkurve zu imitieren. Die Therapieformen sind unterschiedlich gut der natürlichen Blutzuckerkurve angepasst und verschieden aufwendig. Man unterscheidet drei Therapieformen:

1. Die konventionelle Insulintherapie (CT)
2. Die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)
3. Therapie mit Insulinpumpe.

5. 2. 2. Die konventionelle Insulintherapie (CT)

Zweimal täglich wird dem Patienten Mischinsulin, das aus Normalinsulin und Verzögerung-Insuline zusammengesetzt ist, gespritzt. Fest steht bei dieser Therapie, zu welchem Zeitpunkt der Patient wie viel Insulin erhält und in welchem Mischverhältnis es sich befindet.

Vorteil: Die Therapie ist wegen des strikten Zeitablaufs und der immer gleichbleibenden Mengen und Mischungsverhältnisse sehr einfach. Zudem muss der Patient nur zweimal täglich gespritzt werden und BZ-Messungen müssen nicht so häufig vorgenommen werden.

Nachteil: Die Essgewohnheiten müssen sich nach dem gespritzten Insulin richten, d. h. die konventionelle Therapie ist nicht physiologisch. Drei Mahlzeiten würden nicht ausreichen, weil es zeitweise zur Unterzuckerung käme. Der Patient muss die Lücken mit Zwischenmahlzeiten füllen und insgesamt 5 – 6 Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen. Auch darf er nicht zu viel essen, weil diese Therapie nicht variabel ist.

5. 2. 3. Die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)

Die intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) ist wesentlich flexibler als die konventionelle Insulintherapie. Mehrmals täglich, also ca. vier- bis fünfmal, muss der Blutzucker-Wert gemessen werden. Die Menge des injizierten Insulins richtet sich nach Menge der zugeführten Broteinheiten und nach dem Blutzucker-Wert. Beispielsweise wird bei einer Therapie einmal täglich ein Verzögerung-Insulin und dreimal täglich ein kurz wirksames Insulin gespritzt.

Vorteil: Die Insulinzufuhr ist optimal an die BZ-Kurve angepasst. Bei dieser Therapie wird die natürliche Ausschüttung von Insulin durch die Pankreas sehr präzise nachgeahmt, sodass diese Therapie fast physiologisch ist. Die Flexibilität der Therapie lässt den Patienten ein abwechslungsreicheres Leben führen.

Nachteile: 1. Der Patient muss sehr genau über seine Krankheit, über BZ-Werte und über Insulin Bescheid wissen. Seine Compliance muss hervorragend sein. Deshalb kommt diese Therapie eher für jüngere, anpassungsfähigere Menschen als für ältere, in ihren Lebensgewohnheiten behaftete Menschen infrage.
2. Störend für den Patienten ist an dieser Therapie das häufige BZ-Messen und die Vielzahl der täglichen Insulininjektionen.

5. 2. 4. Therapie mit Insulinpumpe.

Mit der Insulinpumpe wird kontinuierlich subkutan Normalinsulin in die Bauchdecke injiziert. Der Patient trägt die Pumpe an einem Gürtel um den Bauch. Die Pumpe ist computergesteuert. Der Computer misst den Blutzuckerverlauf und steuert entsprechend der BZ-Werte die Insulininjektion.

Vorteil: Das häufige Spritzen entfällt.

Nachteile: Der Patient verlässt sich zu sehr auf die Pumpe und beobachtet körperliche Veränderungen nicht mehr adäquat.

5. 3. Regeln für die Insulingabe.

Insulinpens sollen die Insulineinnahme vereinfachen; der Insulinpen ist durch drei Sinne erfassbar:

1. Mittels Tastsinn ist bemerkbar, ob der Insulinpen weit genug aufgezogen ist.
2. Das Einrasten des Drehteils des Pens ist zu hören.
3. Die Zahlenskala oder die Digitalanzeige sind zu sehen.

Patrone nach dem Entnehmen entsorgen. Wenn man die Patrone wieder in den Pen stecken würde, dann käme es zu Mess-Verfälschungen. Der Inhalt der Patrone muss klar, farblos und so dünnflüssig wie Wasser sein. Ist dies nicht der Fall, wird die Patrone in den Fingern hin- und hergerollt. Bleiben die Trübungen trotz Rollens erhalten, wird die Patrone verworfen. Desinfektion des oberen Teils des Pens, an dem die Nadel angebracht wird, um Infektionen zu vermeiden. Luftbläschen aus der Patrone entfernen, um Dosierungs-fehler zu vermeiden. Aufbewahrung im Kühlschrank, solange sie unbenutzt sind.

Nach der ersten Benutzung Pen nicht in den Kühlschrank legen. 28 Tage lang kann der Pen bei Zimmertemperatur aufbewahrt werden. Ist der Bewohner respektive die Bewohnerin nicht optimal eingestellt, dann muss man prüfen, ob man den Pen richtig bedient hat und ob die Injektionsorte für die Injektion überhaupt geeignet sind. Vor einer Änderung der Insulindosis sollten die Lebensumstände des Bewohners berücksichtigt werden.

Human Insuline sind in zwei Konzentrationen im Handel:

  • 40 I.E. (= Injektionseinheiten) pro ml
    100 I.E. pro ml
  • bei Verschlechterung der Nierenfunktion sinkt der Insulinbedarf
  • Insulin wird subkutan injiziert, also unter die Haut.
  • Injektionsorte: Oberarm, Oberschenkel, Gefäß oder Abdomen
  • Injektionsstellen und – nadeln regelmäßig wechseln!
  • Auf den Spritz-Ess-Abstand achten!
  • Die Wirkung von Insulin wird durch andere Medikamente verstärkt oder vermindert:

Medikamente, die die Blutzucker senkende Wirkung des Insulins verstärken

Beta-Blocker

  • Salicylate
  • Äthanol

Medikamente, die die Blutzucker senkende Wirkung des Insulins vermindern

  • Kortikoide
  • Schilddrüsenhormone
6. Fazit

Diabetes mellitus ist trotz der Therapiemöglichkeiten unheilbar. Die bisherigen Behandlungsmethoden des Diabetes mellitus helfen es lediglich, Folgeschäden aufzuhalten oder gar zu verhindern. Die oralen Antidiabetika gehen mit vielen Nebenwirkungen einher und die Insulintherapie ist wegen der Einstiche unangenehm und erfordert eine große Disziplin und Umstellung der Ess- und Lebensgewohnheiten. Die Alternativen zu oralen Antidiabetika und Insulintherapien sind noch nicht ausgereift. Die Inselzellentransplantation und die Herstellung künstlicher Bauchspeicheldrüsen sind noch in der Versuchsphase. Bauchspeicheldrüsen werden nur selten transplantiert.

Diabetes mellitus Typ 2 ist aber vermeidbar. Diabetes mellitus Typ 2 ist eine Wohlstandkrankheit, die bei entsprechender Veranlagung vorwiegend durch Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung entsteht. So sollte das Hauptaugenmerk der Gesundheitspolitik darauf liegen, die Ausbreitung von Diabetes mellitus Typ 2 zu verhindern. Das sollte mit einem Appell an die Menschen einhergehen, Eigenvorsorge zu treffen. Ernährungskurse in Schulen sollten Standard sein und sportliche Betätigungen sollten auch ohne Leistungsdruck möglich sein. Der Spaßfaktor sollte im Sport größer werden, sodass sich auch die „Couchpotatoes“, also die Sofa-Kartoffelchips Esser, bemüßigt fühlen, sich mehr zu bewegen.

7. Quellen
7. 1. Bücher

Köther, Ilka, Hg. Thiemes Altenpflege. Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag, 2005.

Menche, Nicole, Hg. Pflege heute. Lehrbuch und Atlas für Pflegeberufe. 2., vollständig überarbeitete Auflage. München/Jena: Urban & Fischer bei Elsevier, 2001.

Räth, Ulrich. Medikamentenlehre für Altenpflegeberufe. 2., neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. Stuttgart: Wissenschaftliche Buchgesellschaft mbH, 2004.

Sailer, Dietmar. Diabetes mellitus verstehen – beraten – betreuen. Stuttgart: Wissenschaftliche Buchgesellschaft mbH, 2001.

Sanofi-Aventin Diabetes-Team. Mit Diabetes leben. Information für Menschen mit Diabetes. Berlin: Sanofi Aventis Deutschland GmbH, o. J.

7. 2. Webseiten zum Thema Blutzuckermessung

https://www.altenpflegeschueler.de/krankheiten/diabetes-mellitus.php
http://www.netdoktor.de/laborwerte/fakten/blutzucker/blutzucker.htm

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