Autor/in: Anonym

Demenzielle Erkrankungen

Hirnaltern und Hirnschwund (Atrophie) mit Demenz sind im Entwicklungsprozess gleich, die Auswirkungen jedoch unterschiedlich. Der Übergang von normaler Hirnalterung zur Demenz hin ist schwimmend. Demenz setzt dann ein, wenn das Ausmaß des Hirngewebeschadens eine kritische Marke überschreitet.

Demenz = Abnahme geistiger Fähigkeiten, hauptsächlich des Gedächtnisses (Störungen in Frisch- und Altgedächtnis) und der Intelligenz (Intelligenzstörungen mit kognitiven Ausfällen), mit mindestens einer der folgenden Denkstörungen:

  • Aphasie = Sprachstörung
  • Apraxie = Unfähigkeit zu handeln
  • Agnosie = Erkennungsstörungen und Desorientierung
  • Abstraktionsverlust = Rechenunfähigkeit
  • Assessmentstörung = Urteilsstörung im Schlussfolgern, Planen
  • Antriebsstörung und Störung der Gefühlskontrolle


Verloren gehen:

  • Kompetenzen
  • Kontinuität der Erfahrungen
  • Kongruenz mit anderen
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Kontrolle der Gefühle
  • Konturen der Realität

(Quelle: Kompendium der Alters-Psychiatrie und Neurologie, Grond, S.115)

Dementielle Erkrankungen

SDAT = Senile Demenz Alzheimer Typ

Ursachen: nicht genau erforscht, explizit nachweisbar erst nach dem Tod

Mögliche Ursachen:

  • Erbfaktoren, bei 1/3 der Erkrankten ist ein Verwandter betroffen. Bei der sehr seltenen dominant erblichen präsenilen Form ist ein Defekt auf Chromosom 21 nachgewiesen.
  • Möglich sind auch als Auslöser Vergiftungen mit Aluminium, Blei, Zink, Lösungsmittel
  • Ggf. Schleichende Virusinfekte
  • Möglich auch frühere Hirnverletzungen, wie zum Beispiel bei Boxern, nach schwersten Unfällen
  • Psychosoziale Risikofaktoren wie z. B. soziale Isolation, mangelnde Motivation, mangelnde geistige Anregung, Depressionen, Wahnvorstellungen, vieles mehr ist möglich

Pathologische Anatomie:

  • Gehirnschrumpfung
  • Weniger Nervengewebe, die Windungen werden schmaler, flacher, die Furchen werden breiter
  • Amyloid -Ablagerungen an den Synapsen (auch hier gilt, wirklich nachweisbar erst nach dem Tod)

Alzheimer Stadien nach Reisberg:

Kognitiver Verfall: 1. keiner
Klinische Phase
: normal
Auswirkungen: Keine Einschränkung

Kognitiver Verfall: 2. sehr milder
Klinische Phase
: Vergesslichkeit
Auswirkungen: Findet Gegenstände nicht wieder, vergisst Namen

Kognitiver Verfall: 3. Milder
Klinische Phase
: Frühe Konfusion
Auswirkungen: Erste erkennbare Defizite, verirrt sich leicht, berufliche Leistungsabnahme, Wort/Namensfindungsstörungen, verliert, verlegt Gegenstände, Merkfähigkeit und Konzentration lassen nach

Kognitiver Verfall: 4. Mäßiger
Klinische Phase
: Späte Konfusion
Auswirkungen: Schlecht informiert über aktuelles, Erinnerungslücken, Konzentrationsschwäche, kann nicht verreisen, Geld verwalten ist unmöglich, kann komplexe Aufgaben nicht durchführen, verdrängt, vermeidet Konkurrenz

Kognitiver Verfall: 5. mäßig schwerer
Klinische Phase
: Beginnende, frühe Demenz
Auswirkungen: Auf Hilfe angewiesen, vergisst wichtiges im Alltag, räumlich und zeitlich desorientiert

Kognitiver Verfall: 6. schwerer
Klinische Phase
: Mittelschwere Demenz
Auswirkungen: Hilfe bei Körperpflege nötig, Kurzzeitgedächtnis verloren, Langzeitgedächtnis eingeschränkt, mit Einbußen, von anderen völlig abhängig, nimmt Umwelt nicht wahr, kann nicht von 10 rückwärts zählen, Tag-Nacht-Rhythmus gestört, Halluzinationen/Zwänge/Angst, geschäftig, unfähig, selbstständig zur Toilette zu gehen-Inkontinent

Kognitiver Verfall: 7. Schwerster
Klinische Phase
: sehr weit fortgeschrittene Demenz
Auswirkungen: Kann nur 5–6 Worte sprechen, sprachliche Verständigung also unmöglich, motorisch geh/Sitz unfähig, komplett inkontinent, alle kortikalen (= von der Hirnrinde ausgehend)Funktionen gestört

Stupor (= Bezeichnung für Zustand ohne erkennbare psychische und körperliche Aktivität, mit Akinese, Anämie, Mutismus bei wachem Bewusstsein mit extremer innerer Anspannung [Pschyrembel])

MID = Multi-Infarkt-Demenz

Risikofaktoren:

  • Rauchen
  • Hypertonie
  • Übergewicht
  • Stress
  • Gicht
  • Diabetes mellitus
  • Hypercholesterinämie

Ursache:

  • Arteriosklerose (= Verhärtung, Verdickung, Verengung und Elastizitätsverlust der Gefäßwände infolge von Einlagerungen von Fettstoffen in die innerste Schicht der Arterienwand. Die Fetteinlagerungen verkalken später und führen zu einer Aufrauung der Innenwand)
  • Gefäßverschlüsse, also lauter kleine „Infarkte“ dadurch nicht durchblutete Areale

Pathologische Anatomie:

Nekrosen der verschiedensten Größen

Symptome:

Multi-Infarkt-Demenz (MID)

Die Multi-Infarkt-Demenz beruht auf einer Durchblutungsstörung des Gehirns. Zahlreiche kleine bis kleinste Infarkte bewirken neben neurologischer Herd Symptomatik die Entwicklung einer Demenz. Diese Infarkte können gelegentlich im Bereich der Hirnrinde auftreten (auch als größere, sogenannte Territorialinfarkte), meist aber führen sie zu einer ausgedehnten Schädigung des subkortikalen Marklagers. Da diese Demenz Form in der Regel mit einer Erkrankung der Blutgefäße zusammenhängt, spricht man auch von vaskulären Demenzen.

Die Multi-Infarkt-Demenz (früher als arteriosklerotische Demenz, unglücklicherweise auch als Zerebralsklerose bezeichnet) ist mit maximal 20 % Anteil an allen Demenzen wesentlich seltener als die Alzheimer-Demenz mit 70 %. Mischformen zwischen beiden Demenz arten sind möglich.

Symptome

Von der Symptomatik her ist die MID von der Alzheimer-Demenz schwer zu unterscheiden. Ein wichtiger Hinweis sind Bluthochdruck und Gefäßkrankheiten in der Vorgeschichte. Folgende Symptome machen das Vorliegen einer MID wahrscheinlich:

  • Schrittweise Verschlechterung (bei der SDAT langsam fortschreitend)
  • Von Anfang an neurologische Herdbefunde: motorische Ausfälle, neuropsychologische Störungen
  • Veränderungen des Gefühlslebens wie Affektlabilität und Affektdurchlässigkeit
  • Angeblich bei vaskulären Demenzen eher Persönlichkeitsveränderungen wie Enthemmung, Reizbarkeit, Hypochondrie
  • Gehäufte, hauptsächlich nächtliche delirante Zustände (Delir bedeutet ein Syndrom mit starker Unruhe, Desorientiertheit und halluzinatorischen Erlebnissen.)
  • Vermutlich häufiger sogenannte Tag-Nacht-Umkehr als bei anderen Demenzen Formen
  • Häufiger Schwindel, Ohrensausen, flüchtige Sehstörungen etc.

Verlauf

Die Erkrankung führt ähnlich wie die Alzheimer-Demenz zum Tod des Patienten. Überwiegend ist die Lebenserwartung allein schon durch die Grundkrankheit (Arteriosklerose) mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Herzrhythmusstörungen begrenzt. Obwohl vaskuläre Demenzen überwiegend im höheren Lebensalter auftreten, gibt es auch hier präsenile Formen, so z. B. die Binswanger-Krankheit, die mit ausgedehnten Veränderungen des Marklagers verbunden ist.

Ursachen

Die häufigste Ursache der Multi-Infarkt-Demenz ist die Arteriosklerose, vorwiegend der kleinen Hirngefäße. Diese entwickelt sich auf dem Boden der bekannten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Nikotin missbrauch. Manchmal können auch Fettstoffwechselstörungen allein zu vaskulärer Hirnschädigung führen, insbesondere im Zusammenhang mit Diabetes mellitus. Eine andere, seltene Ursache sind entzündliche Gefäßkrankheiten. Da die genannten Risikofaktoren meist über einen längeren Zeitraum bestehen, ist eine gewisse Prophylaxe durch entsprechende Behandlung oder Lebensweise möglich.

Therapie

Liegt einmal eine Multi-Infarkt-Demenz vor, sind die Behandlungsmöglichkeiten beschränkt. Bei Arteriosklerose gelten dieselben Richtlinien wie bei der Schlaganfall-Behandlung. Bei entzündlichen Gefäßkrankheiten ist eine Cortisongabe sinnvoll. Im Wesentlichen liegt der Schwerpunkt der Bemühungen auf einer Behandlung des Grundleidens.

Für die symptomatische Therapie sowie den Umgang mit Betroffenen gelten dieselben Richtlinien wie unter der Behandlung der Alzheimer-Demenz dargestellt

Quelle: Neurologie und Psychiatrie für Altenpflegepersonal, Peter Hahn

Unterschiedlicher Verlauf zwischen

Unterschiedlicher Verlauf zwischen SDAT und MID
Krankheitsverlauf der Demenz

(Quelle: Schemazeichnung der Dozentin an Tafel)

Wie kommt der Neurologe zur Diagnose Demenz?

Zunächst durch sorgfältige Anamnese

  • Frage nach Grunderkrankungen wie zum Beispiel Arteriosklerose
  • Familiäre Grunderkrankungen
  • Erstes Auftreten, wie bemerkt?
  • Vielleicht in Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen?
  • Depressionen, also Pseudodemenz versuchen auszuschließen
  • Ausschließen von körperlichen Ursachen wie Schilddrüsenfunktionsstörungen/ Erkrankungen
  • Herzfehler wie Synkopen
  • Suchen nach Kraftverlust, Reflexveränderungen,
  • Suchen nach neurologischen Defiziten wie vorangegangener TIA-PRIND
  • Bildgebende Verfahren wie CT, Angiopathie etc.
  • Doppler an Subclavia zwecks Ausschluss von Durchblutungsstörungen dieser Art
  • Kernspin (=elektrische Felder werden gemessen)
  • Testverfahren wie etwa der Mini-Mental-Status-Test nach Folstein zur Feststellung der Hirnleistung

Vier Prinzipien der Demenz Behandlung

Im Zentrum der deshalb „nur“ palliativen (=lindernden, die Lebensqualität so weit wie möglich erhaltenden) Betreuung stehen zurzeit vier Behandlungsprinzipien:

  • Die internistische Basistherapie – sie ist bei MID von besonders großer Bedeutung.
  • Behandlung der zugrunde liegenden Gefäßerkrankung sowie möglichst Ausschaltung der Risikofaktoren
  • Somit Vermeidung erneuter Ischämien-Mangeldurchblutungen
  • Ebenso wichtig, die Therapie von Herzrhythmusstörungen und Hypertonie

Nootropika

  • Diese sind wegen ihrer fraglichen Wirksamkeit umstritten, aber in Einzelfällen relativ eindeutig helfende Pharmaka, die die zerebrale Leistungsfähigkeit verbessern
  • Relativ gut untersucht ist Piracetam, etwa in Nootrop oder Normabrain

Behandlung der Verhaltensauffälligkeiten durch aktivierende Betreuung

  • Ggf. Training mit Ergotherapeuten
  • Angepasste Ernährung
  • Gezielter Einsatz von Psychopharmaka zur Behandlung von Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen sowie bei Erregungszuständen

Angehörigenberatung und Betreuung

  • Entlastung und Unterstützung von pflegenden Angehörigen
  • Vermittlung zu Selbsthilfegruppen
  • Angebote ambulanter Pflege vermitteln

Quelle: Mensch -Körper-Krankheit, Gustav Fischer Verlag

Weitere Quellen zu Dementielle Erkrankungen
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Demenz
Alzheimer-Demenz

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