Autor/in: Cordula

Unfallchirurgie Frakturen Seite 2

Gipsverbände der unteren Extremität

  • Generelles Prinzip: bei frischen Verletzungen: Gipsschiene, die nach Abschwellung durch Liegegips ersetzt wird. Wenn eine Teilbelastung möglich ist, wird der Liegegips durch einen Gehgips ersetzt; Winkel: Fuß: 90°, Knie 160°
  • Unterschenkelgipsschiene: bei frischen Verletzungen im Bereich des Sprunggelenkes und am Fuß. Dorsal angewinkelter L-förmiger Gipsstreifen. Keine Belastung erlaubt.
  • Oberschenkelgipsschiene: bei frischen Verletzungen im Bereich des Oberschenkels, Knie, Unterschenkel
  • Unterschenkel-/Oberschenkelliegegips: bei älteren Verletzungen nach Abschwellung. Zirkulärer Gips als Ersatz der entsprechenden Gipsschiene› Gips darf nicht belastet werden, aber Aufstehen mithilfe von Krücken nach AO möglich.
  • Gehgips: bei Verletzungen am Unter-/Oberschenkel, wenn Teilbelastung erlaubt ist. Entsteht durch Umwandlung eines Liegegipses. Wegen der Belastung wird die Sohle verstärkt, eine Gehhilfe (Gehstollen, Geh rolle) eingegipst oder ein abnehmbarer Geh-Schuh angeschnallt. Patient kann auftreten und abrollen.
  • Tutorschiene: dient zur Ruhigstellung des Kniegelenkes bei Weichteilverletzung mit Ergussbildung. Dorsal abgewinkelter Gipsstreifen vom Knöchel bis zur Leiste. Sprunggelenk bleibt frei beweglich, der Patient kann Schuhe anziehen und darf das Bein voll belasten.
  • Tutor: wie Tutorschiene nur zirkulär. Zur Ruhigstellung des Kniegelenkes, wenn keine Erguss-Gefahr mehr besteht und die Verletzung eine Vollbelastung erlaubt.
  • Sarmiento-Gips: Sonderform des Unterschenkelgipses, der eine frühfunktionelle Behandlung erlaubt. Durch Modulieren des oberen Gipsabschlusses an den Schienbeinkopf wird Rotationsstabilität im Knie erreicht und ein Teil des Körpergewichts auf den Gips übertragen, womit der Gips ähnlich einem Gehapparat wirkt und die Fraktur entlastet.

Inhaltsverzeichnis


Extensionsbehandlung

Definition:

  • Streckverband. Ruhigstellung (Retention) der Fraktur wird durch permanenten Zug auf die Bruchstücke erreicht.

Geeignete Frakturen:

  • Frakturen, die infolge starken Muskelzuges zu neuerlichen Verschiebungen, also hauptsächlich für Brüche der unteren Extremität› heutzutage gibt es nur noch wenige Indikationen

Prinzip:

  • Durch Zug am distalen Fragmentstück wird der Muskelzug aufgehoben und dadurch einer möglichen Verkürzung im Frakturbereich entgegengewirkt
  • Als Angriffspunkt für die Zugkraft dient ein Metallstift (Kirschner-Draht), der in örtlicher Betäubung quer durch das distale Bruchstück des gebrochenen Knochens gebohrt wird. Evtl. auch weiter peripher an einem unverletzten Knochen (z. B. im Bereich des Tibiakopfes bei Oberschenkelfraktur). In diesem Fall wird der Zug über die Bänder des Kniegelenkes auf die Fraktur übertragen.
  • Zugkraft variiert je nach Extensionsform (5%-15 %)
  • Zugrichtung: verläuft immer in Verlängerung der Längsachse des proximalen Knochenfragmentes
  • Als Gegengewicht dient das Körpergewicht

Spezielle Extensions formen

  • Kalkaneusextension: Fersenbein Extension: bei Unterschenkelfrakturen. Ein Kirschner-Draht wird durch das Fersenbein gebohrt.
  • Tibiakopfextension: bei Oberschenkelkopf- und Oberschenkelhalsfrakturen. Kirschner-Draht wird durch den Tibiakopf gebohrt. Wir meist nur kurzfristig präoperativ angewendet, da längerer Zug über das Kniegelenk dieses schädigt.
  • Plasterzug extension: bei Oberschenkelschaft Frakturen des Kindes bis zum 7. Lebensjahr
  • Crutschfield extension: bei Luxationen und Frakturen im Bereich des HWS

Operative Frakturbehandlung

Definition

  • Erfolgt durch Osteosynthese (=Knochenzusammensetzung). Operative Reposition und Fixation einer Fraktur.
  • Verschiedenen Fixierungssysteme: Drähte, Schrauben, Platten, Nägel und der Fixateur externe
  • Metallentfernung (ME) erfolgt nach Abschluss der Frakturheilung (3 Wochen bis 2 Jahre), oder bei kleinen Knochenfragmenten können mit resorbierbaren Stiften (Pins) fixiert werden
  • Endoprothese: Gelenkersatz bei einigen Frakturen nötig, diese bleiben für immer im Körper

Indikationen zur Osteosynthese

  • Es ist vom Einzelfall abhängig, fast immer operativ versorgt werden:
  • Offenen Frakturen
  • Frakturen im Gelenkbereich/mit Gelenkbeteiligung
  • Dislozierte Frakturen, die sich geschlossen nicht reponieren lassen
  • Frakturen mit begleitenden Nerven-/Gefäßverletzungen
  • Frakturen bei Polytrauma zur Pflegeerleichterung
  • Oberschenkelfrakturen bei Erwachsenen
  • Pseudoarthrosen
  • Operative Primärversorgung innerhalb der ersten 6 bis 8 Stunden (ansonsten: Weichteilschwellung zu hoch, erhöhte Infektionsgefahr und Wundheilungsstörungen können auftreten)
  • Sind mehr als 8 Stunden vergangen, muss mit der Operation gewartet werden, bis das Frakturhämatom resorbiert und die Weichteilschwellung abgeklungen ist (Dauer: 3 bis 5 Tage). Bis dahin wird die Fraktur in einer Gipsschiene gelagert und ex tendiert.

Stabilität einer Osteosynthese

  • Lagerungsstabile Osteosynthese: Frakturbereich darf nicht bewegt werden und wird in einer Gipsschiene ruhig gestellt
  • Übungsstabile Osteosynthese: die meisten Brüche, Patient kann die operative Extremität frei bewegen, jedoch nicht belasten. Nach Drainage Entfernung (nach ca. 2 Tagen) kann sofort mit der Physiotherapie begonnen werden.
  • Belastungsstabile Osteosynthese: manche Frakturen sind postoperative voll belastbar Bsp.: hüftgelenksnahe Femurfrakturen (TEP, Gamma-Nagel) und die Marknagelosteosynthesen des Ober- und Unterschenkels

Osteosynthese verfahren

• Mit Kopien aus dem Unterricht

Definition:

  • alle Techniken bewirken entweder eine reine Schienung oder eine zusätzliche Druckausübung auf den Bruchspalt, was die Heilung begünstigt (interfragmentäre Kompression)

Spickdrahtosteosynthese

  • Anwendung: distale Radiusfraktur, Brüche anhand und Fuß
  • Technik: nach Reposition werden 2 – 3 Kirschner-Drähte unter Röntgendurchleuchtung mithilfe einer Bohrmaschine durch die Haut eingedreht, wobei die Metallstifte das Bruchstück an den übrigen Knochen „anpicken“. Eine Kompression auf den Bruchspalt ist nicht möglich. Drähte verhindern die Dislokation des Fragmentes.
  • Stabilität: nicht übungsstabil, Gipsruhigstellung bis zum Abschluss der Frakturheilung notwendig

Zuggurtung

  • Anwendung: Ellenbogen (Olekranonfraktur), Kniescheibe
  • Technik: zwei Spick Drähte verhindern das Abrutschen der Fragmente. Dann wird eine im Kochen und an den Kirschner-Drähten fixierte Drahtschlaufe in Achterform unter Spannung angezogen („Gegurtet“), wodurch die Fraktur unter Kompression gerät.

Verschraubung, Schraubenosteosynthese

  • Anwendung: ohne zusätzliche Plattenosteosynthese nur bei kleinen Fragmenten (z. B. Innenknöchel)
  • Technik: durch das Eindrehen von Schrauben, die den Frakturspalt überqueren, werden die Fragmente zusammengepresst und fixiert
  • Stabilität: meistens übungsstabil

Marknagel

  • Anwendung: Oberschenkel- und Unterschenkelfraktur im mittleren Drittel
  • Technik: ein kräftiges Metallrohr wird in das Knochenmark eines Röhrenknochens eingeschlagen, wodurch eine innerer (intramedulläre) Schienung im Sinne eines „Rohr-in-Rohr-Prinzips“ entsteht. Der in der Markhöhle fest verkeilte Marknagel gestattet eine frühzeitige Belastung:
  • Stabilität: belastungsstabil

Verriegelungsnagel

  • Anwendung: gelenknahe Ober- und Unterschenkelfrakturen
  • Technik: ähnelt dem Marknagel, hat jedoch quer eingedrehte Schrauben, die die Bruchstücke gegenüber einer Rotationsverschiebung oder Verkürzung „verriegeln“. Sind proximales und distales Hauptfragment verriegelt, spricht man von einer statischen Verriegelung (keine interfragmentäre Kompression). Befinden sich die verriegelnden Querbolzen nur dem distalen Fragment, handelt es sich um eine dynamische Verriegelung (mit interfragmentärer Kompression)
  • Stabilität: belastungsstabil nach 1 – 4 Wochen (abhängig von Frakturform)

Plattenosteosynthese

  • Anwendung: je nach Frakturform an praktisch allen Knochen anwendbar, insbesondere an Röhrenknochen
  • Technik: eine Metallplatte wird in beiden Knochenfragmenten mit Schrauben fixiert. Es gibt vorgefertigte Platten in verschiedensten Formen (gerade Platte, Winkelplatte, T-Platte, L Platte). Die Platte dient entweder nur als Schiene oder zusätzlich zur Kompression der Bruchfläche. Zur Druckausübung wird die dynamische Kompressionsplatte (DC-Platte) bevorzugt eingesetzt.
  • Stabilität: meistens übungsstabil

Verbundosteosynthese: Doppelplatten-Verbundosteosynthese

  • Anwendung: Knochendefekte durch pathologische Fraktur
  • Technik: Belastungsstabile Verbindung der Fragmente durch Knochenzements (=Palacos) und Plattenosteosynthese. Wenn die Zerstörung des Knochens so weit fortgeschritten ist, dass die Bruchstücke nicht mehr aneinandergefügt werden können, wird der „Verbund“ der Fragmente durch Knochenzement, der den Hohlraum zwischen den Bruchstücken ausfüllt, wiederhergestellt. Zusätzliche Stabilisierung durch spezielle tragfähige Plattenkonstruktion.
  • Stabilität: belastungsstabil

Fixateur externe; äußerer Festhalter, äußerer Spanner, Außenspanner

  • Anwendung: offene Frakturen an den Extremitäten mit Weichteilschädigung, Stabilisierung bei Knocheninfekten oder Pseudoarthrosen
  • Technik: Stabilisierung der Fragmente durch eine außerhalb des Gewebes liegende Metallkonstruktion. In die Bruchstücke werden Metallstifte (lange Schrauben) quer zur Längsachse eingebracht. Sie überragen die Haut nach außen und dienen als verlängerte Arme der Bruchstücke. Außerhalb des Körpers werden die Metallstücke durch spezielle Rohre, Gelenkstücke und Spannvorrichtungen fest miteinander verbunden. Dadurch gelingt eine relativ schonende Reposition und Fixierung der Fraktur.
  • Stabilität: Übungsstabil
  • Bei fast allen offenen Frakturen zweiten und dritten Grades ist der Fixateur externe das Behandlungsverfahren der Wahl

Endoprothese

  • Anwendung: Schenkelhalsfraktur, Gelenkdegeneration (Coxarthrose besonders), seltener an anderen Gelenken (Knie, Ellenbogen)
  • Technik: Implantation eines künstlichen Gelenks aus Metall. Größte Bedeutung hat die TEP (Totalendoprothese), bei der Hüftkopf und Hüftpfanne ersetzt werden. Bei der Hemiendoprothese (HEP) wird nur der Hüftkopf ersetzt.
  • Stabilität: Belastungsstabil, Ausnahme: Zementfreie TEP

Spongiosaplastik

  • Anwendung: Defekt Zonen durch Trümmerfraktur, Pseudoarthrosen
  • Technik: Auffüllung von Knochendefekten mit körpereigenen regenerationsfähigem Knochenmaterial. Die Spongiosa wird aus Beckenkamm, Trochanter major oder Schienenbeinkopf entnommen und an den Ort des Defektes transplantiert. Zusätzlich ist eine Osteosynthese durch Fixateur externe oder Platte erforderlich.
  • Stabilität: durch Spongiosaplastik keine. Stabilität abhängig von der zusätzlichen Osteosynthese.

Vor- und Nachteile konservativer und operativer Frakturbehandlung

 

Gipsbehandlung

RepositionNicht exakt möglich
RuhigstellungAbsolut nicht möglich
MobilisationMithilfe von Gehstützen meist früh möglich
InfektionsrisikoKeines, da Fraktur geschlossen bleibt
WeichteilkontrolleNicht Möglich
ThromboserisikoBei Gips an unteren Extremitäten erheblich
Spezielle VorteileMeist ambulante Therapie möglich
Spezielle Nachteile• Druckschäden durch schlecht gepolsterten Gips

 

• Bei langer Gipsbehandlung Muskelatrophien und Gelenkversteifungen

 

Extension

RepositionNicht exakt möglich
RuhigstellungAbsolut nicht möglich
MobilisationKeine Mobilisierung möglich, Patient ist bettlägerig
InfektionsrisikoGering, nur im Bereich der Nageldurchtrittsstelle
WeichteilkontrolleMöglich
ThromboserisikoAufgrund der Bettlägerigkeit erheblich
Spezielle VorteileKeine Sekundärverletzungen durch Muskelzug
Spezielle Nachteile• Druckschäden durch schlechte Lagerung, bei zu hohem Zug Gefahr der Fraktur, Dislokation
• Gefahr Achsenfehlstellung/Spitzfuß bei falscher Lagerung
• Komplikation durch Bettlägerigkeit
 

Osteosynthese

RepositionAnatomisch korrekte Reposition
RuhigstellungAbsolute Ruhigstellung
MobilisationFrühmobilisation an Gehstützen oder Vollbelastung meist früh möglich
InfektionsrisikoInfektion des gesamten Knochens möglich
WeichteilkontrolleMöglich (besonders wichtig bei offenen Frakturen)
ThromboserisikoBei Frühmobilisation gering
Spezielle Vorteile• Oft keine Gipsbehandlung nötig

 

• Fraktur ist früh übungsstabil

Spezielle Nachteile• Narkoserisiko
• Meist zweiter Eingriff zur Entfernung des Osteosynthesematerials nötig
• Gefahr der Metalllockerung
• Gefahr der intraoperativen Schädigung anatomischer Strukturen

Spezielle Frakturen

Schädelbrüche

Am Schädel unterscheidet man

  • Brüche der Schädelkapsel (Kalottenfrakturen)
  • Schädelbasisfraktur
  • Gesichtsschädelfraktur

Prognose:

  • günstig, wenn Hirnhäute/Hirngewebe nicht verletzt sind und es zu keiner Hirnblutung gekommen ist; Mortalität: 10 bis 25 % aufgrund der häufigen Begleitverletzungen› sehr gefährlich

Kalottenfrakturen

  • Meist unkomplizierte Brüche ohne Hirnbeteiligung
  • Erfordern meist keine spezielle Behandlung
  • Stationäre Überwachung über ein bis zwei Tage zum Ausschluss von Hirnblutungen oder später auftretenden neurologisch auftretenden Symptomatiken
  • Meist schmale Bruchlinien in der Schädelkapsel
  • Impressionsfraktur: Durch ein direktes Trauma kann aber auch ein Knochenstück der Schädelkapsel nach innen eingedrückt (Imprimiert) sein; Gefahr: Knochensplitter können zur Verletzung der Hirnhäute und des Hirngewebes führen, eventuell operative Behandlung

Schädelbasisfrakturen

  • Unterscheidung: Offene und geschlossene Schädelbasisfrakturen. Bei offenen Schädelbasisfrakturen besteht eine offene Verbindung zwischen Liquorraum und Außenluft.

Symptome

  • Blutungen in die Umgebung der Augen: Monokel Hämatom: nur ein Auge betroffen
  • Blutung aus Ohr – Nase – Rachenhinterwand
  • Liquorrhoe: Liquorfluss aus Ohr-Nase-Rachenhinterwand; Beweis für eine offene Schädelbasisfraktur, Antibiotika Gabe, eventuell operativer Verschluss
  • Neurologische Störungen an Hirnnerven bei bis zu 50 % der Schädelbasisbrüche; besonders betroffen sind N.Facialis (Prüfung durch Stirnrunzeln, Augenschluss, Zähne zeigen, Pfeifen), N.Opticus (Gesichtsfeldausfälle), N.Abducens (Doppelbilder) oder N.Westibulocochlearis (Gleichgewichtsstörungen, und Hörverlust)

Diagnostik:

CT oder spezielle Röntgenaufnahmen

Therapie:

Konservative Maßnahmen (Stationäre Überwachung, regelmäßige Kontrolle der neurologischen Situation); richtet sich nach den Begleitverletzungen.

Gesichtsschädelfrakturen

Nasenbeinfraktur:

Häufigste Fraktur des Gesichtsschädels. Bei Dislokation ist aus kosmetischen Gründen eine Reposition und Fixation durch Stirn-Nasen-Gips (HNO-Arzt) erforderlich.

Mittelgesichtsfrakturen:

Betreffen Oberkiefer und Augenhöhlenboden

Unterkieferfrakturen

Sie werden konservativ durch interdentale Drahtschienen ruhig gestellt.

Frakturen der Wirbelsäule

  • Wirbelbrüche entstehen fast immer nur durch indirektes Trauma wie Stauchung oder Überbiegung, aber auch durch direkten Schlag oder Stoß
  • Einzelne Wirbelkörper, die Wirbelbögen oder die Gelenkfortsätze frakturieren, oder die Wirbelkörperdeckplatten werden ineinander gestaucht und die Bandscheibe verletzt (bei axialer Gewalteinwirkung)
  • Frakturtypen: Frakturen des Wirbelkörpers, des Wirbelbogens, der Gelenkfortsätze, der Dornfortsätze und der Querfortsätze
  • Besonders häufig brechen der letzte Brustwirbel (Th 12) sowie der erste und zweite Lendenwirbel (LWK 1/2)

Symptome

  • Spontanschmerz in den betroffenen Segmenten mit lokaler Muskelverspannung
  • Stauchungs- und Klopfschmerz über den jeweiligen Dornfortsätzen
  • Bei Mitverletzung des Rückenmarks neurologische Symptomatik (Lähmung, Sensibilitätsstörungen) verschiedener Ausprägung – evtl. Querschnittslähmung
  • Schocksymptomatik durch inneren Blutverlust bei ausgedehntem retroperitonealen Hämatom im Rahmen einer LWK-Fraktur
  • Ilius Symptomatik durch vorübergehende Darmlähmung (Irritation des Sympathikus), besonders bei LWK – Frakturen (Irritation der Retroperitoneal gelegenen Vegetativen Nerven)

Notfallmaßnahmen

  • Schon bei Verdacht auf Wirbelsäulenverletzung ist von einem möglichen Wirbelbruch auszugehen
  • Flachliegend transportieren, um jegliche Bewegung der Wirbelsäule zu vermeiden
  • Lagerung möglichst auf Vakuummatratze
  • Umlagerung des Verletzten mittels Schaufeltrage
  • Bei Abknickung der Wirbelsäule droht eine Verletzung des Rückenmarks
  • Bei Hinweisen auf eine Querschnittsymptomatik mit Harnretention ist die Katheterisierung wichtig
  • Nur durch Röntgen oder CT lässt sich ein Wirbelbruch sicher diagnostizieren

Therapie

Stabile Fraktur:

  • Wirbelkörperhinterkante ist intakt
  • es besteht daher keine Gefahr der Rückenmarksverletzung durch Knochenfragmente.
  • Konservative Behandlung mit frühzeitiger Mobilisation und Physiotherapie

Instabile Fraktur:

  • Wirbelkörperhinterkante defekt (z. B. bei Luxationsfrakturen), daher Schädigung des Rückenmarks möglich (Querschnittslähmung)
  • Operative Behandlung, womit sofortige Belastungsstabilität erreicht wird
  • konservative Therapie kommt nur bei nicht operablen Patienten infrage (strenge Bettruhe bis zur Belastungsstabilität, was Monate dauert)
  • operatives Verfahren: Fixateur interne und Spongiosaplastik zur Auffüllung der Trümmerzone
  • das eingebrachte Osteosynthesematerial wird wegen des hohen OP Risikos lebenslang belassen

Mobilisation

  • Vorgehensweise bei stabilen Wirbelfrakturen
  • Nach Abklingen der Schmerzsymptomatik (3-5 Tage), Beginn mit Physiotherapie im Bett zur Kräftigung der Rückenmuskulatur
  • Nach 2 Wochen Mobilisierung mit Teilbelastung im Gehwagen oder an Gehstützen
  • Keine Immobilisierenden Stützmieder (Korsett), weil dadurch eine Atrophie der Rückenmuskeln begünstigt wird. Moderne Aktivmieder fördern hingegen die Muskelstärkung.
  • Die Patienten sollten ein Sitztraining und eine Anleitung zum Aufstehen erhalten, da eine Beugung der Wirbelsäule nach vorne (Kyphosierung) in den ersten Wochen verboten ist

Spezielle Therapie bei HWS-Frakturen

  • Schanz Krawatte: Primärmaßnahme bei allen HWS Verletzungen. Bei der häufigen Zerrung der Halswirbelsäule (=HWS-Distorsion, z. B. nach Autounfall) genügt das Anlegen einer Schanz Krawatte als alleinige Therapiemaßnahme.
  • Halo-Fixateur= Halo Ring: konservatives Verfahren zur Behandlung stabiler Frakturen der HWS. Fixierung des Kopfes in einem Metallring, der sich auf den Schultern abstützt. Der Patient kann aufstehen. Tragedauer: 3 – 6 Monate
  • Crutschfield-Klammer: Sonderform der Extensionsbehandlung bei HWS Frakturen kommt nur als vorübergehende, präoperative Maßnahme bei schwer verletzten, liegenden Patienten infrage (z. B. SHT, Polytrauma). Die beiden Metalldorne werden in Lokalanästhesie in die Schädelkapsel verankert.

Verletzungen des Rückenmarkes

Traumatische Querschnittslähmung

Definition:

Traumatisch bedingte, völlige oder teilweise Schädigung eines oder mehrere Rückenmarksegmente mit neurologischen Ausfällen distal der Verletzungsstelle

Ursache

  • Meist durch Luxationsfraktur der Wirbelsäule: dislozierte Knochenfragmente oder ein Hämatom im Spinalkanal komprimiert das Mark
  • Komplikation einer Querschnittslähmung bei Wirbelfrakturen selten (besonders nicht bei stabilen Wirbelfrakturen)
  • Aber auch: Tumor, Entzündung, Durchblutungsstörungen …

Symptome

Kompletter Querschnitt

  • Lähmung betrifft alle nervalen Funktionen unterhalb des betroffenen Rückenmarktsegmentes (motorische, sensible und vegetative Leitungsbahnen sind unterbrochen)
  • Verlust der willkürlichen Muskelfunktion
  • Ausfall der Gefühlswahrnehmung (Berührungs-, Schmerz-, Temperatur-, Lage- und Bewegungsempfinden)
  • Fehlende Kontrolle über Blasen- und Darmfunktion
  • Störung der Sexualfunktion
  • Störung der Wärmeregulation und Schweißsekretion

Partieller oder inkompletter Querschnitt

Ausfälle je nach Schweregrad unterschiedlich ausgeprägt, Teilfunktionen noch erhalten

Symptomatik je nach Lokalisation der Rückenmarksverletzung

  • Je weiter kranial die Leitungsunterbrechung liegt, desto schwerer die Behinderung
  • Rückenmarksschädigung oberhalb des 5. Halssegmentes (C5), so fällt der aus C4 entspringende Zwerchfellnerv aus› sofortige Atemlähmung und Tod.
  • Tiefer liegende Läsionen der HWS› Tetraplegie (Lähmung aller Extremitäten, Rumpfes, Blase und Darm)
  • Paraplegie (Rumpf und Beine gelähmt) bei thorakaler und hoch lumbaler Verletzung des Rückenmarkes

Verlauf der Symptome

  • Spinaler Schock: unmittelbar nach Verletzung sind sämtliche Rückenmarksfunktionen unterhalb des geschädigten Segmentes erloschen
  • Es besteht eine schlaffe Tetra oder Paraplegie mit Areflexie, Sensibilitätsausfall sowie eine Blasen- und Mastdarmlähmung
  • Es kommt durch den Ausfall der vasomotorischen Nerven (N. sympathicus) zur Gefäßdilatation, besonderes des venösen Niederdrucksystems› Gefahr des Kreislaufschocks
  • Eigenreflexe wie Patellarsehnenreflex (PSR) nicht auslösbar, da die „Umschaltung“ von Peripherie zum Gehirn auch gestört ist
  • Später entsteht eine spastische Lähmung, da sich die Eigentätigkeit des Rückenmarkes auf segmentaler Ebene erholt und sich die Muskulatur über rein spinale Reflexbögen tonisiert

Prognose

  • Spinaler Schock: Dauer: mehrere Wochen
  • Entweder es bildet sich ein kompletter/inkompletter Querschnitt oder es kommt zur Rückbildung der neurologischen Symptomatik (beginnt kranial und schreitet nach kaudal fort) (sensible Funktionen werden öfters wieder erlangt als motorische)

Komplikationen

  • Aszendierende Harnwegsinfekte
  • Pneumonie
  • Dekubitus
  • Thrombose
  • Gelenkkontrakturen

Therapie

  • In Spezialabteilungen
  • Unvollständige Lähmungen: insbesondere wenn sie progredient sind, stellen einen neurologischen Notfall dar, und sollten innerhalb 6, spätestens 24 Stunden operiert werden
  • Instabile Wirbelfrakturen: bei denen die Gefahr einer Rückenmarksschädigung droht, auch ohne neurologische Symptomatik operativ stabilisiert (Bsp. Durch Fixateur interne)

Nachbehandlung

  • In Rehabilitationszentrum
  • Hautpflege, Dekubitusprophylaxe
  • Pneumonieprophylaxe
  • Muskeltraining und Gelenkmobilisierung, spezielle Gelenklagerung
  • Thromboembolieprophylaxe
  • Beherrschung der Blasen und Darmentleerung
  • Blase und Darm sind gelähmt, nicht „inkontinent“  Harn- und Stuhlretention,
  • Entleerung in der Frühphase über Katheterisierung oder Einläufe
  • Später: systematisches Training der Blase und des Darms über bestimmte äußere Reize (z. B. „Klopfen“) regelmäßig zu entleeren

Lumbaler Bandscheibenprolaps/Bandscheibenvorfall/Diskushernie/Diskusprolaps

Definition:

  • Vorfall der Bandscheibe (=Diskus) nach dorsal in Richtung Spinalkanal, wodurch eine Reizung oder Druckschädigung der dort verlaufenden Nervenwurzeln möglich ist

Ursache

  • Im Rahmen von Verschleißvorgängen kann die fibröse Hülle (Anulus fibrosus) der Bandscheibe rupturieren, wodurch der gallertige Inhalt (Nucleus pulposus) durch Druck der Wirbelkörper nach dorsal gequetscht wird
  • Meist im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, da hier ein besonderes starker statischer und dynamischer Belastung ausgesetzt ist
  • Auslöser meist eine plötzliche Rotationsbewegung oder ein „Verheben“

Symptome

  • Starke Kreuzschmerzen, weil der Nukleusprolaps gegen das hintere Längsband drückt
  • Schonhaltung, da sich die Rückenmuskulatur reflektorisch verspannt
  • Lumbago („Hexenschuss“): akuter Kreuzschmerz, es treten keine neurologischen Symptome auf, weil Nervenbündel nicht erreicht werden
  • Neurologische Symptome im Verlauf des neurologischen Nervs
  • Ischialgie: Nervenwurzeln des N. ischiadicus wird beim Bandscheibenvorfall der unteren beiden Wirbel komprimiert› Schmerzen und Parästhesien strahlen dem Nervenverlauf entsprechend aus (Gesäß, Oberschenkel bis Unterschenkel und Fuß)
  • Zervikale Bandscheibenschäden äußern sich durch Schmerzen im Arm, die durch Kopfbewegungen und Zug am Arm verstärken
  • Las›gue-Zeichen: bei Beugung im Hüftgelenk mit gestrecktem Knie werden die Nervenwurzeln zusätzlich angespannt› Schmerz verstärkt sich; Symptome treten meist nur einseitig auf, da der Nukleus aus anatomischen Gründen der Nukleus vorwiegend nach dorso-lateral prolabiert, bei dorsomedialem Vorfall sind beidseitig Symptome möglich
  • Kauda-Syndrom: bei dorso-medianem-Prolaps› gesamte Cauda equina wird komprimiert› schlaffe Lähmung beider Beine, Reithosenanästhesie; Blasen- und Mastdarmlähmung

Diagnostik:

  • CT oder MRT

Weiter lesen Seite 3 …

Weitere Quellen zu Frakturen
Erläuterung von Frakturen

Knochenbrüche
Fraktur

Diesen Beitrag teilen auf...

Twitter Facebook