Autor/in: Rainer Frühsammer

Aktivierende Pflege

Was bedeutet aktiv, aktivierend?

Der erste Abschnitt dieses Berichtes beschäftigt sich mit der Begriffsdefinition der Verben „aktiv“ und „aktivierend“.

Aktiv kommt aus dem Lateinischen und bedeutet:

Handeln, teilnehmen, wirksam, tätig, aktivieren, kommt ebenso aus dem Lateinischen.
Im Bertelsmanns Lexikon wird aktivieren in vier Kategorien eingeteilt:

1.) Allgemein: aktiv machen
2.) Chemie: einen Stoff in einen energiereichen, chemisch reaktionsfähigen Zustand bringen.
3.) Physik: ein stabiles Element durch Bestrahlung, z. B. mit Neutronen, künstlich radioaktiv zu machen.
4.) Wirtschaft: Vermögensgegenstände eines Unternehmens mit einem bestimmten Wert auf der Aktivseite der Bilanz ansetzten.


Nachdem wir in einem Unterricht über ein Experiment in Bezug auf Aktivierung gesprochen haben, begann ich damals näheres darüber zu finden. Es handelt sich um ein Experiment aus dem Jahr 1954 der Forscher Bexton, Heron und Scott. Studenten wurden für mehrere Tage in reiz abgeschirmte Räume gebracht, dabei trugen sie Brillen, Manschetten an Arm und Händen. Somit wurde gesichert, dass jegliche taktile und visuelle Wahrnehmung unmöglich war. Während des Experimentes kam es bei den Studenten zu schweren Halluzinationen und schwerer Beeinträchtigung der intellektuellen Fähigkeiten. Trotz hoher Bezahlung brachen viele Studenten das Experiment ab, da sie die Situation nicht mehr ertragen konnten.

Das Ergebnis dieser Studie:

Der Körper benötigt gewisse Reize!

Ich glaube, dass auch manche unserer Heimbewohner ohne die taktilen und visuellen Wahrnehmungen leben müssen. Menschen, die regungslos in ihren Betten dahin vegetieren. Menschen, die durch starke körperliche Einschränkungen keine eigenständige Wahrnehmung mehr haben und ohne eigene Reize sind. Reize können durch Aktivieren ausgelöst werden.

Was bedeutet aktivierende Pflege?

Als weiteren Schritt beschäftigte ich mich mit der Frage: Gibt es eine Abgrenzung von „Grundpflege“ zur „aktivierenden Pflege?“ Das sind zwei grundsätzlich verschiedene Methoden. Versorgende Pflege ist allgemein die Pflege, die erbracht wird, um die Grundbedürfnisse eines Menschen an Pflege zu befriedigen, also die Unterstützung auf allen Gebieten der ATL’s.
Der alte Mensch ist dabei oftmals passiv!

Aktivierende Pflege ist dagegen die Art so zu pflegen, dass dem Bewohner nicht alles aus der Hand genommen wird. Und dass aus der pflegerischen Versorgung keine Abhängigkeit wird, nur weil es z. B. schneller geht, oder er das nicht nach den Vorstellungen des Pflegenden verrichtet. Zur aktivierenden Pflege gehört es, den Bewohner zur Selbstständigkeit anzuregen und zur Ausführung zu ermutigen. Hierfür ist für das Pflegepersonal ein erhöhtes Zeitpotential erforderlich. Doch bei kontinuierlicher Durchführung wird die Zeitersparnis für das Pflegepersonal spürbar – jedoch bald schon kann bei konsequenter Durchführung des gesamten Pflegeteams Zeit eingespart werden, da der Bewohner eigenständiger wird und weniger Unterstützung in Anspruch nimmt. Dies bedeutet nicht nur für, sondern hauptsächlich mit dem alten Menschen tätig zu sein. Zu oft werden Heimbewohner therapiert, aktiviert, trainiert……; ohne dass sie tatsächlich in die Maßnahme miteinbezogen wurden.

Ziele der aktivierenden Pflege

Bei der aktivierenden Pflege werden die körperlichen, geistigen, emotionalen und sozialen Fähigkeiten der Bewohner gefördert und erhalten. Dies geschieht durch zielgerichtete Maßnahmen oder Aktivitäten. Für desorientierte Menschen kann eine zeitlich strukturierte und kontinuierliche Maßnahmen Erbringung nützlich sein, um eine Zeitrastereinteilung zu finden. Beispiel: Beim betroffenen Bewohner wird täglich, unter Berücksichtigung des Schlafrhythmus, die Maßnahme der Körperpflege um dieselbe Zeit durchgeführt. Der Tagesablauf wird nach ihren Ressourcen strukturiert. So haben Sie die Möglichkeit, nach einer Eingewöhnungsphase die Zeit selbst abzuschätzen.

Ich selbst habe bei meiner Validation Ausbildung diese Erfahrungen bei desorientierten, verwirrten Menschen der Phasen 1 und 2 erlebt. Nach jeder Validation-Sitzung habe ich mich neu terminiert und darauf geachtet, dass ich immer am gleichen Wochentag und zur selben Stunde kam. Die Bewohner wussten schon nach wenigen Sitzungen, wann ich komme und warteten auf mich. Die Kernaufgabe besteht darin, die Ressourcen der noch vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Bewohner auszuschöpfen. Diese Fähigkeiten sind den vorhandenen Einschränkungen anzupassen, damit die Patienten ihre Lebenssituation mitgestalten und sich mit sich selbst und ihrer Umwelt auseinandersetzen können.

Aktivierende Pflege trägt zum seelischen Wohlbefinden bei, indem sie Ausdrucksmöglichkeiten schafft, das Selbstwertgefühl stärkt und Sicherheit vermittelt.

Verbessert das soziale Wohlbefinden durch gemeinsame Aktivitäten im vertrauten Kreis und durch Kontakte zur Außenwelt. Fördert die Fein- und Grobmotorik durch Bewegungstraining und gezielte Übungen. Stimuliert die sinnlichen Wahrnehmungen von Nase, Ohren, Mund, Haut und Augen. Bietet Programme, welche die geistigen Fähigkeiten aktivieren. Die Selbstständigkeit und die persönliche Wertschätzung der alten Menschen zu erhalten und zu fördern. Wiedererlangen verlorener Fähigkeiten. Erreichen einer weitgehenden Unabhängigkeit von der Pflegekraft. Hilfe zur Selbsthilfe gibt den Betroffenen ihre Selbstsicherheit, ihr Selbstwertgefühl und ihre Selbstachtung zurück.

Kompensatorische Pflege (alles wird dem Bewohner abgenommen) führt anzuhaltender und anwachsender Pflegebedürftigkeit mit steigendem Pflegeaufwand.

Durch das Anwenden der Hilfe zur Selbsthilfe sollen:
– soziale Defizite (Isolation)
– psychische Defizite (nachlassende Selbstachtung)
– Körperliche Defizite (Steigerung des Pflegebedarfs)
vermindert oder vermieden werden.

Nachlassende Fähigkeiten im Selbstpflegebereich können zu einer Steigerung des Pflegebedarfs und des Pflegeaufwands führen. (Körperlich)

Nachlassende Fähigkeiten im Selbstpflegebereich können zu nachlassendem Selbstwertgefühl und nachlassender Selbstachtung führen. (psychisch)

Nachlassende Fähigkeiten im Selbstpflegebereich können zur Isolation führen. (sozial)

Schwierigkeiten und Grenzen

Für mich war und ist auch heute vielmals die schwierigste Aufgabe den Bewohner so zu motivieren, dass es für ihn erkennbar – welchen Sinn, Zweck und wie wertvoll seine aktive Mitarbeit – ist. Die Vorteile einer individuellen Gesprächsführung sind mir in der Theorie bekannt. Hierzu gehört auch das Vermitteln von Erfolgserlebnissen, ohne die Glaubwürdigkeit zu verlieren. Ihm in verständlichen Schritten, die Maßnahme durch Anleiten, Führen und Beraten näherzubringen. Bei einer Bewohnerin habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie die aktivierende Pflege als Handlung gegen sie wertet und Drohungen ausspricht: „Ich werde mich bei der Heimleitung beschweren, dass sie mich nicht gut pflegen!“ Andere wiederum kommen mit Argumenten: „Was soll das alles, ich bin alt und sterbe bald, für wen soll ich das tun?“, oder „warum bezahle ich hier Unsummen und soll mich auch noch abmühen, dass das Personal weniger arbeiten muss?“

Verschärft wird die Gesamtsituation, wenn Kollegen selbst nicht von der Wichtigkeit verschiedener Maßnahmen überzeugt sind, oder sich scheuen, den Bewohnern unbequeme Anforderungen zu stellen. Eine Überversorgung spart natürlich Zeit und scheint einigen Bewohnern zu gefallen. (Schleichende Entmündigung) viele Kollegen meiden eine konstruktive, sicherlich manchmal unbequemen Auseinandersetzungen mit den Bewohnern. Ich will sicherlich keine Auseinandersetzung für gutheißen, aber den Weg einer offenen und sachlichen Diskussion, bei dem als Fernziel das Wohl des Bewohners steht, sehe ich als Aufgabe einer ganzheitlichen Pflege.

Zeitdruck, Verantwortung gegenüber allen Heimbewohnern, Krankheitsbild und Schmerzen, akute Krankheitsbilder, ärztliche Anordnungen. Sympathie/Antipathie von Heimbewohnern und Personal, Sturheit der Bewohner, aber auch Sturheit Personal „das macht man immer schon so, geändert wird nichts.“ oder zu hohe Ziele sind Faktoren, die aktivierende Pflege stark blockieren.

Pflegerisches Handeln muss deshalb die individuelle Situation des zu Pflegenden berücksichtigen und der Pflegende muss seine Handlungen an der Bedürfnislage und den Besonderheiten der zu Pflegenden orientieren. Bei einem gegenseitigen Akzeptieren der unterschiedlichen Persönlichkeiten, deren Ressourcen und Probleme, in Einbezug der Biografie und der persönlichen Würde, können erkennbare Erfolgserlebnisse erreicht werden. Oft dauert es eine lange Zeit geduldiger Zusammenarbeit mit Kollegen, Vorgesetzten, Ärzten, Angehörigen und vor allem mit dem zu betreuenden alten Menschen selbst, bis kleine Schritte der Selbstständigkeit erkennbar sind. Jedoch, das ist die Motivation und das Erfolgserlebnis unseres Berufes. Ich bin überzeugt, dass gerade die aktivierende Pflege der Maßstab eines jeden professionellen Altenpflegers/in prädestiniert.

Aktivierenden Pflege in den Aedl’s

Kommunikation:

Bewohner zuhören, ihn aussprechen lassen, bei nicht verständlichem nachfragen, nicht dagegen antworten, nichts kommentieren und beurteilen, Empathie zeigen und ihn ernst nehmen. Seine Gefühle annehmen.

Bewegung:

Aktivierung bei Bewegung, Transfer, Heben und Tragen. KG ermöglichen (Zusammenarbeit mit Krankengymnast) Mitarbeit einfordern, auch beim Lagern.

Vitale Funktionen:

Pflege als vorausschauendes, prophylaktisches Handeln zur Vorbeugung von Dekubitus, Kontrakturen, Mundkrankheiten, Lungenentzündung, Thrombose und Obstipation, Atemübungen oder Kreislaufübungen erlernen, jedoch auf Krankheitsbild und Gesundheitszustand achten.

Pflege:

Anleitung, Begleitung, Beratung und Motivation zur Selbstpflege.

Essen und Trinken:

Bewohner Zeit geben, um selbst essen zu können. Hilfsmittel wie Warmhalteteller bereitstellen. Essen Manieren, wenn auch mit den Händen, nicht kommentieren, eher bestätigen.

Ausscheidung:

Unterstützung bei der Ausscheidung, Umgang mit Inkontinenz. Eventuell bei Toilettentraining Bewohner Wecker zur Verfügung stellen, der ihn in einem vereinbarten Zeitrhythmus an den Toilettengang erinnert. Über Inkontinenz mit Bewohner sprechen. Je nach Inkontinenz Art Lösungen ausarbeiten.

An- und Auskleiden sowie Kleiderauswahl:

Selbstständige Kleiderauswahl treffen lassen, auch wenn Kombination nicht immer passt. Hier kann es zwar zum Konflikt mit Angehörigen kommen, aber der Bewohner steht im Vordergrund.

Ruhen und Schlafen:

Selbstständige Entscheidung über den Schlaf berücksichtigen. Durch Aktivitäten den Schlaf-Wachrhythmus an die innere Uhr anpassen. Selbstentscheidung über Bettbezug, Kissen und Decken. Bewohner soll entscheiden, wann er aufstehen will.

Sich beschäftigen:

Durch altengerechte Gymnastik, Spiele, Musik, Teilnahme an BT und Ausflüge, Kino- u. Stadtbesuche, Zusammenarbeit mit Angehörigen, die Aktivitäten mit Unternehmen. Interessenangebot nach Biografie Auswertung.

Sich als Mann/Frau fühlen können:

Bewohner Freiräume und Privatsphäre geben und tolerieren Sein Eigentum und seine Umgebung achten. Seine sexuellen Bedürfnisse ausleben lassen. Nie das Zimmer ohne Anklopfen betreten und dem Bewohner die Zeit geben, bevor man eintritt.

Für Sicherheit sorgen:

Orientierungshilfen anbringen, sodass der Bewohner sich selbst zu Recht finden kann. Kalender und Uhr in lesbarer Größe bereitstellen. Zimmereingang kennzeichnen. Medikamentengabe wird vom Pflegepersonal überwacht. Trotz allem kann man auch hier aktivierend tätig sein, indem man ihm die Einnahme selbst durchführen lässt, trotzdem seine Aufsichtspflicht nicht vernachlässigt.

Soziale Bereiche des Lebens sichern können:

Das Sozialverhalten und die Kontakte des Bewohners sind mit unter die wichtigsten Kriterien, wie sich der Mensch fühlt, die seine Ausgeglichenheit mit beeinflussen. Die aktivierende Pflege kann im Bereich Sozialverhalten eine Menge tun. Nehmen wir die Rolle der BT. Hier werden die Menschen durch verschiedene Veranstaltungen zusammengeführt. Es entstehenden Gespräche und hin und wieder Freundschaften oder Partnerschaften. Ich selbst würde dieses Zusammenführen mehr forcieren, unterstützen und fördern.

Kontakte zu den Freunden, Angehörigen, Vereine sollten stets gefördert und unterstützt werden. Auch ein Gespräch mit Angehörigen kann als aktivierende Pflege gewertet werden, wenn es dem Bewohner dient.

Mit existenziellen Erfahrungen des Lebens umgehen können

Gespräche, Problembewältigung durch Validation, Gruppentherapie

Regeln zur aktivierenden Pflege

  • Aktivierende Pflege ist ein Fordern nach Selbstständigkeit!
  • Einschätzung der Selbstpflegefähigkeit. Welche Hilfestellung wird benötigt?
  • Aktivierung der Ressourcen – unter Berücksichtigung der Pflegeplanung.
  • Aktivierung der Ressourcen – unter Berücksichtigung der derzeitigen Situation.
  • Aktivierung der Ressourcen – unter Berücksichtigung des täglichen Befindens.
  • Vermittlung des Gefühls der Begleitung – nicht das Gefühl der Abhängigkeit.
  • Aktivierende Pflege beinhaltet die Anleitung, Beratung, Begleitung und Unterstützung bei der Bewältigung der Verrichtungen im Alltag im Rahmen der individuellen Möglichkeiten.
  • Aktivierende Pflege beinhaltet die Stärkung der Motivation zur Mobilisation.
  • Aktivierende Pflege beinhaltet die Bewusstmachung von Ressourcen.
  • Aktivierende Pflege beinhaltet die Beobachtung und Korrektur des Prozesses.
  • Durchführung von präventiven/prophylaktischen Maßnahmen zur Vermeidung von Folgeerkrankungen oder Sekundärerkrankungen

Teil II:

Aktivierende Pflege, eigens angewendet

Gleich zu Beginn meiner Ausbildung legte meine Mentorin hohen Wert darauf, die Bewohner aktivierend zu pflegen. Ich konnte mir erst nicht viel darunter vorstellen, fand es sogar ein wenig herzlos nur dabeizustehen und Anleitungen zu geben. Bis zu einem gewissen Grad kam ich mir wie ein Lehrer vor, gerade das, was ich nie sein wollte. –Ich wollte für die Menschen da sein und ihnen jede Hilfestellung zukommen lassen, die sie benötigen und möchten. Ein großer Denkfehler in meinem Helfersyndrom! Ein großer Vorteil war für mich, dass meine Mentorin aktivierende Pflege in jeder Lage vorlebt und die Vorteile ihrer Pflege auch für einen Laien, wie für mich, zu erkennen waren.

Die Bewohner haben zu ihr eine starke Bindung, ein tiefes, echtes Vertrauen und bei der Pflege arbeiten sie aktiv mit. Ihre Akzeptanz reicht bis zu den Angehörigen, die die Pflege von ihr sehr schätzen. Das hat mir sehr imponiert und diese Kunst wollte ich auch beherrschen. Wir haben viel über die Pflege, über die Bewohner, deren Gefühle und Ängste gesprochen. Sie hat mir immer gute Tipps gegeben und stand, respektive steht mir bis heute, für jede Frage und Anforderung zur Seite.

Fehler werden nicht getadelt, sondern professionell mit Ziele und Änderungsvorschlägen erklärt. Sie hat die Begabung nicht nur die Bewohner, sondern auch die Mitarbeiter zu aktivieren, dass es Freude und Spaß macht es über einen anderen Weg zu versuchen und gleichzeitig zu motivieren.

Mit der Zeit begriff ich, dass ich immer sehr genau schauen musste, was die Bewohner gerade benötigten. Anfangs jammernden die Bewohner, aber schnell war mir klar, wann ich meine Hilfe dosiert einsetzen musste. Diese reduzierte sich spürbar und erste Erfolge konnten verbucht werden. Einige Bewohner trauten wieder allein zu gehen, sie konnten sich selbstständig bewegen, ihre Körperpflege übernehmen, etc. Hätte ich alle ihre Anforderungen blind erfüllt, hätte ich sie passiv gemacht und dann wären Sie immer abhängiger geworden.

– Entmündigung –

Im Oktober 2001 hatten wir einen Neuzugang einer Bewohnerin, die nach einer schweren Herzoperation und den Verdacht eines Pankreas-CA, direkt vom Krankenhaus auf unseren Wohnbereich. Sie war sehr schwach, depressiv und hatte wenig Lust noch weiterzuleben. Anfangs war sie bettlägerig. Meine Mentorin setzte in mich viel Vertrauen und wollte, dass ich mich in den kommenden Wochen sie versorge. Unter ihrer Anleitung aktivierten wir Frau X.
Bereits nach dem zweiten Tag setzten wir sie an den Bettrand, motivierten sie so weit, ihr Gesicht und Oberkörper selbst zu waschen. Jeden Tag etwas mehr. Ebenso mit dem Essen und dem Gehen. Anfangs nur wenige Schritte im Zimmer, dann den Flur auf und ab. Heute ist sie eine Bewohnerin, die bis auf das Anziehen der Kompressionsstrümpfe keine weitere pflegerische Unterstützung benötigt.

Heute kümmert sie sich um andere Bewohner, hilft bei kleineren hauswirtschaftlichen Arbeiten mit und macht sogar ihr Bett selbst. Das vergangene Weihnachtsfest verbrachte sie bei ihren Kindern zu Hause. Sie hat Spaß am Leben und ist eine sehr dankbare, liebenswerte Bewohnerin. Sie selbst erwähnt regelmäßig, dass sie ohne unsere Hilfe es nie geschafft hätte, sich wieder aufzurappeln. Viele solche Beispiele könnte ich nennen. Ein Stück Stolz und Selbstbestätigung stehen hinter den Bewohnern, die man aktiviert.

Ich selbst liebe es aktivierend zu pflegen. Für mich mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, die positiven Möglichkeiten der Bewohner zu fördern. Durch meine Ausbildung zum Validation Anwender konnte ich ebenso erfreuliche Erlebnisse erfahren. In der Validation arbeitet man mit den Gefühlen der dementen Menschen. Man aktiviert sie, durch Gespräche ihr Leben, ihre Probleme und Sorgen aufzuarbeiten. Die Klienten, so nennt man sie bei der Validation, haben mir Lebenssituationen geschildert, die teilweise mehr als erschreckend sind. Jedoch nach mehreren Sitzungen ist für jeden erkennbar, dass der Mensch wieder mehr am Leben teilnimmt und aufgeschlossener wird.

In meiner weiteren Ausbildung zum Aroma Experten, die ich im kommenden Mai absolviere, habe ich gelernt, mit Düften der ätherischen Öle Reize zu schaffen. Ätherische Öle sind kein Wundermittel, aber wunderbare Mittel, um Stimmungen zu erzeugen, das Sinnesorgan anzuregen und Erinnerungen zu wecken. In der Vorbereitung zum Projekt hat sich gezeigt, dass die basalen Reize z. B. einer guten Mahlzeit primär über den Geruch erfolgen. Düfte steigern das Wohlbefinden in den unterschiedlichsten Formen.

Über elektronische Duftzerstäuber werden die Fluren, Aufenthaltsräume und Zimmer beduftet. Bewohner, Besucher, Angehörige und Kollegen haben die Veränderung im Haus positiv wahrgenommen. Mein Ziel ist es, wie bereits erwähnt, die Sinne anzusprechen, Atmosphäre zu schaffen, dass die Besucher länger bleiben und öfters kommen. Ich beobachtete, dass durch die Beduftung des Aufenthaltsraumes, die Bewohner nicht gleich nach dem Essen aufgestanden sind. Sie haben sich gut unterhalten und mit schöner Musik wurde eine wunderschöne Harmonie erzeugt. Zu Weihnachten wurde der Raum mit Zimtduft beduftet und es wurde über die Weihnachtsbäckerei und anderen Leckereien gesprochen.

Welcher Duft ist, wann einzusetzen:

  • 2 Zeder, 2 Manuka, 5 Mandarine 2 Sandelholz bei Ängste
  • Zitrone, Pfeffer schwarz Gedächtnis stärkend (stark keimtötend Zitrone)
  • Pfefferminz Luftreinigend konzentrationsfördernd
  • Eukalyptus Immunstärkend
  • Rosmarin Anregend
  • Thymian reinigt die Atmosphäre und Raumluft
  • Kamille, Lavendel, Majoran, Neroli wirken beruhigend
  • Kardamom, Lemongras, Rosmarin, Wacholder wirken stärkend
  • Grapefruit, Jasmin, Rose, Stimmung hebend

Welche Arbeitsmittel werden eingesetzt?

Für die aktivierende Pflege auf der Station sind eine geringe Anzahl von Arbeitsmitteln notwendig. Aktivierende Pflege ist kostengünstig und auf lange Zeit gesehen sparsam.

Zu den von unserer Station am häufigst durchgeführten Aktivitäten gehören:

• Gesellige Aktivitäten

  • Singen
  • Spielen
  • Musik hören
  • Bewegung
  • Gespräche
  • Gedächtnistraining
  • Rätsel
  • Diskussionen
  • Vorlesen usw.
  • Frühschoppen
  • Aromatherapie
  • Validation
  • Gemeinsame Fernsehstunden

• Aktivitäten des täglichen Lebens

  • Einkaufen
  • Essen
  • Glühwein oder Tee kochen
  • Blumenpflege
  • Spaziergänge
  • Körperpflege usw.
  • Friseurbesuche

Wer kann von der Aktivierungstherapie profitieren?

• Betreuungsbedürftige alte Menschen
• Körperlich, geistig und psychisch kranke Menschen
• Bewohner in der rehabilitative Phase
• Bewohner in einer Langzeitbetreuung und Kurzzeitbetreuung
• Mitarbeiter
• Angehörige
• Betrieb? Imagepflege? Öffentlichkeitsarbeit

Erfahrungen mit Kollegen und Kolleginnen

Es ist nicht immer einfach, durch alle Reihen der Kollegen und verschiedenen Schichten aktivierende Pflege zu transportieren. Die Berufung für das Berufsbild „Altenpfleger/IN“ ist nicht jedem Mitarbeiter gegeben. Deshalb ist es durch das Team hinweg sehr konträr, die aktivierende Pflege explizit zu machen. Dies hat nicht mit dem Qualifikationsstatus zu tun. Egal, ob Pflegehelfer oder Fachkraft, der überwiegende Teil absolviert nur mit „leichtem Druck“ die aktivierende Pflege.

Da sie am Anfang nicht nur Mehrarbeit, sondern auch mit dem Faktor Zeit und dem entsprechenden Nervenkostüm verbunden ist. Auch spielt die Personalknappheit eine weitere wesentliche Rolle, da bei der aktivierenden Pflege der Aufwand an der Dokumentation größer ist. Für mich gilt hier, keine weiteren Diskussionen zu führen, um einen reibungslosen und harmonischen Ablauf zu gewährleisten, sondern aktivierende Pflege vorzuleben und über meine Erfahrungen zu berichten. Denn jede Diskussion ist ein Störfaktor und der Leidtragende ist der Bewohner.
Es gibt immer wieder den ein oder anderen Kollegen, der seinen Dienst nach Vorschrift, um des Jobwillen, macht.
Ich kann jedoch für unsere Station sagen, dass die meisten Kollegen das Wohl des Bewohners, seine Gesundheit und sein Wohlergehen sehr ernst nehmen und auch die Ziele der Pflegeplanung verfolgen.

Quellennachweis

Das neue Bertelsmann Lexikon in 24 Bänden.
Band 1 auf Seite153
Ausgabe 2001 Buchnummer 039750

Ausbildungsunterlagen
Aromapflege /Aroma Kultur
Band 3
Von Primavera Life

Erklärung

Wunschgemäß erkläre ich, dass ich die vorgelegte Arbeit selbstständig angefertigt habe und dass wörtliche und schriftliche Zitate als solche gekennzeichnet sind.
Außer den genannten Quellen habe ich keine weiteren Hilfsmittel verwendet.

Im Januar 2003

Aktivierende PflegeLink Tipps aktivierende Pflege:

Aktivierende Pflege
Aktivierende Pflege 2

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