Diabetes mellitus Seite 3
5.3.6.Insulin-Spritzen
Viele Patienten fürchten sich vor dem „Spritzen“, deshalb wird oft eine notwendige Insulin-
Behandlung hinausgezögert. Ein rechtzeitiger Beginn mit Insulin hat oft große Vorteile für die Behandlung und bedeutet oft einen Gewinn an Lebensqualität.
Zur Angst vor der Spritze gibt es aber heute keinen Grund mehr, da die für die Insulininjektion verwendeten Nadeln in den letzten Jahren so verfeinert worden sind, dass der Einstich kaum noch zu spüren ist.
Das Insulin wird ins Unterhautfettgewebe injiziert. Dadurch ist eine gleichmäßige Wirkstoff-Aufnahme im Blut gewährleistet. Geeignete Injektionsstellen sind die Oberschenkel, die Oberarme und die Bauchhaut, sowie die seitlichen Gesäßpartien (an diesen Hautbezirken befindet sich gut ausgebildetes Unterhautfettgewebe).
U-40 und U-100 Insulin
In Deutschland enthalten die Insulinfläschchen im allgemeinen U-40-Insulin, d. h. in 1 ml (Milliliter = Kubikzentimeter) Insulinlösung sind 40 I.E. (Insulin-Einheiten) Insulin vorhanden. Das U ist die Abkürzung des englischen Begriffs „Unit“ für Einheit. Diese Fläschchen (Ampullen) enthalten also in 10 ml 400 I.E. Insulin.
Es gibt aber auch U-100-Insuline in Insulinfläschchen, d. h. 1 ml enthält dann 100 I.E. Insulin.
In den Insulinpens dagegen wird ausschließlich U-100-Insulin verwendet.
Der Unterschied zwischen den beiden Konzentrationen von Insulin beträgt also das Zweieinhalbfache! Verwechslungen können daher zu schweren Über- bzw. Unterdosierungen mit den entsprechenden Folgen führen.
Aufziehen von Insulin mit der Spritze
Bei der Wahl der Spritzen muss unbedingt darauf geachtet werden, ob U40.Insulin (40 IE Insulin pro ml) oder U100 -Insulin (100 IE Insulin pro ml) verwendet wird. U100-Insulin kann in Spritzen für U40-Insulin (oder umgekehrt) aufgezogen werden, dann muss man aber umrechnen.
- Spritze mit Luft füllen, bis Kolben gewünschte Einheiten-Menge anzeigt.
- Schutzkappe entfernen, Gummipfropfen des Insulinfläschchens senkrecht durchstechen und alle Luft ins Fläschchen spritzen.
- Spritze mit Fläschchen auf den Kopf stellen: jetzt oben Fläschchen (mit Verschluss nach unten) unten Spritze (mit Nadel nach oben).
- Gewünschte Insulinmenge aufziehen.
- Spritzennadel aus Fläschchen herausziehen, Luftblasen mit Nadel nach oben aus der Spritze herausdrücken
Es ist kein Desinfizieren der Einstichstelle nötig. Trübes Insulin ca. 15-mal kippen, nicht schütteln. Spritzstelle nach Bedarf wählen.
Beim Spritzen wird die Haut mit zwei Fingern der einen Hand leicht angehoben. Dabei ist wichtig, nur das Unterhautfettgewebe, nicht die Muskulatur darunter anzuheben
Mit der andern Hand wird dann die Nadel der Spritze oder der Spritzhilfe in einem Winkel von 45-90° eingestochen und Insulin gespritzt. Während des Spritzens soll die Hautfalte nicht losgelassen werden. Die Nadel soll weitere 10 Sekunden in der Haut bleiben, damit alles Insulin im Unterhautfettgewebe verbleibt. Erst jetzt wird die Spritze oder der Pen aus der Haut gezogen.
Die Einstichstelle sollte bei jedem Spritzen gewechselt werden, um Verhärtungen vorzubeugen.
5.3.7. Insulin-Pen
Heutzutage verwenden die meisten Menschen mit Diabetes Injektionshilfen, die sogenannten Pens. Deren Anwendung ist ganz einfach und unkompliziert. Es handelt sich hierbei um technisch ausgereifte Geräte, die äußerlich einem Füller ähneln (Pen = Stift (engl.)).
Mit einem Dosierknopf wird die gewünschte Insulinmenge vorgewählt und dann injiziert. Die Injektionshilfen sind bequem überall mit hinzunehmen.
Die einfache Handhabung macht auch das Spritzen in der Öffentlichkeit unauffällig und einfach. Und für viele Menschen mit Diabetes das Wichtigste: Die Nadeln sind mittlerweile so dünn, dass man beim Spritzen kaum noch etwas spürt.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Injektionshilfen: Nachfüllbare Pens, bei denen das Insulin wie eine Tintenpatrone eingelegt wird (Patronen Pens), und sogenannten Fertig Pens, bei denen wie beim Filzstift der Patronen-Wechsel entfällt
Im häuslichen Gebrauch, sowie in den Altenzentren, haben sich die Pens weitgehend durchgesetzt.
Bei meinem Krankenhauseinsatz bin ich zum ersten Mal für längere Zeit mit den Einmal-Insulinspritzen und Ampullen zum Aufziehen konfrontiert gewesen.
Jeder Diabetiker sollte frei wählen, ob er mit Pen oder mit Spritze spritzen möchte!
Spritze |
Pen |
Überall erhältlich und wartungsfrei | Technische Probleme möglich. Nicht überall sofort erhältlich |
Entnahme des Insulins aus Insulin-Fläschchen, Pen-Patrone und dem Pen selbst (z. B.. bei Pendefekt) möglich | Pen und Patrone müssen zueinanderpassen |
Gewählte Insulinmenge direkt sichtbar | Technische Vorteile, z. B.. Ablesen der zuletzt gespritzten Insulinmenge, festes Einstellen der Insulinmenge, wenn diese immer gleich bleiben soll |
Anwendung Übung bedürftig, mehr Fehler möglich | Unauffällige und einfache Handhabung (vor allem auch für ältere Menschen) |
Mischen von verschiedenen Insulinsorten möglich, somit weniger Einstiche | Breites Angebot: Unterschiede in der Anwendungstechnik, Design und Insulinmenge |
Pen Nadeln dürfen nicht mehrfach benutzt werden, da dies ein Verstoß gegen das Medizinproduktegesetz darstellt.
5.3.8.Insulin-Pumpe
Solche Geräte sind mit immer neuen technischen Veränderungen seit mittlerweile 25 Jahren im praktischen Einsatz. Insulinpumpen befinden sich gewaltig im Vormarsch. In Deutschland verwenden schon mehr als 20.000 Menschen mit Diabetes (vornehmlich Typ-1-Diabetiker) diese Insulinpumpen.
Mit Insulinpumpen besteht die Möglichkeit, das Insulin bedarfsgerechter über den Tag zu verteilen. Auf diesem Weg soll eine Verbesserung der Diabetes mellitus Einstellung erreicht werden. Über einen dünnen Plastikschlauch mit einer eingeschweißten Nadel gelangt das Insulin wie beim Spritzen in das Unterhautfettgewebe. Das Gerät muss Tag und Nacht getragen werden, die Nadel kann jedoch vom Patienten, z. B. beim Schwimmen oder Duschen, entfernt und anschließend neu platziert werden.
Diese Geräte können jedoch nicht „denken“ und den Blutzucker messen, diesen Part muss der Diabetiker selbst übernehmen. (mindestens viermal täglich)
Bei der Pumpenbehandlung wird der basale Insulinbedarf durch die kontinuierliche Infusion von Normalinsulin erreicht. Das Mahlzeiten-Insulin wird unter Einhaltung der Regeln für den Spritz-Ess-Abstand per Knopfdruck als Insulinzusatzrate, auch Bolus genannt, abgerufen. Damit kann der Diabetiker den Zeitpunkt seiner Mahlzeit bestimmen, er kann diese verschieben oder auch mal ausfallen lassen, er braucht keine Zwischenmahlzeiten.
Insulinpumpen sind kein Allheilmittel für Diabetiker, sie können einerseits die Behandlung erleichtern, erfordern aber andererseits eine Menge Mitarbeit und Selbstverantwortung vom Patienten. Sie kommt also nur für Personen infrage, die die Grundprinzipien der Selbstkontrolle und Insulin Dosis Anpassung bei intensivierter Insulinbehandlung bereits vorher beherrscht haben.
Alle Insulinpumpen besitzen bestimmte Alarmeinrichtungen, z. B.. wenn der Katheter verstopft oder die Batterie nicht ausreichend geladen sein sollt. Auch gegen eine nicht gewollte Insulingabe ist der Patient geschützt. Je nach Elektronik haben diese Insulinpumpen unterschiedliche Preise, die sich bei ca. 3000 € pro Gerät bewegen.
Abbildung einer Insulinpumpe:
5.4.Ausblicke auf neue Behandlungsmethoden
5.4.1.Inselzellentransplantation
In Tierversuchen ist es relativ einfach, durch die Übertragung isolierter Langerhansscher Inseln, die das Insulin bilden, einen Diabetes nachhaltig zu heilen. Die Anwendung solcher Behandlungsversuche auf den Menschen macht allerdings nur sehr langsam Fortschritte.
Seit 1966 wird versucht, Diabetikern die zerstörten Betazellen durch Transplantationen zu ersetzen.
Ein im Jahr 2000 vorgestelltes neues Verfahren aus Edmonton, Kanada, hat den Hoffnungen neuen Auftrieb gegeben. Ein Jahr nach den meist mehrfach notwendigen Insel-Verpflanzungen waren alle 12 transplantierten Langzeit-Typ-1-Diabetiker „insulinfrei“, d. h. sie mussten kein Insulin spritzen.
In einer in Gießen entwickelten Methode konnte bisher bei einem Drittel der Patienten, denen eine neue Niere eingepflanzt werden musst, „Insulinfreiheit“ erreicht werden. Bei beiden Verfahren werden mittels eines Katheters ca. 1 Million Inseln in die Leber gebracht. Es handelt sich hier aber immer noch um experimentelle Therapien für „Spezialfälle“.
5.4.2. Transplantation von Bauchspeicheldrüse
Diese Transplantationen werden fast nur bei Diabetikern durchgeführt, die wegen des Versagens eines anderen Organs – zumeist der Nieren – eine Übertragung fremden Gewebes benötigen. Ein Jahr nach Verpflanzung kann man damit rechnen, dass bei ca. 90 % der Patienten die Bauchspeicheldrüse noch funktioniert.
Zielgruppe dieser Operationen sind jüngere Diabetiker mit einer fortgeschrittenen Nierenschwäche, die sich sonst einer regelmäßigen Blutwäsche (Dialyse) unterziehen müssten.
5.4.3. künstliche Bauchspeicheldrüse
Seit Jahrzehnten wird an der Entwicklung einer künstlichen Bauchspeicheldrüse gearbeitet, die wie ein Herzschrittmacher eingepflanzt werden kann. Sie soll ständig den Blutzuckerverlauf registrieren und automatisch die richtige Menge an Insulin abgeben, damit der Blutzucker im Normbereich bleibt.
Das Hauptproblem für die Entwicklung einer künstlichen Bauchspeicheldrüse liegt in der kontinuierlichen Messung des Blutzuckers. Es sind sowohl technische als auch biologische Probleme zu lösen, sodass vermutlich noch Jahre der Forschung bis zur praktischen Anwendung gebraucht werden.
5.5. Insulin zum Einatmen
Insulinbehandlung ohne Spritze, Forscher sind diesem Wunsch ein ganzes Stück näher gekommen.
Insulin kann als Tablette nicht wirken. Es wird durch die Verdauung zerstört. Das Spritzen von Insulin ist aber vor allem für viele neu entdeckte Zuckerkranke mit Ängsten verbunden. Ein neuer Weg für die Insulingabe ist das Einatmen über den Mund (Inhalieren). Der Wirkstoff wird in Pulverform verabreicht. Bei der Behandlung von Asthmakranken werden schon lange Medikamente über diesen Weg gegeben.
Die ersten Untersuchungen von Zuckerkranken mit Insulin zum Einatmen zeigen überraschend gute Ergebnisse:
Das Medikament lässt sich gut dosieren, die Wirkung ist mit Normalinsulin vergleichbar. Die Vorteile liegen auf der Hand: keine Spritzen, Inhalieren ist unauffällig. Es gibt jedoch noch viele ungeklärte Fragen, da sich dieses Medikament noch in der Erprobung befindet und noch nicht im Alltag erprobt worden ist. Einige dieser Fragen sind:
- Wie ist die Aufnahme des Insulins bei Lungenkranken oder bei einer Erkältung der Atemwege?
- Hat Rauchen einen Einfluss auf die Wirkung?
- Werden die Kosten für Insulin zehnmal teurer, weil nur 1/10 des eingeatmeten Insulins in den Körper aufgenommen wird und wirken kann
6. Die Ziele der Diabetesbehandlung
Wenn die Diagnose Diabetes Typ-1 gestellt wird, muss sofort mit der Behandlung begonnen werden. Meistens wird die Therapie stationär begonnen. Es hat sich gezeigt, dass durch eine intensive Behandlung und Schulung der spätere Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden kann.
Vorrangige Ziele bei der Typ-2-Behandlung sind:
Senkung des Blutzuckers, Senkung des Blutdrucks, Senkung der Blutfettwerte.
Normalisierung des Gewichts und Verhinderung von diabetesbedingten Langzeitfolgen.
Jede Diabetesbehandlung hat das Ziel, Beschwerden zu vermeiden und eine hohe Lebensqualität und uneingeschränkte Lebenserwartung zu ermöglichen.
6.1.Diabetiker Schulung
Der Diabetiker ist sein eigener Arzt. „Dieses Prinzip funktioniert aber nur, wenn der Patient gut geschult und informiert über seine Erkrankung ist“.
Und dieses Wissen vermitteln unterschiedlichste Berufsgruppen: Diabetes-Ärzte (Diabetologen), Diabetesberaterinnen und -assistentinnen, Psychologen und Fußpfleger. Sie alle haben eine spezielle Weiterbildung zum Thema Diabetes besucht und sich entsprechend qualifiziert.
Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen, die List der Anbieter, die Diabetiker Schulungen anbieten, ist lang. Eine Hilfestellung bietet die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG), die ein Gütesiegel für Diabetesschulungen geschaffen hat. Einrichtungen, die dieses Gütesiegel besitzen, weisen einen Arzt mit diabetischer Zusatzausbildung auf, zusätzlich besteht das Team aus einem Diabetesberater und einer Diätassistentin. Der Unterricht findet dabei zumeist in Gruppen statt.
7. Gefahren bei Diabetes mellitus
Es gibt zwei Arten der akuten Stoffwechselentgleisung bei Diabetes mellitus:
7.1. Hyperglykämie (Überzuckerung)
Bei einer Hyperglykämie bemerkt der Diabetiker zunächst keine Veränderungen, nur durch regelmäßige Blutzuckermessungen erkennt er trotz fehlender Symptome seine Entgleisung rechtzeitig. Zu einer Überzuckerung kann es kommen, wenn zu wenig Insulin gespritzt wird, die Diabetes-Medikamente nicht eingenommen werden, wenn zu viel gegessen wird oder bei fieberhaften oder anderen ernsthaften Erkrankungen, oder bei Katheter Problemen bei Insulinpumpenpatienten.
Der Insulinbedarf kann aber auch ohne jeden „Fehler“ durch Nachlassen der körpereigenen Insulinausschüttung und Entwicklung einer Resistenz (z. B.. bei Gewichtszunahme) langsam zunehmen, sodass die Dosis angepasst werden muss.
Eine Hyperglykämie liegt vor, wenn der Blutzuckerwert über 160 mg/dl gestiegen ist.
Erste Maßnahmen bei einer Überzuckerung sind: Blutzuckerwerte kontrollieren, wenn möglich, auch den Blutdruck, viel Flüssigkeit, möglichst Mineralwasser zu sich nehmen, Insulin zur vorgeschriebenen Zeit injizieren. Falls keine Besserung eintritt, den Arzt aufsuchen.
Wird in diesem Stadium kein Insulin injiziert, entzieht der im Blut schwimmende Zucker den Körperzellen Wasser (Dehydration). Die Folge: der Diabetiker kann bewusstlos werden. Dies nennt der Arzt ein diabetisches Koma (Coma diabeticum) mit Ketoazidose (Ausscheidung von Zucker und Aceton im Urin). Dies ist eine Notfallsituation, die im Krankenhaus behandelt werden muss.
7.2. Hypoglykämie (Unterzuckerung)
Die häufigste Nebenwirkung der Insulintherapie ist die Unterzuckerung. Sie ist erreicht, wenn der Blutzucker unter 50 mg/dl absinkt. Die Symptome reichen von Heißhunger, Tachykardie, Schweißausbrüchen, Zittern über auffälliges und unerklärliches Verhalten bis Verwirrung. Im Extremfall kann es zur Bewusstlosigkeit kommen.
Die Hypoglykämie tritt bei zu großer Insulinwirkung, bei Diätfehlern (Auslassen einer Mahlzeit) Alkoholkonsum oder zu großer körperlicher Belastung auf.
(Diabetiker dürfen Alkohol trinken, jedoch nur in Maßen. Alkohol hemmt den Glucose-Neuaufbau und verhindert, dass vorliegender gespeicherter Zucker ins Blut ausgeschüttet wird. Um die Gefahr der Unterzuckerung zu vermeiden, sollten Diabetiker Alkohol nur in Verbindung mit den Mahlzeiten trinken)
Bei der Hypoglykämie müssen dem Diabetiker in jedem Fall Kohlenhydrate zugeführt werden, am besten in Form von Traubenzucker, zuckerhaltigen Getränken.
Jeder Diabetiker sollten immer eine Notbroteinheit greifbar haben.Wichtig ist, dass der Betroffene bei den ersten Anzeichen einer Unterzuckerung sofort reagiert. Ohne Traubenzucker sollte er das Haus nicht verlassen!
Bei bewusstlosen Diabetikern ist der Notarzt zu verständigen!
Hypoglykämien treten häufiger auf, als erwartet wird. Lange Diabetes-Dauer und häufige Hypoglykämien erhöhen das Risiko schwerer Unterzuckerungen. Das Hypoglykämie-Risiko steigt mit zunehmendem Alter und mit zunehmender Niereninsuffizienz. Bereits leichte Hypoglykämien führen schon zu erheblichen kognitiven Ausfällen, z. B.. beim Autofahren.
7.3. Komplikationen bei Diabetes mellitus
7.3.1. Infektanfälligkeit
Diabetiker weisen, insbesondere bei schlechter Stoffwechsellage, eine verringerte Immunabwehr auf. Diabetiker haben oft sehr trockene, rissige und schuppige Haut. Oft bildet das die Grundlage für Hauterkrankungen, insbesondere Mykosen (=Pilzerkrankungen), die vor allem im Intimbereich durch das Umgebungsmilieu (zuckerhaltiger Urin) noch begünstigt werden. Bei Diabetikern ist das Risiko eines Harnwegsinfekts deutlich erhöht.
7.3.2. gestörte Wundheilung
Bei Insulinmangel ist die Wundheilung gestört, da Insulin am Eiweißstoffwechsel beteiligt ist.
Dies macht sich besonders nach Verletzung und Operationen bemerkbar.
8. Spätfolgen, Folgekrankheiten
Spätkomplikationen können sowohl bei Typ-1- als auch bei Typ-2-Diabetikern auftreten. Das oberste Ziel ist eine dauerhaft gute Stoffwechsel- und Blutzuckereinstellung. Nur so kann den akuten Symptomen der Unter- und Überzuckerung vorgebeugt und langfristige Schäden vermieden werden. Denn die Entwicklung von diabetischen Spätfolgen hängt eng mit der Dauer des Diabetes und der Qualität der Stoffwechseleinstellung zusammen.
Tückisch an dieses diabetesbedingten Langzeitfolgen ist, dass sie anfangs unbemerkt, d. h. meist schmerzfrei verlaufen und es kann zehn bis zwanzig Jahre dauern, bis sie in Erscheinung treten. Die Spätfolgen korrelieren mit der Dauer der Hyperglykämie bzw. des Diabetes und mit dem Schweregrad der Hyperglykämie während dieser gesamten Zeit.
8.1. Makroangiopathie (Arteriosklerose)
Hierunter versteht man eine Durchblutungsstörung der großen Gefäße.
Fast alle Menschen bekommen irgendwann in ihrem Leben Arteriosklerose. (Arteriosklerose führt zur Minderdurchblutung fast aller Organe, nachdem die ehemals elastischen Gefäße durch Kalkeinlagerungen starr und porös geworden sind und so den Durchfluss des Blutes behindern.) Bei Diabetikern kommt dies aber häufiger, früher und stärker sowie in diffuserer Form als bei Stoffwechselgesunden vor.
Risiken für die großen Blutgefäße sind: Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Rauchen, erhöhter Blutzucker. Es lohnt sich für Diabetiker ganz besonders, jeden einzelnen Risikofaktor anzugehen und auszuschalten.
8.1.1. Arteriosklerose der Herzkranzarterien
Wenn Fett- und Cholesterin Depots die Arterien verengen (Arteriosklerose der Herzkranzgefäße) spricht man von koronarer Herzkrankheit. Im Vergleich zu Stoffwechselgesunden haben Diabetiker ein fünffach erhöhtes Herzinfarktrisiko.
Viele Diabetiker haben erleiden sogenannte „stumme Herzinfarkte“, d. h. sie haben dabei keine Schmerzen, da ihr Schmerzempfinden gestört ist.
8.1.2. Arteriosklerose der Hirnarterien
Im Gehirn können die Störungen an den Gefäßen zu einem Schlaganfall führen. Diabetiker haben im Vergleich zu Stoffwechselgesunden ein dreifach erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden.
8.1.3. Arteriosklerose der Nierenarterien
Cholesterin und Fett lagern sich in den Gefäßwänden der Nierenarterien ab und verengen diese. Dadurch verlieren die Arterien auch an Elastizität. Die Folge davon ist arterieller Bluthochdruck mit verminderter Durchblutung
8.1.4. Arteriosklerose der peripheren Arterien
Besonders gefährdet sind die Beinarterien. Die gestörte Blutzirkulation mag in verursacht in der Ruhestellung noch wenig Beschwerden, aber unter Belastung treten oft typische Beschwerden in Form von Schmerzen in der Wade oder auch im Oberschenkel auf. Der Betreffende muss oft stehen bleiben, was oft durch einen Blick in das nächste Schaufenster getarnt wird und deshalb zu dem Namen „Schaufensterkrankheit“ geführt hat. Da bei Diabetikern nicht selten auf gleichzeitig die Schmerzempfindlichkeit in den Beinen gestört ist, wird die drohende Gefahr oft nicht sofort bemerkt. Bei Fortschreiten der Erkrankung können die Zehen oder der Fuß brandig werden. Es entwickelt sich eine sogenannte Gangrän.
8.2. Mikroangiopathie
Bei einem andauernd hohen Blutzuckerspiegel verändern sich die Wände dieser haarfeinen Blutgefäße, sie werden langsam dicker. Dadurch kommt es im Laufe der Zeit zu Durchblutungsstörungen in den kleinsten Gefäßen.
Diese betreffen vor allem die winzigen Blutgefäße in den Augen und in den Nieren. Die Folgeerkrankungen, die daraus entstehen können, nennt man diabetische Retinopathie und diabetische Nephropathie.
8.2.1.Retinopathie
Die (diabetische) Retinopathie ist eine chronische, durch Diabetes mellitus ausgelöste Durchblutungsstörung der Netzhaut, die das Sehen beeinträchtigt und unter Umständen zur Erblindung führen kann.
Durch die diabetische Stoffwechsellage verändern sich die Blutgefäße in der Netzhaut. Die Stabilität nimmt ab und sie verliert ihre Fähigkeit, das Gefäßinnere gegen das umliegende Gewebe abzudichten. Gleichzeitig nimmt aber die Wanddicke der Gefäße zu, sodass der Innendurchmesser der Gefäße kleiner wird. Diese Veränderungen führen dazu, dass es einerseits zu Aussackungen und undichten Stellen an den Blutgefäßen kommt. Hier können Blut oder Blutbestandteile austreten, es kann aber auch zu Gefäßverschlüssen kommen. Die Folge ist eine chronische Durchblutungsstörung der Netzhaut. Patienten mit diesen Veränderungen leiden glücklicherweise nur selten an Sehstörungen.
Zu einem kleinen Prozentsatz verläuft die Retinopathie wesentlich schwieriger. Es bilden sich krankhaft neue Blutgefäße, die aus der Netzhaut in den Glaskörper (Augeninnenraum) wuchern. Bei solchen Zuckerkranken ist das Augenlicht gefährdet. Diese Form bezeichnet man als proliferative diabetische Vitreo-Retinopathie. Retinopathie ist also nicht gleich Retinopathie.
Nach 10 – 15 Jahren haben ca. 80 % der Diabetiker eine Durchblutungsstörung der Netzhaut.
Bis heute gibt es keine wirksamen Medikamente, welche die Retinopathie wirksam eindämmen können. Eine vielversprechende Therapie ist die sogenannte Lichtkoagulation.
Hierbei wird versucht, mithilfe von Lichtstrahlen, die veränderten Kapillaren am Augenhintergrund zu veröden und damit Blutungen vorzubeugen.
Wichtig ist eine regelmäßige Überwachung des Netzhautbefundes. Sodass bei Bedarf die Behandlung fortgesetzt werden kann.
Ein dauerhaft blutig getrübter Glaskörper des Auges kann auch operativ entfernt werden (Vitrektomie) Bei diesem Verfahren verbessert sich bei einem großen Prozentsatz der Fälle das Augenlicht wieder.
Um den Beginn einer Augenschädigung rechtzeitig zu erkennen, sind regelmäßige augenärztliche Kontrollen notwendig.
8.2.2. Nephropathie
Hierbei handelt es sich um eine durch Diabetes mellitus verursachte Veränderung der Nierengefäße, die zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion führt. Etwa ein Drittel der Diabetiker ist durch eine diabetische Nierenerkrankung gefährdet. Erstes Anzeichen ist die Ausscheidung von kleinsten Eiweißmengen mit dem Urin (eine sog. Mikroalbuminurie)
In den meisten Fällen laufen die Veränderungen in Niere und Auge parallel ab, sodass von den Augen auf den Zustand der Nieren geschlossen werden kann. Im Endstadium ist die Niere nicht mehr in der Lage, ihrer Aufgabe als Ausscheidungsorgan nachzukommen, man spricht dann von einer Niereninsuffizienz, die ab einem bestimmten Stadium eine Dialysebehandlung (Blutwäsche) notwendig macht.
8.3 Neuropathie
Hierunter versteht man die Gesamtheit verschiedener, durch den Diabetes verursachten Nervenstörungen. Man unterscheidet zwischen folgenden Formen:
8.3.1. Periphere Neuropathie
Die periphere Neuropathie ist eine Nerven bedingte Störung des Temperatur- und Schmerzempfindens an den Extremitäten.
Die Beschwerden treten typischerweise in Ruhe auf und äußern sich als brennende, reißende, stechende, aber auch bohrende, dumpfe, in der Tiefe empfundene Schmerzen in den betroffenen Gliedmaßen. Im Gegensatz zu Durchblutungsstörungen sind die Symptome bei der Neuropathie nachts häufig besonders stark (der Diabetiker kann unter Umständen die Berührung der Bettdecke als schmerzhaft empfinden) und bessern sich teilweise beim Gehen. Überdies kann es zu Missempfindungen, Kribbeln wie „Ameisen laufen“, Wadenkrämpfen, sowie manchmal zur Muskelschwäche und Gangunsicherheit kommen.
Eine wichtige diagnostische Untersuchung ist der Stimmgabeltest. Er gibt Auskunft über das Vibrationsempfinden der Nerven an den Füßen.
Eine periphere Neuropathie gilt heute noch als unheilbar. Die entscheidende therapeutische Maßnahme für eine Verbesserung der Schädigung ist die konsequent gute Stoffwechseleinstellung mit normalen Blutzuckerwerten, sowie eine gesunde Lebensführung.
Die Füße sind durch unbemerkte Verletzungen besonders gefährdet. Bereits kleine Verletzungen bei der Fußpflege oder durch Druck der Schuhe können sich entzünden und damit den Fuß gefährden.
8.3.2. Autonome Neuropathie
Bei der autonomen Neuropathie liegt eine Störung der Nerven vor, die die inneren Organe versorgen. Von den häufig unspezifischen Symptomen können alle Organsysteme betroffen sein, wie z. B.. Magen-Darm-Trakt (Magenentleerungsstörungen, Übelkeit) Herz (Verringerung der Herzfrequenzvariabilität), Sexualorgane (erektile Dysfunktion) und Blase (Entleerungsstörungen).
8.4.Diabetischer Fuß
Der „diabetische Fuß“ kann für viele Diabetiker zum Problem werden. Durch die diabetische Nervenerkrankung kann es zu einem verminderten Schmerz- und Temperaturgefühl in den Füßen kommen. Druckstellen, Blasen oder Verletzungen werden dann häufig nicht mehr bemerkt, da sie nicht schmerzen. Daraus können sich schlecht heilende Wunden entwickeln, die sich weiter infizieren. Diese Infektion kann bis auf die Fußknochen vordringen und ganze Teile des Fußes sterben ab. In vielen Fällen ist dann eine Amputation unumgänglich
Die Fußamputation, die als letzte therapeutische Möglichkeit angesehen werden sollte, kommt bei Diabetikern besonders häufig vor.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die jährliche Amputationsrate auf 10.000 Nicht-Diabetiker:
Jahre |
Diabetiker |
Nicht-Diabetiker |
Bis 44 |
14,1 |
0,5 |
45-64 |
45 |
1,9 |
Über 65 |
101,4 |
9,9 |
8.5. Folgeschäden und das metabolische Syndrom
Das metabolische Syndrom beschreibt vom Prinzip her verschiedene Krankheiten: Insulinresistenz, Diabetes mellitus, Übergewicht, erhöhte Fettwerte, erhöhter Blutdruck. Diese Krankheiten treten nicht immer gemeinsam auf, sondern oftmals folgt einer der anderen.
Mit zunehmendem Körpergewicht und Alter zeigen sich die einzelnen Facetten des Metabolischen Syndroms, welche sich gegenseitig verstärken.
Die wichtigsten Störungen des metabolischen Syndroms in Bezug auf Diabetes:
Die Muskelzellen haben eine geringe Aufnahme von Glucose aus dem Blut, daraus resultiert ein Anstieg des Blutzuckers.
Die Fettzellen haben eine geringere Aufnahme von Blutzucker, die Folge davon ist Blutzuckeranstieg, sowie zusätzlich eine Störung des Fettstoffwechsels
Die Leberzellen nehmen weniger Blutzucker auf, mit der Folge, dass der Blutzucker ansteigt.
Die Niere hat unter anderem eine geringere Ausscheidung von Kochsalz, daraus resultiert ein Anstieg des Blutdrucks
Das Gerinnungssystem hat eine vermehrte Neigung zur Gerinnselbildung im Blut, mit der Folge von verstopften Arterien.
In den Gefäßinnenwänden führen erhöhter Blutdruck, Blutzucker und erhöhte Blutfettwerte zu chronischen Gefäßwandentzündungen mit der Folge einer zunehmenden Zerstörung der Gefäße (Arterien).
Daher ist es beim Diabetiker essenziell, dass nicht nur die Insulinresistenz behandelt wird, sondern auch die eventuell auftretenden Folgekrankheiten!
9. Prävention (Vermeidung diabetischer Folgeschäden)
Anhand einer gut dokumentierten Selbstkontrolle, können der Diabetiker und der Arzt entscheiden, ob oder in welchem Ausmaß die Therapie geändert werden muss, auch lassen sich akute Stoffwechselentgleisungen rechtzeitig erkennen und vermeiden.
Selbstkontrollen verschaffen dem Diabetiker: Selbstvertrauen, Sicherheit und Freiheit.
Folgende Kontrollen kann der Diabetiker selbst durchführen:
Messung des Blutzuckers (besonders wichtig für Insulinpflichtige Diabetiker)
Messung des Harnzuckers
Tägliche Kontrolle der Füße auf mögliche Verletzungen
Wöchentliche Gewichtskontrolle
Kontrolle des Blutdrucks
Ärztliche Untersuchungen schützen vor Folgeerkrankungen:
Bei jedem Arztbesuch:
- Gewicht, Blutdruck, Blutzucker
Viertel- bis halbjährlich:
- Blutzucker, Mikroalbuminurie
- HbA1c-Wert: Eine HbA1c-Senkung um 1 % führt zu einer Abnahme von:
Gesamtsterblichkeit um 17 %
Diabetes-bedingte Todesfälle um 25 %
Herzinfarkten um 18 %
Schlaganfällen um 15 %
Mikrovaskulären Komplikationen um 35 %