Harnsteinleiden
Definition:
Die Steinbildung in den Harnwegen ist die sicht- und spürbare Folge verschiedener Veränderungen des Urins und der Urin Transportwege.
Ursachen für Steinbildungen:
Übersättigung des Urins mit steinbildenden Bestandteilen.
- Prärenale Ursachen: Ernährung, Knochentumore, Imobilisation, Gicht
- Renale Ursachen: Stenosen in der Niere, Stoffwechselstörung, Hyperkaliurie
- Post renale Ursachen: Harnabflussstörung, Infekte
Begünstigende Faktoren:
Inhaltsverzeichnis
- 1 Harnsteinleiden
- 1.0.1 Definition:
- 1.0.2 Ursachen für Steinbildungen:
- 1.0.3 Begünstigende Faktoren:
- 1.0.4 Physikalische Faktoren:
- 1.0.5 Anatomische Faktoren:
- 1.0.6 Metabolische Faktoren:
- 1.0.7 Bakteriologische Faktoren:
- 1.0.8 Lebensstil:
- 1.0.9 Steinarten:
- 1.0.10 Symptome:
- 1.0.11 Komplikationen:
- 1.0.12 Diagnostik:
- 1.0.13 Urinuntersuchung
- 1.0.14 Blutuntersuchung
- 1.0.15 Therapie:
- 1.0.16 Konservative Therapie:
- 1.0.17 Invasive Therapie:
- 1.0.18 Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL):
- 1.0.19 Perkutane Nephrolitholapaxie (PNL) = perkutane Nephrolithotomie:
- 1.0.20 Operative Steinentfernung (offene OP):
- 1.0.21 Ureteroskopie
- 1.0.22 Ureterpyeloskopie
- 1.0.23 Schlingenextraktion:
- 1.0.24 Endourologische Verfahren
- 1.0.25 Pflegerische Aufgaben:
- 1.0.26 Hilfe/ Mitwirken bei Diagnostik und Therapie:
- 1.0.27 Spezielle Maßnahmen
- 1.0.28 Beim Calciumoxalat Stein
- 1.0.29 Beim Kalzium-Ammonium-Phosphat-Stein
- 1.0.30 Beim Harnsäure-Stein
- 1.0.31 Merke:
- 1.0.32 Ernährungsberatung:
- 1.0.33 GUT:
- 1.0.34 SCHLECHT:
- 1.0.35 Patient-Info über Vorbereitung zu diagnostischen Untersuchungen:
- 1.0.36 Rezidivprophylaxe:
Physikalische Faktoren:
Dehydratation (z. B. durch Fieber, zu wenig trinken, Diarrhö, Erbrechen oder Medis wie Lasix); dadurch kommt es zur vermehrten Ausscheidung von steinbildungshemmenden Harninhaltsstoffen → der Harn neigt dann verstärkt zur Kristallisation
Anatomische Faktoren:
Harnabflussstörungen, z. B. durch Vernarbungen der Harnleiter nach Entzündungen oder Verletzungen oder durch Prostata Hypertrophie; der entstehende Harnstau begünstigt die Steinbildung
Metabolische Faktoren:
Stoffwechselstörungen, die z. B. eine vermehrte Kalziumausscheidung zur Folge haben, wie die Überfunktion der Nebenschilddrüse, begünstigen die Entstehung von Kalziumsteinen. Auch Knochentumore oder Knochenbrüche können zur Hyperkalzurie führen.
Bakteriologische Faktoren:
Stoffwechselprodukte von Bakterien können im Rahmen von bakteriologischen Infektionen die Harnsteinbildung fördern
Lebensstil:
Bewegungsarmut und einseitige Ernährung mit viel tierischem Eiweiß (Purine) fördert das Steinwachstum.
Steinarten:
Man unterscheidet zwei Gruppen von Steinerkrankungen:
1. Gruppe: → entstehen durch anorganisches Kalzium = anorganische Steine
→ Calciumoxalat Steine
→ Kalziumphosphat Steine (entstehen meist durch Infektionen)
2. Gruppe: → entstehen durch organische Substanzen = organische Steine
→ Harnsäure (Zystin)
Symptome:
- Flanken Schmerz
- Wellen-/ wehen artiger Schmerz (Kolikschmerz)
- Dauer: von min. bis zu mehreren Tagen
- Übelkeit, Blässe. Bis Schocksymptomatik.
- Bewegungsdrang durch die Schmerzen
- Gekrümmte Haltung → Schonhaltung
- Schmerz kann je nach Stein bis in die Genitalregion und der Oberschenkel-Innenseite hineinziehen
- Nierenklopfschmerz
- Vernichtungsangst
- Harnverhalt, blutiger Urin, schmerzhaftes Urin tröpfeln (Pollakisurie)
- Geblähter Bauch, Darmatonie
- Fieber, Schüttelfrost
Komplikationen:
- Kreislaufkollaps (durch die großen Flüssigkeitsmengen)
- Blähungen, aufgetriebenes Abdomen bis zur Darmatonie
- Harnverhalt
Diagnostik:
- Anamnese
- Fam. Disposition
- Trinkverhalten
- Häufige Harnwegsinfekte
- Vorerkrankungen
- Körperliche Untersuchung
Urinuntersuchung
- Mittelstrahlurin mit Keimzahl und Resistenzbestimmung
- Sediment
- 24 h-Urin: wird auf Farbe und Menge kontrolliert; der pH-Wert wird bestimmt; das spez. Gewicht sollte unter 1012 – 1015 liegen.
- Harn filtern
Blutuntersuchung
- Harnsäure
- Kreatinin
- Harnstoff
- Gerinnungsparameter (→ evtl. Verletzungen durch Steine)
• CT (ist hilfreich bei Uratkonkrementen)
• Ultraschalluntersuchung
• Röntgen
- Abdomen Leeraufnahme (→ Abfluss muss gewährleistet sein)
Therapie:
In ca. 80 % der Fälle handelt es sich um abgangsfähige Konkremente, die konservativ behandelt werden.
Konservative Therapie:
Ziel der Behandlung sind der spontane Steinabgang sowie die Behandlung der
Kolik. Förderlich sind dabei:
- Analgetika, Spasmolytika, Antiphlogistika, Diuretika
- Stuhlregulation (damit sich beim Pressen nicht wieder ein Stein löst)
- Wechselinfusionen mit Buscopan/ Lasix
- Bewegung, Treppensteigen
- Lokale Wärmeapplikation (z. B. auch ein warmes Bad)
- Trinkstöße
Invasive Therapie:
Bei nicht spontan abgangsfähigen Steinen können verschiedene Behandlungsmethoden eingesetzt werden:
-
Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL):
- Dabei werden auf verschiedene Weisen Stoßwellen erzeugt, die auf den Stein gebündelt werden und so den Stein „zerplatzen“ lassen
- Übrig bleiben viel kleine Steinfragmente, die über den Harnleiter abgehen und dabei Koliken auslösen können
Perkutane Nephrolitholapaxie (PNL) = perkutane Nephrolithotomie:
- sonografische Punktion des Nierenbeckens sowie Endoskopie, Zertrümmerung des Steins mit Laserstrahlen oder Steinentfernung
Operative Steinentfernung (offene OP):
- kaum, in etwa 5 % der Fälle
Ureteroskopie
- z. B. zur Entfernung eines Ureterstein
Ureterpyeloskopie
- z. B. zur Entfernung eines Nierenbeckenkelchsteines
Schlingenextraktion:
- tief sitzender, prävesikaler Stein, der „schlingen gerecht“ ist (bis Bohnengröße); Methode verliert zunehmend an Bedeutung
Endourologische Verfahren
- Bei diesem Verfahren wird der Harnleiter gespiegelt (Ureterorenoskopie), und zwar entweder durch die Blase (retrograd) oder nach einer Punktion der Niere (ante Grad).
- Verschiedene Instrumente (Schlinge, Körbchen, Ultraschallsonde), die über diesen Zugangsweg an den Stein herangebracht werden können, dienen entweder zur Steinbergung, Zertrümmerung oder zum Rücktransport des Steins zum Nierenbecken. Letzteres macht eine Zerstörung.
- Steinentfernung im unteren Teil des Ureters
- Steinentfernung im oberen Teil des Ureters
- Medikamentöse Steinauflösung nur bei Harnsäure Steinen, z. B. mit Allopurinol
- OP mit Eröffnung des Nierenbeckens
Pflegerische Aufgaben:
- Hilfe in der Akutphase
- Ernährungsberatung
- Gesundheitsberatung
- Hilfe/ Mitwirken bei Diagnostik und Therapie
- Patientenvorbereitung bei diagnostischen Eingriffen
Hilfe in der Akutphase:
Situation: Patient hat Schmerzen
Pflegerische Hilfen:
- Wärmeanwendung (auch feuchte Wärme)
- Analgetika/ Spasmolytika (AO)
- Überwachung der Einnahme
- Schonhaltung unterstützen
Begründung:
- wirkt entkrampfend
- Effektivität der Analgetika
- überwachen
- Analgetika können Übelkeit erzeugen
Situation: Anstrengende Diagnostik
Pflegerische Hilfen:
- Patient – Info
- guter organisatorischer Ablauf
- Patient Erholungsphasen gönnen
Begründung:
- Wohlbefinden steigt
- Überforderung des Patienten
- vermeiden
Situation: Patient fühlt sich krank → akutes Krankheitsbild
Pflegerische Hilfen:
- Verständnis für die Situation des
- Patient zeigen
- Patient-Info, z. B. über Blut im Urin
- Vitalzeichen Kontrolle
- Ausscheidung, Trinkmenge
- beachten
Begründung:
- Komplikationen früh-
- zeitig erkennen
- Harnverhalt erkennen
Situation: Patient hat Übelkeit
Pflegerische Hilfen:
- Antiemetika nach AO
- Spasmolytika nach AO
- kein Essen anbieten (evtl. nicht trinken)
Begründung:
- verringert die Übelkeit
- ihm ist sowieso schon
- schlecht
Hilfe/ Mitwirken bei Diagnostik und Therapie:
ATL: Ausscheiden (Patient sollte 1,5 Liter auf 24h ausscheiden)
Problem:
- drohender Steinverlust
- Steine bilden sich aufgrund zu sauren Urins
- erhöhte Kristallkonzentration
- Gefahr der Überwässerung
- Obstoptionsgefahr durch Schmerzen und Atonie
Maßnahmen:
Urin:
- Bereitstellen eines Siebes
- pH-Messung
- spez. Gewicht
- Bilanzierung
Stuhl:
- Regulierung durch Abführ-
- mittel, ballaststoffreiche
- reiche Ernährung (kein
- Pressen)
Begründung:
- Abgang von Steinen beim
- Wasserlassen → Steinanalyse
- zur Diagnostik 3x tgl.
- Therapie: Medis und Trinkmenge
- richten sich nach pH-Wert
- Therapie anpassen
- Erkennen der Überwässerung
- Patient hat Schmerzen und versucht
- nicht zu pressen
ATL: Essen und Trinken
Problem:
- Steinbildung
- Eiweißreiche Kost und
- saure Ernährung fördern
- die Steinbildung, falsche
- Ernährung und viele
- tierische EW fördern die
- Steinbildung
Maßnahmen:
Urinverdünnung, Mischkost, basische Ernährung
Begründung:
Stein/ Sediment löst sich und wird ausgeschwemmt. Ballaststoffe, weniger Purine → weniger Harnsäure. EW-Bedarf über Milchprodukte (Fisch, Fleisch) regeln.
ATL: Für Sicherheit sorgen
Problem:
- Patient hat Schmerzen, Angst
- Gefahr des Kreislaufkollaps
- Veränderter U-Status
- Patient ist nicht ausreichend informiert
- Patient trinkt zu wenig → muss über Trinkmenge informiert werden
- Urin sauer, dadurch Steinbildung
- Gefahr der Infektion, Patient Information über Infektionszeichen
- Patient hat Angst, da er nicht weiß, was auf ihn zukommt
Maßnahmen:
- Schmerzbeobachtung
- Therapie
- VZ-Kontrolle
- Untersuchung auf Steine,
- Blutungen, pH, Sediment,
- spez. Gewicht, Erreger
Patient-Info über:
- Wichtigkeit der Stein Analyse
- Bewegung
- Ernährung (alkalische Kost), incl. Trinken
- 3x tgl. PH-Messung
- Infektionszeichen
- Diagnostische Eingriffe
- und Aufklärung
Begründung:
- frühzeitiges Erkennen und beheben von Schmerzen
- Gefahr des Kreislaufkollaps (durch Hypovolämie)
- Veränderungen des Urins erkennen
- Compliance erhöhen
- Stein kann sonst nicht analysiert werden
- bei Besserung der Situation hilft Bewegung zur Steinlösung
- Stein lösend, Entstehungs-hemmend
ATL: Sich bewegen
Problem:
Stein sitzt fest, dadurch hat Patient Schmerzen
Maßnahmen:
Hüpfen, Bewegung anfangs in Begleitung (Patient hat anfangs Angst, weil sich durch die Bewegung wieder ein Stein lösen könnte → Kolik)
Begründung:
- Stein löst sich bei Bewegung
- einfacher
- Patient hat Bewegungsdrang
- Obstipationsprophylaxe
ATL: Regulation der Körper-Temperatur
Problem:
- Infektionsgefahr
Maßnahmen:
- regelmäßige Temperatur-
- Kontrolle
Begründung:
- Temperatur Erhöhung rechtzeitig
- erkennen
- Infektionen frühzeitig erkennen
- Therapie kann frühzeitig einsetzen
Spezielle Maßnahmen
Beim Calciumoxalat Stein
• Flüssigkeit: → reichlich Tee, Mineralwasser
→ ¾ Liter Milch pro Tag (Milch bindet Oxalat im Darm, dadurch steht das Oxalat dem Körper nicht mehr zur Verfügung)
• Diät: → Spinat, Schokolade einschränken
• Medikamente: → Phosphat, Thiazide, Allopurinol. Nach ärztlicher Anordnung.
Beim Kalzium-Ammonium-Phosphat-Stein
Flüssigkeit: → reichlich Tee, Mineralwasser und Milch
Diät: → Zitrusfrüchte einschränken
Medikamente: → Harnsäuerung, Infektbehandlung
Beim Harnsäure-Stein
Flüssigkeit: → reichlich Tee und Mineralwasser
Diät: → Verbot einer Purin reichen Nahrung wie Gehirn, Leber, Niere, Sardellen, Sardinen, Heringe, Hülsenfrüchte, Kohl, Pilze, Schwarzbrot (tgl. Nur bis 200 mg Purin)
Medikamente: → Uralyt-U: das pH-Wert-Optimum soll zwischen 6,2 und 6,8 liegen, nie über pH 7
Allopurinol: bei Erhöhung des Harnsäurespiegels.
Merke:
- Leitsymptom des Steinleidens ist ein krampfartiger Schmerz → die Steinkolik
- Alle Harnsteinpatienten müssen reichlich trinken: In 24 Std. sollten sie mindestens 1,5 l ausscheiden. Zur Kontrolle sollten in regelmäßigen Abständen die Menge, ggf. auch das spezifische Gewicht bestimmt werden, da der Flüssigkeitsverlust über die Haut und die Lungen unterschiedlich ist. Bei Saunabesuch oder schwerer körperlicher Arbeit muss der Flüssigkeitsverlust ausgeglichen werden.
- Jeder abgegangene oder entfernte Stein ist zu analysieren.
Ernährungsberatung:
- 3 – 4 Liter/ 24 Std. trinken → 1,5 Liter Ausscheidung
- Bilanzierung
- Regulierung des Stuhlgangs
GUT:
- Viel trinken
- Kalzium arme Kost
- Vitamin-D arme Kost
- Mischkost
SCHLECHT:
- Alkohol
- Fleisch, Eier, Innereien
- Hülsenfrüchte, Pilze
- Heringe
- Genussmittel
- Spinat, Kakao, Mandeln
Patient-Info über Vorbereitung zu diagnostischen Untersuchungen:
- Blasenentleerung
- Ggf. transurethralen Blasenkatheter entfernen (z. B. vor einer Zystoskopie)
- Genitalbereich waschen
- Prädikation nach AO
- Angst und Unsicherheit durch Gespräche und Aufklärung durch den Arzt versuchen zu reduzieren
- Patient den Untersuchungsablauf schildern → Patient ist sonst evtl. viel zu verkrampft
- Patient-Info, dass er locker bleibt und versucht, die Harnröhre zu „öffnen“ wie beim Wasserlassen → dadurch entspannt die Beckenbodenmuskulatur, die Manipulation durch die Geräte bereitet dann weniger Schmerzen
Rezidivprophylaxe:
Folgende Maßnahmen dienen der Vorbeugung von Harnsteinen, respektive Rezidiven:
- Gewichtsreduktion, weniger tierische Eiweiße, purinarme Kost
- Erhöhte Flüssigkeitszufuhr 3 – 4 Liter/ Tag (lt. Innere Buch 2–3 Liter) nach AO
→ konzentrierter Urin fördert die Steinbildung; wichtig ist daher auch 0,5 Liter vor dem Schlafengehen zu trinken; bei übermäßigem Schwitzen (Sport, Sauna) rascher Flüssigkeitsersatz; meiden von natrium- und calziumreichen Mineralwässern oder Milchprodukten
- Beeinflussung des Urin-pH: Alkalisieren bei Urat, Ansäuern bei Phosphat Steinen
- Medikamentöse Therapie: Allopurinol bei Harnsäure Steinen
- Beseitigung und Verhinderung von Harnwegsinfekten
- Bei Calciumoxalat Steinen senkt Allopurinol die Rezidivrate
- Bewegung / Sport treiben
- Wärme
- Ballaststoffreiche Kost/ Mischkost
- Behandlung von bestehenden Harnwegsinfekten