Die Schizophrenien Seite 3
3. Behandlung schizophrener Psychosen.
Grundsätzlich unterscheidet man bei der Behandlung von Schizophrenien zwischen biologischen Behandlungsmethoden und psychotherapeutischen Behandlungsmethoden. Die biologischen Behandlungsmethoden werden nochmals in medikamentös und nichtmedikamentös unterteilt.
»Psychotherapien
Die Sozial – und Psychotherapie sollte an erster Stelle stehen. Nur diese Therapieform garantieren, dass die Betroffenen ihre Fähigkeiten, Gefühle, Denk – und Verhaltensmuster wiedererlangen. Die Psychotherapie gibt es in verschiedenen Arten: die individuelle Psychotherapie, die Familientherapie, die Gruppen – und Milieutherapie, und die Verhaltens – und Lerntherapie.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Die Schizophrenien Seite 3
- 1.0.0.1 3. Behandlung schizophrener Psychosen.
- 1.0.0.2 »Psychotherapien
- 1.0.0.3 »Medikamentöse Therapien
- 1.0.0.4 Nichtmedikamentöse Therapien
- 1.0.0.5 4.1. Der Hospitalismus.
- 1.0.0.6 4.2. Die Problematik im Wohnbereich.
- 1.0.0.7 »Aber die Enthospitalisierung von psychisch Kranken beginnt im Detail, wie folgendes Fallbeispiel zeigen soll:
- 1.0.0.8 4.3. Der Umgang mit Schizophrenen.
- 1.0.0.9 4.4. Behinderung und Förderansätze.
- 1.0.0.10 5. Abschließende Gedanken
Innerhalb der individuellen Therapie gibt es nun wieder verschiedene Schulen wie etwa: die Freud – Schule, Jung und seine Schule, M. Klein und ihre Schule und die interpersonale Schule. Auch mehrere Autoren wie Schultz – Hencke oder Rosen haben ihre eigenen Methoden entwickelt.
»Medikamentöse Therapien
Das erste Neuroleptikum Chlorpromazin wurde 1950 in Frankreich synthetisiert.
In der Folge wurde eine Vielzahl weiterer Neuroleptika entwickelt. Ihr Einsatz wird gegenwärtig als das Mittel der Wahl bei schizophrenen Erkrankungen angesehen. Der Vorteil: die akute, für den Erkrankten und die Mitmenschen oft quälende und beunruhigende Symptomatik kann heute mit diesen Medikamenten relativ rasch gelindert und häufig auch „normalisiert“ werden. Stationäre Aufnahmen können jetzt kürzer gestaltet werden, als bisher.
Der Begriff Neuroleptikum wurde geprägt, weil man bald feststellte, dass diese Medikamente charakteristische motorische Nebenwirkungen hervorriefen. Neuere Entwicklungen von Neuroleptika verringern diese motorischen Nebenwirkungen mehr und mehr. Die Medikamente stellen noch keine ideale Behandlungsmethode dar. Sie wirken hauptsächlich bei akuten produktiv – psychotischen Stadien und auch dort nicht bei allen Patienten.
Bei chronischen residual Zuständen – die vorwiegend bei den ehemaligen Dauerpatienten vorkommen, ist ihre Wirksamkeit weniger ausgeprägt. Grundsätzlich haben die Neuroleptika eine normalisierende Wirkung auf Störungen der Psychomotorik (Überaktivität, Erregung, Katatonie), der Affektivität, des Denkens, sowie auf Verstimmungszustände, auf Wahnsymptome und Sinnestäuschungen und wohl auch auf Autismus. Diese Wirkung ist spezifisch. Weiterhin haben sie eine sedierende, d. h. eine dämpfende, Schlaf anstoßende Wirkung. Diese Wirkung ist unspezifisch, abhängig von der Dosis und kann erwünscht oder unerwünscht sein.
Ganz sicher unerwünscht sind die Nebenwirkungen. Sie haben Einfluss z.B. auf die Motorik: es gibt verlangsamte Bewegungen, eine nicht unterdrückbare motorische Unruhe, Spasmen und Haltungsanomalien. Weitere Nebenwirkungen können sein: Blick – und Lidkrämpfe, Zungen – und Schlund Krämpfe, die mit Schluck – und Sprachstörungen verbunden sein können.
Nichtmedikamentöse Therapien
Die einzige auch heute noch breiter angewandte nicht – medikamentöse biologische Behandlungsmethode stellt die sogenannte Elektrokrampf-Behandlung (EKT) dar. Die Durchführung der EKT ist nur möglich, wenn der Betreffende sein Einverständnis gibt. Auch sind internistische Voruntersuchungen notwendig. Um die Behandlung möglichst schonend durchzuführen, wird sie meist unter einer Kurznarkose vorgenommen.
Überdies gab es nicht weitere Methoden, die aber heute keine Bedeutung in der Behandlung mehr haben. Genannt seien die Insulin Koma Therapie, chemische Krampfbehandlungen, Psycho chirurgische Eingriffe. Auch fand ich einen Bericht über eine Getreide – und milchfreie Diät als Therapie, mit der auch einige Erfolge erzielt wurden.
4. Betreuung, Möglichkeiten der Rehabilitation und Umgang mit schizophrenen Heimbewohnern
Chronisch psychisch Kranke wurden bis Anfang der 90er-Jahre in den neuen Bundesländern größtenteils als Dauerpatienten auf Pflegestationen in Großkliniken und Fachkrankenhäusern geführt. Ein Beispiel dafür ist das sächsische Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie in Großschweidnitz (SKH). Erst nach der politischen Wende begann auch hier der westdeutsche Standard zu greifen und die bis dato geführten Dauerpatienten wurden zu Heimbewohnern. Die Stationen mit dem Zusatz „Pflegeheim“ wurden ausgegliedert und zu einem mehr oder weniger eigenständigen Heimbereich, der wiederum in einzelne Wohngruppen aufgegliedert ist.
4.1. Der Hospitalismus.
Die langjährige Unterbringung als Dauerpatienten hatte den Hospitalismus der ohnehin schon psychisch kranken Menschen zur Folge. Darunter versteht man eine Milieu-Schädigung der Patienten durch den Verlust des Außenkontaktes, den Verlust oder das Verlernen normaler Arbeitsgewohnheiten und das Verlernen von selbstständigem, aktivem sozialem Verhalten durch die Anpassung an das Krankenhausmilieu.
Der Patient hat keine Rechte und Pflichten mehr, er zieht sich nicht mehr sorgfältig an und beschäftigt sich nicht mehr. Dadurch fühlt er sich nutzlos und minderwertig. Er merkt, dass er weniger Schwierigkeiten bekommt, wenn er sich unterordnet und das tut, was ihm gesagt wird. Er sitzt meist stumm da und bleibt für sich. Je länger er in der „Anstalt“ lebt, umso mehr Angst hat er vor einem Leben „draußen“.
4.2. Die Problematik im Wohnbereich.
In diesem Zustand befinden sich nun also die schizophrenen Heimbewohner. Das große Ziel ist wie in allen anderen Einrichtungen die Normalisierung. Und die Normalisierung ist für mich nicht nur ein Ziel, sondern auch ein Prinzip bei der täglichen Arbeit mit den Heimbewohnern. Zum Zwecke der Normalisierung müssen natürlich die Folgen der Hospitalisierung überwunden respektive beseitigt werden. Das ist ein langer Prozess, im SKH Großschweidnitz nimmt man ungefähr 15 bis 20 Jahre dafür an.
»Aber die Enthospitalisierung von psychisch Kranken beginnt im Detail, wie folgendes Fallbeispiel zeigen soll:
Wir als Team sind bestrebt, alle Heimbewohner in die anfallende hauswirtschaftliche Arbeit einzubeziehen. Herr G. ist einer von denen, die Arbeit in der Wohngruppe strikt ablehnen. Ich fragte ihn, warum er sich denn so gegen die Mithilfe sperrt. Er sagte mir, er würde seine Rechte genau kennen, schließlich sei er ein kranker Mensch und solange am Gebäude ein Schild mit der Aufschrift „Pflegeheim“ angebracht ist, brauche er keinen Finger krumm zu machen.
Dies ist nur eines von vielen Beispielen dieser Problematik. Der Umgang in den neu geschaffenen Heimbereichen ist ein ganz anderer als der auf einer Pflegestation. Die ganze Atmosphäre ist liberaler und wohnlicher geworden. Einige Heimbewohner sehen nur ihre Rechte, kommen aber ihren Pflichten in keiner Weise nach. Doch was hat dies alles mit dem Krankheitsbild Schizophrenie zu tun?
Nun, es zeigt, dass schizophrene Heimbewohner keinesfalls mit geistig Behinderten gleichzusetzen sind. Allenfalls ist ihre Intelligenz vermindert durch fehlende Förderung und Angebote in der Vergangenheit. Und es zeigt auch deutlich die Folgen des Hospitalismus. Früher wurden die Patienten rund um die Uhr bedient und sie sehen jetzt nicht ein, warum sie jetzt selbst mithelfen sollen.
Zudem kommen noch – jetzt spezifisch bei den schizophren psychisch Erkrankten – die Eigenheiten, die durch ihre Krankheit bedingt sind. Konkret ist dies meist der Wahn, oder ganze Wahnsysteme.
In einem o.g. Fallbeispiel erwähnte ich bereits Herrn R.
Er ist der festen Überzeugung, dass er der einzige wahre Nachfahre des Zaren Alexander ist. Zudem sind die Immobilien des SKH sein Eigentum. Warum sollte er also arbeiten? Er hat ja seine Bediensteten – in diesem Fall das Personal und einige der Mitheimbewohner. Wenn jemand es wagt, seine Versionen der Wirklichkeit anzuzweifeln, reagiert er mit ungeheurer Aggressivität und verfällt in einen Erregungszustand.
Dies bemerken natürlich auch die anderen Heimbewohner und fragen sich – nicht ganz unberechtigt – : wenn Herr R. nichts macht, warum sollen wir dann im Wohnbereich etwas tun?
Bei den Themen Freizeit und Kultur bemühen sich alle Mitarbeiter des Heimbereiches ein breites Spektrum an Angeboten zu erstellen. Die Resonanz bei den psychisch kranken Heimbewohnern ist im Vergleich zu den geistig Behinderten sehr gering. Dies scheint mir weniger eine Auswirkung der Hospitalisierung zu sein, sondern eher des Autismus, der ja ein Symptom der Schizophrenien – besonders der chronisch verlaufenden – ist.
Erwähnen möchte ich auch den Punkt Veränderungen im Wohnbereich. Um eine wohnlichere Atmosphäre zu schaffen, wurde schon viel getan: Die Tagesräume wurden mit Schrankwänden, ansprechenden Couchgarnituren, Fernsehgeräten, Beleuchtungen und Grünpflanzen gemütlich eingerichtet. Aus den Schlafsälen wurden ein – und Zweibett -, maximal Dreibettzimmer. Mit den Heimbewohnern haben wir z.B. Wandschmuck für die individuelle Gestaltung angefertigt.
Meine Beobachtung ist es aber, dass die alten, recht trostlosen Lebensbedingungen auf recht wenig Ablehnung gestoßen sind. Ja, sie waren für die Heimbewohner sogar vertrauter und bei einigen beliebter.
»Fallbeispiel:
Ich bin mit zwei Heimbewohnern beim Aufstellen des Weihnachtsschmucks. Frau W. betritt den Tagesraum und ich frage sie, ob sie vielleicht Lust hätte, uns zu helfen. Daraufhin bringt Frau W. recht erregt ihr Missfallen unserer Aktion zum Ausdruck: früher hätte es so einen Zirkus nicht gegeben, dies ist schließlich eine Anstalt und da darf es nicht so eine Weihnachtsdekoration geben. Auch Fernsehgeräte hätten in einer Anstalt nichts zu suchen …
Ich denke, wir können nicht so einfach unser Empfinden einer schönen Wohnumwelt auf die schizophren erkrankten Heimbewohner übertragen. Vielmehr müssen wir uns fragen, wie beeinflusst die schizophrene Störung das Geschmackserleben der Heimbewohner – z.B. bezüglich ihrer Wohnumwelt. So müssen wir als Betreuer also versuchen, bestimmte Dinge auch mit den Augen der Heimbewohner zu sehen. Andererseits ist die Normalisierung ja das große und einzig richtige Ziel.
Die Konsequenz darauf sollte also sein, unsere normalen Vorstellungen und die Ansichten der Heimbewohner – sofern diese geäußert werden – unter einen Hut zu bekommen. Doch dazu bedarf es einem Miteinander von Betreuungspersonal und Heimbewohnern. Das ist allerdings manchmal schwierig. Meine Beobachtung ist, dass zwischen Heimbewohnern – besonders den schizophren psychisch Kranken – und dem Betreuungspersonal noch immer eine Schranke gibt – als wären es zwei Welten. Dies ist sicher noch eine Nachwirkung des typischen Anstaltslebens als Dauerpatienten. Für geistig Behinderte gilt dies weniger, da sie ohnehin distanzloser und offener sind. So ist also die gegenwärtige Situation im Wohnbereich mit schizophrenen und geistig behinderten Heimbewohnern. Die Enthospitalisierung ist noch im Aufbruch und es ist ein langer Weg bis zu deren Erfolg.
4.3. Der Umgang mit Schizophrenen.
Der schizophren Erkrankte erlebt seine Wirklichkeit. Der Wohnbereich, die anderen Heimbewohner, das Betreuungspersonal, die Angehörigen werden dagegen oft unwichtig.
Ein Patentrezept für den Umgang mit Schizophrenen gibt es wohl nicht. Jede Situation und jeder Heimbewohner ist auch anders.
Kritische Einwände gegen die vorgebrachten Wahnideen oder gar den Versuch, dem Kranken den Wahn ausreden oder ihn durch Gegenbeweise von der Realität überzeugen zu wollen, halte ich für zwecklos und unklug. Dadurch verärgert man sein Gegenüber nur und kann schnell einen Erregungszustand heraufbeschwören. Charakteristisch für den Wahn ist ja gerade, dass er weder durch Argumente noch durch Beweise aufgelöst werden kann.
Andererseits ist es auch nicht richtig, allen Wahngedanken des Schizophrenen zuzustimmen. Oftmals sind diese Kranken sehr misstrauisch und manche haben sogar eine Art 7. Sinn durch ihre übersteigerte Wahrnehmung. Er würde allmählich merken, dass ich ihm nicht glaube. Im Kontakt und im Umgang mit Schizophrenen muss ich zumindest akzeptieren, dass die Wahnvorstellungen für den Betroffenen real sind. Über die Unwirklichkeit des Wahns muss ich mich also zunächst einmal hinwegsetzen können.
Dennoch muss ich auch durchblicken lasen, dass ich selbst die Wahnvorstellungen nicht teile. Ansonsten kommt es zum „Mitspielen“; wenn ich die Wahn-Überzeugung noch bestätige, dann trage ich zu seiner Verfestigung bei.
Als erstes Ziel um den Wahn kranken muss sein, einen vertrauensvollen Kontakt aufzubauen. Dies ist die Basis für die weitere Betreuung. Das schließt ein, dass ich mich als Betreuer auch für die (Wahn)Ängste des Kranken interessiere. Oftmals unterscheiden psychisch Kranke ihre Umwelt in Gut und Böse.
Auch beim Betreuungspersonal gibt es Personen, die eher als „böse“ oder mehr als „gut“ vom Kranken wahrgenommen werden. Diese Trennung ist sicherlich unbewusst und krankheitsbedingt, aber die „guten“ Personen haben eine bessere Chance, an den Schizophrenen heranzukommen. Um diesen einmal gewonnen Zugang zum Kranken nicht zu gefährden, müssen sie auf alle Handlungen verzichten, die vom Kranken negativ gedeutet werden könnten. Tuschelnde Bemerkungen zum Beispiel können schnell das Misstrauen wecken. Vertrauen und Zugang gewinnen kann man sicher auf recht unterschiedlichen Wegen.
Bei Herrn R. aus den vorangegangenen Fallbeispielen habe ich versucht, dies über seine Interessen und Hobbys zu schaffen. Nun sind diese bei Herrn R. bisher leider nur auf Musik hören begrenzt. Ich habe versucht, mich mit ihm über Musik, die er hört, zu unterhalten, habe ihm auch CDs von mir zum Anhören mitgebracht. Bedauerlicherweise waren diese Unterhaltungen nie so recht tiefgründig. Irgendwie kam Herr R. immer wieder in sein Wahnsystem zurück. Auch habe ich versucht, ihn bei vertretbaren Wünschen zu unterstützen. So habe ich ihn auch nach Dienstschluss mit dem Auto nach Löbau zu seiner Schwester ins Sozialheim mitgenommen. Ich denke, in letzter Zeit habe ich eine verhältnismäßig gute Beziehung zu Herrn R. aufbauen können. Das reichte jedoch noch nicht aus, um ihn zur täglichen Teilnahme an der Arbeitstherapie zu bewegen.
»Fallbeispiel:
Auf meine Frage, warum Herr R. nicht arbeiten gehe, sagt er mir, dass er ja genügend Millionen DM, Dollar und Rubel in Besitz habe. Daher denke er nicht daran, für 70,- DM im Monat zu arbeiten, da bliebe er doch lieber bis mittags im Bett. Ich versuchte also auf seinen Reichtum und die damit verbundenen Gefahren einzugehen. Wer er also wirklich reich sein wäre, dann sollte er das lieber nicht überall herumerzählen, sondern dies lieber geheim halten. Zur besseren „Tarnung“ empfahl ich ihm, genau wie alle anderen auch, mit zur Arbeitstherapie zu gehen. So würde er gar nicht auffallen. So erreichte ich zwar, dass er mit an der Arbeit teilnahm, aber nicht lange. Die von ihm verrichtete Arbeit empfand er bald als nicht standesgemäß.
Wichtig ist auch, den schizophren Erkrankten die Realität näher zubringen, ein wenig erlebbar zu machen. Das ist vorwiegend bei einer längeren Heimunterbringung wichtig. Ich kann so etwa den Kranken mehr in die Realität schildern, wenn ich in ein Gespräch den Fernsehfilm von gestern Abend, den Garten zu Hause, das Auto, die Familie einbeziehe.
Gespräche über sachliche Themen, also Themen, die wenig oder nichts mit seinen Gefühlen zu tun haben, können für den Schizophrenen hilfreich sein.
Als Betreuer muss, man hauptsächlich mit dem übersteigerten Misstrauen fertig werden können und auch mit den eventuellen Anschuldigungen und Drohungen, verbalen und sogar körperlichen Angriffen. Dies darf man einfach nicht persönlich nehmen und dem Schizophrenen nichts nachtragen.
4.4. Behinderung und Förderansätze.
Im Allgemeinen ist die Krankheitseinsicht aller psychisch Kranken gleich null. Dies konnte ich auch im Heimbereich erleben. Auffallend ist, dass grundsätzlich alle anderen Bewohner als krank erkannt werden, nur derjenige selbst ist nicht krank. Er fragt sich daher auch, was die anderen denn hier sollen, die gehörten doch ganz woanders hin …
Eine Behinderung ist auch bei Schizophrenen unbestreitbar vorhanden. Ich möchte es aber lieber ein Handicap nennen, denn das wirkt auf den Kranken nicht so absolut und nicht so unabdingbar. Die Einschränkungen liegen zwar auch teilweise auf dem kognitiven Gebiet, aber das ist kein Intelligenzabbau, wie z.B. bei einer Demenz, sondern die Folge der schon o.g. Denkstörungen. Man spricht auch von einer sogenannten kognitiven Dysfunktion. Die ist weiterhin verursacht von Aufmerksamkeitsstörungen, der fehlenden Entschlussfähigkeit, der eingeschränkten Fähigkeit Probleme lösen zu können und von der veränderten Wahrnehmungsschärfe.
Es existiert ebenfalls eine Dysfunktion der Affektivität wie keine Reaktion auf etwas, oder eine andere Reaktion, wie erwartet.
Die Kranken können oft nicht ermuntert werden, etwas zu tun. Auch die motorischen Leistungen sind verändert, respektive eingeschränkt, was stellenweise auch eine Nebenwirkung der Neuroleptika ist.
Wo bestehen nun konkret die Handicaps der Schizophrenen? An erster Stelle wohl in den sozialen Beziehungen. Richtige Freundschaften oder gar Partnerbeziehungen konnte ich bei Schizophrenen bislang nicht beobachten. Zusammengehörigkeitsgefühl und Gruppenfähigkeit sind eher Fremdwörter unter den Heimbewohnern.
Die Arbeitsaktivität ist sehr eingeschränkt. Die Folge ist Erwerbslosigkeit, für die Heimbewohner kommt nur eine Tätigkeit in geschützten Werkstätten in Betracht. Die Arbeitsleistungen sind dann entweder hervorragend, oder der Kranke ist gar nicht in der Lage, etwas zu tun.
Damit verbunden ist natürlich auch die gestörte Freizeitaktivität. Freizeit kann nicht sinnvoll genutzt werden, es fehlen die Interessen und vor allem der Antrieb.
Förderansätze, solche Menschen zu einem normaleren Leben zu führen, sind unter anderem folgende:
Die Aktivitäten des täglichen Lebens sollten geregelt ablaufen. Oft konnte ich einen gestörten Schlaf – Wach – Rhythmus beobachten. Einschlafen können manche erst spät abends, teilweise erst in den frühen Morgenstunden. Das Aufstehen verschiebt sich somit auf die Mittagszeit respektive den Nachmittag. Das regelmäßige Wecken zu einem normalen Zeitpunkt ist die Grundlage für einen geregelten Tagesablauf. Aber so ein Tagesablauf muss auch gestaltet werden.
Die Motivation steht immer wieder im Vordergrund, da meistens der Antrieb und die Eigeninitiative nicht ausreichen, um den Tagesablauf zu bewältigen. Die Mithilfe bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten bringt eine sinnvolle, realitätsbezogene Beschäftigung. Die Uhr und der Kalender gehören zum alltäglichen Leben – auch in einer Wohngruppe mit schizophren Erkrankten. Auch eine Tageszeitung schafft hauptsächlich eine Verbindung zur Realität – sie verbindet mit dem Zeitgeschehen.
Die Heimbewohner sollten auch in die Lage versetzt werden, die Zeit strukturieren zu können. Einen Höhepunkt wie ein Fest, einen Ausflug zu schaffen, bedeutet immer etwas, worauf man sich freuen kann. Man hat ein Ziel, etwas Besonderes, ein Erlebnis wird sich vom Alltag abheben. Dazu finde ich einen Wochenplan und einen Monatsplan günstig. Jeder weiß dann, was wann auf ihn zukommt.
Ein Wechsel von Arbeit und Freizeit wäre günstig. Wenn der Heimbewohner jeden Tag den Wohnbereich verlässt, um zur Arbeit zu gehen, wenn er dort etwas Nützliches tun kann und Geld verdient und nach getaner Arbeit wieder in die Wohngruppe, dann hat er schon nicht mehr ausschließlich die Rolle des abhängigen chronischen Kranken. Er hat dann auch Rechte und Pflichten eines Arbeitenden.
Für die Freizeitgestaltung müssen natürlich Angebote von den Betreuern gemacht werden. Sie sollten vorhanden sein, aber niemand darf zur Beschäftigung gezwungen werden, manchmal ist es ja auch gerade die Ruhe, die wichtig ist.
Für ein besseres Sozialverhalten steht vorwiegend der Sinn der Wohngruppe im Vordergrund. Beschäftigungen, Ausflüge, Kinobesuche, Spaziergänge usw. würde ich in einer Gruppe veranstalten. Zuerst noch in kleineren Gruppen, diese dann zusammennehmen, bis dann bei z.B. einem Fest alle Mitglieder der Wohngruppe versammelt sind.
Mitsprache – und Mitbestimmungsrecht sind durch den Hospitalismus stark eingeschränkt worden. Auch diese Dinge müssen erst wieder erlernt und geübt werden. Das Wohngruppengespräch, bei dem alle Heimbewohner und das Betreuungspersonal zusammensitzen, kann Missverständnisse und Probleme aus der Welt schaffen und Ideen der Bewohner verwirklichen helfen.
Die Mahlzeiten nehmen alle zusammen ein. Hier kann dann das Sozialverhalten gefördert werden, wenn ich als Betreuer vorwiegend auf den Umgang miteinander, normale Tischsitten und gegenseitiges Helfen achte.
Das äußere Erscheinungsbild des Heimbewohners kann ich ebenfalls beeinflussen. Gut macht sich ein großer Spiegel, in dem sich der Heimbewohner gut sehen kann. Hat man eine gute Beziehung zum Kranken, kann man sich mit ihm gemeinsam davorstellen und schauen, was man an Frisur, Bart, Kosmetik, Schmuck, Schuhen und Kleidung noch besser machen könnte. Dass Hemd oder Socken gewaschen werden müssten, dass der Heimbewohner sich selber waschen muss, kann dabei besprochen werden.
Schließlich ist es einer der wichtigsten Punkte auch die Kontakte zu den Angehörigen zu erhalten. Und das ist ein Förderprozess für den kranken Heimbewohner und die Angehörigen. Der schizophren Erkrankte sieht seiner Bindung zur Familie als gelöst, hat auch kaum Interesse an einer näheren Beziehung. Trotzdem würde es ihm guttun, etwas auch mal mit „den Seinen“ zu erleben und manchmal äußert er auch das Verlangen danach. Die Angehörigen ihrerseits haben sich teilweise schon von dem Kranken, der oft als das schwarze Schaf betrachtet wird, losgesagt. Als Betreuender bin ich nun in der Rolle des Vermittlers zwischen beiden Seiten und beide unter einen Hut zu bekommen empfand ich manchmal als bedeutend schwieriger, wie den Umgang mit schizophrenen Heimbewohnern selbst, die zudem als „schwer führbar“ gelten.
5. Abschließende Gedanken
Es ist nicht einfach Schizophrene zu verstehen, mit ihnen umzugehen, sie auch noch zu fördern, also ihre Fähigkeiten nicht nur zu erhalten, sondern auch noch neue hinzukommen zu lassen.
Was man braucht, ist natürlich das Wissen um die rätselhaften Vorgänge, die sich innerhalb der Krankheit abspielen. Mit dem Erarbeiten dieser Facharbeit ist mir erst richtig bewusst geworden, wie vielseitig dieses Thema ist und wie viele Dinge ineinandergreifen und sich gegenseitig beeinflussen.
Was man weiterhin braucht, sind Ziele. Die Folgen des Hospitalismus und die Auswirkungen der Krankheit sind recht groß. Ziele lassen sich daher schnell finden. Solche, die nicht überfordern und nicht unterfordern, die praxisnah und realistisch sind.
Was man ganz dringend braucht, ist ein Team, das geschlossen handelt, Absprachen einhält, dass … auch Vorschläge und Ideen einbringt und die Kranken gerecht behandelt.
Was man außerdem noch braucht, sind Fachdienste, die kooperativ sind und vor allem, die verfügbar sind…
Was ich als Betreuender beim Umgang mit schizophrenen Menschen selber brauche, sind Verständnis, das Wissen um die Krankheit, den Ehrgeiz, die Heimbewohner etwas voranzubringen, Hilfsbereitschaft, Einfühlungsvermögen, aber auch Durchsetzungsvermögen, keine Angst, die Fähigkeit Ruhe zu bewahren und sehr viel Geduld.
Quellenverzeichnis:
Psychiatrie der Gegenwart Bd. 4 „Schizophrenien“
(P. Baumann, G. Benedetti, P. Berner, P. Hartwich u.a.)
Forum der Psychiatrie „Schizophrene Dauerpatienten“
(W. Hartmann)
Psychiatrische Altenpflege
(Martin Trebert)
Psychiatrische Krankenpflege
(M. Rave-Schwank; C. Winter-v. Lersner)
Schizophrenie-Erkennen und Verstehen in Fragen und Antworten
(Prof. Dr. Volker Faust