Autor/in: Teddy

Gerontopsychiatrie

Psychopathologie

Definition:

Lehre von den psychischen Phänomenen und Symptomen der psychiatrischen Störungen und Krankheiten. Beschreibende (deskriptive) Wissenschaft, keine Aussage über Ursachen (Ätiologie) und Entstehungsgeschichte / Krankheitsablauf (Pathogenese) möglich. Aufgaben der klinischen Psychopathologie: die beobachteten Symptome und Befunde systematisch zu analysieren und zu dokumentieren.

Elementarfunktionen und ihre Störungen:

Bewusstsein / Vigilanz (Vigilanz =“Wachheit“)

  • Quantitative Bewusstseinsstörungen(= mengenmäßig)
  • Qualitative Bewusstseinsstörungen (auf die Eigenschaft (Qualität) bezogen)

Inhaltsverzeichnis


Aufmerksamkeit / Gedächtnis

  • Aufmerksamkeit – und Konzentrationsstörungen
  • Auffassungsstörungen
  • Merkfähigkeit – und Gedächtnisstörungen

Orientierung

  • Orientierungsstörungen

Denken

  • Formale Denkstörungen
  • Inhaltliche Denkstörungen

Affektivität (Bereich der Gefühle / Stimmungen)

  • Affektive Störungen

Antrieb

  • Antriebsstörungen
  • psychomotorische Störungen

Ich – Erleben („was alles körperlich und biografisch zu mir gehört“)

  • Ich – Störungen

Intelligenz

  • Angeborene Intelligenzminderung (Oligophrenie)
  • Erworbene Intelligenzminderung

Wir gehen davon aus, dass diese Elementarfunktionen etwas typisch Menschliches sind und bei allen Menschen vorkommen.

Bewusstsein / Vigilanz

Quantitativer Aspekt:

Bewusstsein im Sinn von Schlaf – und Wachbewusstsein.
„Schlaf –Wachschaltung“ ist organisch im Gehirn verankert (unter anderem in der Medulla oblongata). Auch bei Tieren vorhanden.

Qualitativer Aspekt:

Reflektierendes Bewusstsein: Ich weiß um mich selbst. Ich kann geistige und seelische Zustände wahrnehmen. Ich weiß etwas über diese Zustände und kann über sie nachdenken. Ich kann Beziehungen herstellen zwischen meinen Bewusstseinsinhalten (z. B. Erleben, Erinnern, Vorstellung, Denken) und meinem Ich, dem etwas bewusst ist (Philosophie). Diesen qualitativen Aspekten kann man nur indirekt prüfen durch Beobachten der Aufmerksamkeit, Konzentration, Merk – und Gedächtnisfähigkeit, Denkfähigkeit, Urteilsfähigkeit,

quantitative Bewusstseinsstörung / Vigilanzstörung, Bewusstseinsminderung

Formen:

  • Benommenheit
  • leichterer Grad von Vigilanzstörung
  • Dösigkeit
  • Auffassungsstörung
  • Verlangsamung des Denkens
  • Somnolenz (Som = Schlaf)

Abnorme Schläfrigkeit.

  • Patient ist schläfrig – benommen,
  • signifikant verlangsamt
  • Spontanäußerungen fehlen
  • Es ist aber weck Bar, z. B. durch lauten Anruf
  • befolgt einfache Aufgaben
  • häufig Verwirrtheit
  • Verlangsamung
  • Ratlosigkeit
  • Sopor

Quantitative Bewusstseinsstörung

  • Betäubung
  • tiefschlafähnlicher Zustand
  • nur durch starke Schmerzreize kurzzeitig (er)weckbar
  • macht auf Schmerzreize hin Abwehrreaktionen-Koma-nicht zu unterbrechende Bewusstlosigkeit-nicht weckbar je nach Tiefe auf Schmerzreize hin noch (ungeordnete) Abwehrreaktionen, die dann aber auch aufhören

Vorkommen:

  • bei hirnorganischen Störungen
  • Vergiftungen (Intoxikationen)
  • schweren Allgemeinerkrankungen

– leichtere Formen auch bei:

  • körperlicher Erschöpfung
  • schwerere Form von Schädel – Hirn – Trauma (SHT)
  • Stoffwechselstörungen (diabetisches Koma)
  • sowie kurz vor dem Tod (präfinal)

Vigilanzstörungen sind immer ein Hinweis auf eine organische Ätiologie.

Qualitative Bewusstseinsstörungen

Hier geht es um die Eigenschaften des Bewusstseins, also um die Beschaffenheit (nicht um die Menge, wie oben). Bei diesen Störungen ist das Bewusstsein verändert, nicht vermindert.

Formen:

– Bewusstseinseintrübung

Definition:

Denken und Handeln sind verwirrt

Erscheinungsbild:

  • das Erleben ist mangelhaft klar in Bezug auf Umwelt und ich
  • das Bewusstsein ist zerstückelt, das heißt zusammenhanglos
  • das Denken ist verlangsamt und zusammenhanglos
  • die Merkfähigkeit ist gestört
  • der Betroffene ist oft desorientiert

Kommt vor einem Delir, bei zerebrovaskulären (Hirngefäß bedingten) Erkrankungen, schweren paranoid halluzinatorischen Psychosen.

– Bewusstseinseinengung

Definition:

Hier ist das Bewusstseinsfeld verkleinert. Der Zustand wirkt traumartig.

Erscheinungsbild:

  • Einengung von Denkinhalten und Vorstellungen, Erlebnissen und Handlungsweisen
  • verminderte Ansprechbarkeit auf Außenreize: Aufmerksamkeit scheint mehr nach innen gerichtet
  • Handlungsfähigkeit bleibt weitgehend erhalten, es sind sogar komplizierte Handlungen möglich
  • gelegentlich treten illusionäre Verkennungen und Halluzinationen auf
  • für den Zustand der Bewusstseinseinengung besteht meist eine Amnesie

Vorkommen:

  • Dämmerzustand bei Epilepsie
  • Zustand bei pathologischem Rausch
  • nach Hirntrauma
  • bei Intoxikationen (Vergiftungen)
  • Enzephalitis (Hirnentzündung)
  • gelegentlich bei starkem Affektdruck (Panik)
  • beim hysterischen Dämmerzustand
  • bei Somnambulismus (Schlafwandeln)

– Bewusstseinsverschiebungen / Erweiterung

Definition:

Abnorme Helligkeit des Bewusstseinsfeldes.

Erscheinungsbild:

  • der Betroffene hat das Gefühl, dass sich sein Bewusstsein verglichen mit dem Tagesbewusstsein verändert hat
  • er empfindet eine gesteigerte Intensität und Helligkeit seines Bewusstseins
  • er hat das Gefühl, dass sich sein Bewusstseinsraum vergrößert hat
  • er fühlt sich ungewöhnlich wach
  • dabei kann seine Reaktionszeit verkürzt sein, er kann aber auch in seiner Wahrnehmens – und Koordinationsfähigkeit eingeschränkt und unruhig sein

Vorkommen:

  • bei Intoxikation (hauptsächlich mit Psychostimulanzien und Halluzinogenen)
  • bei beginnender endogener Psychosen (z. B. Manie)
  • im Zustand von Meditation und Ekstasen

Aufmerksamkeit und Gedächtnis

Langzeitgedächtnis:

Alt – respektive biografisches Gedächtnis

Langzeitgedächtnis:

Neugedächtnis (letzter Tag und Woche)

Kurzzeitgedächtnis:

(bis zu 10 Minuten)

Ultrakurzzeitgedächtnis:

Arbeitsgedächtnis

  • Auffassung
  • Aufmerksamkeit / Konzentration

Aufmerksamkeit – / Konzentrationsstörungen

Definition:

Unfähigkeit zur Ausrichtung, Sammlung und Hirnordnung auf einen Gegenstand.

Erscheinungsbild:

  • der Betroffene kann nicht „bei der Sache“ bleiben
  • er kann seine Aufmerksamkeit nicht ausdauernd einer bestimmten Tätigkeit oder einem bestimmten Gegenstand zuwenden

Vorkommen:

Bei physiologischer Müdigkeit, bei hirnorganischen Veränderungen (hirnorganisches Psycho-Syndrom HOPS).

Prüfung:

  • In klinischen Gespräch: kann der Betroffene folgen?
  • Testaufgabe: z. B. von 100 immer 7 abziehen lassen, d2 – Belastungstest

Auffassungsstörung

Definition:

Die Fähigkeit, Wahrnehmungserlebnisse in ihrer Bedeutung zu begreifen, sie sinnvoll miteinander zu verbinden und mit früheren Erfahrungen zu verknüpfen, ist gestört. Die Auffassung kann falsch oder verlangsamt sein oder fehlen.

Erscheinungsbild:

Der betreffende deutet wahrgenommenes Fehl aber nicht wahrhaft wie bei einer Psychose bei einer (Hirn)organischen Störung ist er auch verlangsamt

Vorkommen:

Bei Aphasien, exogenen (von außen bedingten) Psychosen.

Prüfung:

Man lässt kleine Fabeln oder Geschichten nacherzählen.

Merkfähigkeit – / Gedächtnisstörungen

Definition:

Bei einer Merkfähigkeitsstörung ist die Fähigkeit, sich neue Eindrücke über eine Zeit von ca. 10 Minuten zu merken und ins Gedächtnis einzuprägen, herabgesetzt bis aufgehoben.

Von einer Gedächtnisstörung oder Störung der Erinnerungsfähigkeit reden wir, wenn die Fähigkeit herabgesetzt oder aufgehoben ist, länger als 10 Minuten zurückliegende Eindrücke im Gedächtnis zu behalten und abzurufen.

Prüfung:

Ähnlich wie oben: Abfragen von entsprechenden Gedächtnisinhalten aus dem Arbeit -, Kurzzeit – oder Neuzeitgedächtnis. Bei Bedarf auch aus dem Altgedächtnis.

Erscheinungsbild / Symptome

Amnesie:

Gedächtnislücke / Erinnerungslosigkeit

Retrograde Amnesie:

Erinnerungslosigkeit für die vor einem bestimmten Ereignis (meist mit Bewusstlosigkeit) liegende Zeit, z. B. Verkehrsunfall.

Anterograde Amnesie:

Erinnerungslosigkeit für die nach einem bestimmten Ereignis (überwiegend mit Bewusstlosigkeit) liegende Zeit, z. B. Verkehrsunfall.

Zeitgitterstörung:

Biografische Ereignisse können nur mangelhaft zeitlich zugeordnet werden.

Konfabulation:

Der Patient füllt Erinnerungslücken mit Fantasien und Einfällen, die er selbst für Erinnerungen hält (er ist von der Realität der Konfabulationen überzeugt).

Paramnesien:

So werden Erinnerungstäuschungen bis Gedächtnisillusionen und Halluzinationen genannt (Trug Erinnerungen).

Dejá – vu:

(frz., wörtlich: „Das schon einmal Gesehene“).

Der Betroffene glaubt überwiegend (kurzzeitig) eine Situation sei ihm bekannt, er habe sie schon einmal erlebt, ohne dass er dies aus dem Gedächtnis belegen kann. Kommt z. B. vor zum Beginn einer Psychose, bei Intoxikationen (Vergiftung) während des „Aura“ genannten Vorposten Symptomen (Prodromal Symptom) einer Epilepsie, bei Erschöpfung, im Traum, häufig auch bei gesunden als flüchtiges erleben.

Kriterien (Symptome) für leicht verwirrte Gruppe 1:

  • Kurzzeitgedächtnis noch punktvoll vorhanden
  • biografische Daten bruchstückhaft vorhanden
  • einfache Schlussfolgerungen noch möglich
  • Umstellung auf ein neues Thema funktioniert meist
  • Orientierung zur Zeit, Ort, Person, situativ meist vorhanden
  • eigene Erlebnisse können in kurzen Sätzen wiedergegeben werden
  • Konzentration / Wachheit sind kaum eingeschränkt
  • Altgedächtnis (biografisches Gedächtnis) funktioniert sehr gut

› dadurch Erfolgserlebnisse durch Rückblick in die Vergangenheit

Orientierung

Definition:

Fähigkeit, sich zur Zeit, Ort, Situation und auch bezüglich der eigenen Person zurechtzufinden und entsprechende Angaben zu machen. Bei einer Orientierungsstörung kann er dies nur eingeschränkt oder gar nicht und wirkt unsicher bis desorientiert.

Voraussetzung:

Keine bedeutende Störung der Vigilanz, keine ausgeprägte Auffassungs- oder Merkfähigkeitsstörung.

Formen und Prüfung:

Zeitliche Orientierungsstörung: man fragt den Betroffenen nach Tageszeit, Wochentag, Jahreszeit, Monat, Jahr, Datum. Dabei fällt die Desorientierung auf.

Örtliche Orientierungsstörung:

Der Betroffene weiß nicht, wo er ist. Voraussetzung: er müsste die Möglichkeit haben, sich zu orientieren.

Auch hier: fragen

Situative Orientierungsstörung

Der Betroffene hat keinen Überblick über die Situation, in der er sich befindet, (z. B. Untersuchung). Prüfung: fragen.

Orientierungsstörung zur Person:

Das Wissen um die eigene Person und persönliche lebensgeschichtliche Gegebenheiten sind gestört. Prüfung durch Fragen nach Name, Geburtstag, Beruf, Familienstand.

Wahrnehmung

Definition:

Sinnliche Wahrnehmung von Objekten aufgrund von Erinnerungsbildern als Gestalt (als Ganzheiten). Wahrnehmung geht von außen nach innen.

Voraussetzung:

Sinnesorgane funktionieren!

Quantitative Wahrnehmungsstörungen

Definition:

Falsche Wahrnehmung im Sinne von lückenhafter oder verminderter Wahrnehmung.

Erscheinungsbild:

Ausweitung und Beschleunigung, Fragmentierung oder Einengung sowie Fehler der Wahrnehmung aufgrund der Aufmerksamkeits-, Auffassungs- oder Konzentrationsstörungen.

Anmerkung / Hinweis:

Man sieht hieran, wie eng verschiedene Grundfunktionen und ihre Störung miteinander verbunden sind. Dennoch muss man sich um größtmögliche Differenzierung und Genauigkeit in der Beschreibung bemühen!

Vorkommen:

Körperlich bedingte psychische Störungen, zerebrovaskuläre Erkrankung, visueller Hemineglect (Vernachlässigung der Wahrnehmung in einer Gesichtsfeldhälfte, tritt häufig bei Apoplex auf (Schlaganfall)).

Qualitative Wahrnehmungsstörungen

Definition:

Veränderte Wahrnehmungen bei verändertem Realitätserleben oder Wahrnehmungserleben ohne entsprechende Sinnesreize.

Formen:

Illusionen

Definition:

Eine wirkliche sinnliche Wahrnehmung wird missinterpretiert. Etwas wirklich gegenständlich Vorhandenes wird für etwas anderes gehalten, als es tatsächlich ist, z. B. illusionäre Personenverkennung, bei der etwa eine Altenpflegerin für eine Verwandte gehalten wird.

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