Autor/in: Judith M.

Arthrose und Arthritis

a. Arthrose

Anatomie/Physiologie:

Gelenke

  • Echte Gelenke verbinden Skelett abschnitte beweglich miteinander, ermöglichen bestimmte Bewegungsrichtungen und hemmen, je nach Gelenkart, andere Bewegungen.
  • Ermöglichen leichte, möglichst reibungslose Bewegungen durch Synovia und Gelenkspalt.
  • Fangen Druck beim Stehen und Springen auf durch Elastizität des hyalinen Knorpels.

Echte Gelenke:

  • besitzen eine Kapsel,
  • haben einen schmalen Gelenkspalt mit Synovia, die von der Innenhaut der Gelenke gebildet wird und der Ernährung des Knorpels und der Reibungsfreiheit der Gelenkflächen dient,
  • werden durch Gelenkbänder zusammengehalten,
  • haben einen hyalinen Knorpelüberzug,
  • ermöglichen die Beweglichkeit zweier oder mehrerer Knochen gegeneinander,
  • verfügen über Zwischenscheiben (Disci und Menisci).


Definition: Arthrose (degenerativer Rheumatismus)

Ein nicht entzündlicher Abbau und Umbau der Gelenke, der über den Alterungsprozess hinausgeht.

  • Erkrankung des Bindegewebes, das aus verschiedenen Elementen aufgebaut ist (Zellen, Fasern, Grundsubstanz, Versorgungsnerven, Gefäßsystem).
  • Die Zusammensetzung der Elemente hängt von der Funktion des Bindegewebes ab.
  • Das Bindegewebe unterliegt einem Alterungs- und Verschleißprozess.
  • Abnutzungserscheinungen sind spätestens ab dem 30. Lebensjahr mikroskopisch zu erkennen, später auch im Röntgenbild zu sehen. Beschwerden müssen nicht auftreten.
  • Die Arthrose tritt mit mehr als 50 000 Fällen pro Jahr in der Klinik auf.

Ursachen

  • Erbliche Disposition – primäre Arthrose,
  • schädliche Einflüsse für die Entwicklung einer sekundären Arthrose:
  • Mechanische Über- und Fehlbelastung,
  • Wiederholte entzündliche Schädigungen,
  • Ablagerungen von Stoffwechselendprodukten in den Gelenkgeweben (Gicht),
  • Ernährungs- und Durchblutungsstörungen,
  • Hormonelle Faktoren, besonders hormonelle Umstellung im Klimakterium.

4) Pathophysiologie

  • Prozess beginnt am Gelenkknorpel. Die Gelenkoberfläche wird rau, splittert faserig auf und zeigt später tief greifende Defekte, die schließlich die Knochenschicht erreichen.
  • Als Reaktion auf die Schädigung laufen gleichzeitig Anbau- und Umbauprozesse an.
  • Die Gelenkaußenseiten verbreitern sich durch knöcherne Auswüchse, wodurch die charakteristischen Randwülste der arthrotischen Gelenke entstehen.
  • Die Gelenkinnenhaut reagiert mit Reizerscheinungen in Form von Ergüssen und Entzündungen.
  • Bei auftretenden Entzündungszeichen spricht man von einer aktivierten Arthrose (Entzündungszeichen: Tumor, Rubor, Calor, Dolor).
  • Durch Fehlbelastung der arthrotischen Gelenke werden Sehnen und Bänder in Mitleidenschaft gezogen.
  • Die Muskulatur reagiert mit schmerzhafter, reflektorischer Verkrampfung.

5) Klinik/Symptome

  • Leitsymptom ist der Schmerz.
  • Schmerz erst nur nach Belastung, später bei einfachen Bewegungen, bei weiterem Fortschreiten Dauerschmerz.
  • Typisch ist der Anlaufschmerz morgens oder nach längerer Ruhezeit, der im Anfangsstadium der Erkrankung nach einiger Zeit der Bewegung zurückgeht. Das Gelenk kann wieder normal bewegt werden.
  • Durch Ausstrahlung der Schmerzen werden oft Muskelverspannungen ausgelöst.
  • Steifigkeits- und Spannungsgefühl in den Gelenken wird durch die Beteiligung der Gelenke und Ergussbildung ausgelöst.
  • Die Bewegungseinschränkung der betroffenen Gelenke ist in der ersten Zeit schmerzbedingt, später Folge der Umbauprozesse an den Gelenken.
  • Die Schonung der Gelenke führt zu einer Überbelastung anderer Gelenke, Sehnen, Bänder und Muskelpartien, wodurch wiederum Arthrose, Reize und Schmerzen ausgelöst werden können.
  • Außerdem führt das Nicht-Bewegen eines Gelenks zur Degeneration von Muskeln, Verkürzung der Bänder und Sehnen und somit zu einer Kontraktur.
  • Faktoren, die arthrotische Beschwerden verstärken können:
  • Überbelastung,
  • Kälte,
  • Nässe,
  • Wetterumschwung,
  • Stoffwechselprodukte.

6) Befunde bei der Untersuchung

  • Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, erst nur in den Endphasen der Beugung, Streckung, Abspreizung oder Rotation.
  • Umschriebener Druckschmerz (Gelenkspalt, Sehnen- und Kapsel Ansatz).
  • Verdickung des Gelenks durch Kapsel Schwellung, durch die Randwulst Bildung und durch einen eventuellen Reizerguss.
  • Fehlen von Rötung und Überwärmung.
  • Fehlstellung des Gelenks durch Umbauvorgänge.
  • Muskelatrophie,
  • Gelenkinstabilität durch Lockerung des Halteapparates.

7) Diagnose

Körperliche und röntgenologische Untersuchungen:

  • Randwulst Bildung schon in frühen Stadien,
  • Geröllzysten Bildung durch Schwund des Knorpels und der angrenzenden Knochenschicht,
  • Knochenverdichtung (Sklerosierung) unterhalb der Knorpelschicht als Reaktion auf den Knorpelschwund und die dadurch entstehende Mehrbelastung des Knochens.
  • Gelenkspaltverschmälerung durch Knorpelschwund, Knorpel stellt sich im Röntgenbild nicht mehr dar.

Labordiagnostik:

  • Blut- und Serum Untersuchungen fallen normal aus, außer bei Stoffwechselerkrankungen und sekundärer Arthritis
  • Gelenkpunktat zeigt eine mäßige Zellzahlvermehrung, überwiegend Lymphozyten und Monozyten.
  • Die Viskosität der Synovia ist herabgesetzt.

8) Therapie

  • Entlastung der betroffenen Gelenke, ohne die notwendige Bewegung einzuschränken, zum Beispiel durch Gewichtsreduktion, Gehhilfen oder ein Korsett.
  • Um Beweglichkeit am Morgen zu verbessern, kann in Absprache mit dem Betroffenen die Schmerzmedikation sehr früh am Morgen gegeben werden, dann ist die Wirkung beim Aufstehen bereits eingetreten.
  • Schmerz- und Entzündung Beseitigung durch Hemmung der überschießenden Reaktion des Bindegewebes mittels:
  • Antirheumatika,
  • Glukokortikoid gaben in die Gelenke,
  • Packungen mit durchblutungsfördernden und entzündungshemmenden Salben,
  • Hemmung von abbauenden Enzymen und Entzündung Vermittlern (Mediatoren) durch sogenannte Knorpelschutzpräparate.
  • Physikalische Therapie mit Wärmeanwendung in Form von Bädern, Moorpackungen, Fango … oder Kälteanwendungen, vorwiegend in Reizphasen oder wenn der Betroffene Kälte als lindernd empfindet.
  • Physiotherapie ® Bewegungsbad, Lockerungsübungen, Muskeltraining, Massagen.
  • Röntgenreizbestrahlung einzelner Gelenke.
  • Operativ-orthopädische Maßnahmen in Form von Versteifungs-, Entlastungsoperationen, Gelenkersatz.

9) Prophylaxe

  • Früherkennung angeborener oder erworbener Fehlstellungen, die ein Gelenk unphysiologisch belasten, wie zum Beispiel: Hüftfehlstellungen, Beinverkürzungen, Fehlhaltung der Wirbelsäule, Fußfehlstellungen.
  • Körperliche Betätigung, die ausgewogen, vielseitig und in Maßen ausgeführt werden soll.
  • Ausgleichstraining bei einseitiger beruflicher oder sportlicher Belastung.

10) Gefährdete Gelenke

  • Hüftgelenke   ® Coxarthrose,
  • Kniegelenke  ® Gonarthrose,
  • kleine Gelenke an Fingern und Zehen, bei Fingern: Mittel- und Endgelenke ®Polyarthrose
  • Daumenwurzelgelenk ®Rhizarthrose

Coxarthrose, Gonarthrose, Polyarthrose

I. Coxarthrose

1) Definition: Coxarthrose

  • Arthrose der Hüftgelenke, tritt häufig nach dem 50. Lebensjahr auf.
2) Ursachen
  • Angeborene Fehlbildungen der Gelenkpfanne,
  • Entwicklungsstörungen am Gelenkkopf,
  • Fehlstellungen der Beine,
  • Wiederholte kleine Traumen,
  • Entzündungen,
  • vorwiegend im späteren Leben das Übergewicht und die damit verbundenen Stoffwechselstörungen,
  • Arterielle oder venöse Durchblutungsstörungen,
  • Hormonelle Umstellungen im Klimakterium.

3) Klinik/Symptome

  • Die langsam einsetzenden Schmerzen strahlen in die Leisten, ins Gesäß, in den Rücken und in die Oberschenkel bis zum Knie aus.
  • Frühzeichen: Abwinkelung nach außen und Innenrotation eingeschränkt.
  • Bein wird zur Schmerzentlastung leicht nach außen rotiert und angewinkelt gehalten, woraus das typische Hinken entsteht.

4) Diagnose

  • Röntgenbild gibt Auskunft über Ausmaß der arthrotischen Veränderungen und mögliche Ursachen.

5) Therapie

  • Entlastung, medikamentöse Schmerzbehandlung, physikalisch-balneologische Therapie,
  • teilweiser oder vollständiger Gelenkersatz ist heute von großer Bedeutung.

II. Gonarthrose

1) Definition: Gonarthrose

  • Arthrose des Kniegelenks, häufigste Form der Gelenkarthrose,
  • Frauen sind viermal häufiger betroffen als Männer.

2) Ursachen

  • Fehlbildungen an Füßen, Hüftgelenken, am Knie selbst,
  • Fehlbelastung  (Übergewicht),
  • Sportverletzungen (Ski, Fußball).

3) Klinik

  • Frühzeitiger Anlaufschmerz oder Belastungsschmerz,
  • Schmerzen insbesondere beim Berg- oder Treppenaufwärtsgehen,
  • empfindliche Reaktion auf Kälte,
  • in vielen Fällen überwiegen die Periarthropathischen Schmerzen (Kapsel, Sehnen, Bänder, Muskelansätze),
  • Knorpelschaden an der Rückseite der Patella kann vor allen bei jungen Mädchen im Wachstum zu starken Schmerzen führen.
  • Treten Schmerzen v. a. beim treppabwärts steigen auf und sind durch Druckpunkte unter und über der Patella zu lokalisieren, ist eine Überreizung der Sehnen- und Muskelansätze die Ursache.
  • Kapsel Verdickung, Ergussbildung, Randwulst Bildung, Reibe Geräusche,
  • Lockerung des Bandapparates,
  • Beugung, Streckung und Rotation sind in der Endphase frühzeitig eingeschränkt.

4) Diagnose und Therapie

  • Frühzeitig erkennbare Entrundung der Gelenkränder,
  • Ausziehung der Kreuzbandhöcker,
  • Knochenwulst Bildung an der Hinterwand der Patella sind neben den üblichen Zeichen röntgenologisch zu erkennen.
  • Therapie wie Coxarthrose.

III. Fingerpolyarthrose (nodale Arthrose)

1) Definition: Polyarthrose

  • Meist symmetrisch an den Fingerendgelenken, teils auch an den Fingermittelgelenken, einzelnen Fingergrundgelenken und dem Daumenwurzelgelenk auftretende Arthrose.
  • Betroffen sind hauptsächlich Frauen im Klimakterium.
  • Veranlagung wird von Generation zu Generation weiter gegeben.

2) Klinik

  • Langsamer Beginn ohne Allgemeinerscheinungen oder Entzündungszeichen, mit Steifigkeitsgefühl, Kraftlosigkeit usw.,
  • Heberden-Knötchen durch Knorpel-Knochen-Wucherungen an den Oberseiten der Fingerendgelenke.
  • Knotenartige Auftreibungen können auch an den Mittelgelenken zu tasten sein (Bouchard-Knoten).
  • Arthrose des Daumenwurzelgelenks heißt Rhizarthrose.
  • Erste Röntgenveränderungen findet man im Gegensatz zur chronischen Polyarthritis an den Fingerendgelenken des 2. und 5. Fingers.
  • Rand Anbauten durch Knochen- und Knorpelwucherung sind hier nicht auf Verschleiß oder Fehlbelastung zurückzuführen.
  • Oft sind alle drei Gelenkgruppen betroffen.
  • Reizzustände, die schubweise auftreten, erinnern an entzündliche Gelenkreaktionen.
  • Der fortschreitende Gelenkumbau führt zu einer seitlichen Deviation der Endglieder in Beugestellung.
  • Teilweise entwickelt sich die Fingerpolyarthrose über Jahre ohne Schmerzen. In diesen Fällen leiden die Betroffenen hauptsächlich unter der Verunstaltung der Finger.
  • Arthrosen an den übrigen Hand- und Fußgelenken sind seltener, Ausnahme: Großzehengrundgelenk.

3) Therapie

  • Reizzustände werden mit lokalen Salben verbänden behandelt,
  • Wärmeanwendung,
  • Beschwerden in den Daumenwurzelgelenken können Rheuma chirurgisch behandelt werden.

b. Arthritis

  • Definition: Arthritis
  • Unter Arthritis versteht man Entzündungen eines oder mehrerer Gelenke mit den typischen Entzündungszeichen.
  • Man unterscheidet symptomatische und reaktive Arthritiden.

1) Symptomatische Arthritiden

  • Symptomatische Arthritiden treten während oder nach einer bakteriellen oder viralen Infektion auf, wie zum Beispiel bei Masern oder Röteln.
  • Es wird angenommen, dass sich im Laufe der Infektion Antigen-Antikörper-Komplexe bilden und an den Gelenkschleimhäuten ablagern und so die Entzündung auslösen.
  • Bei einer viralen Infektion kann auch die Vermehrung der Viren in den Zellen die Infektion auslösen.
  • Symptome reichen von Gelenk- und Weichteilschmerzen bis hin zu einer deutlichen Schwellung des Gelenks.
  • Reaktionen klingen meist innerhalb von Tagen bis Wochen ab und hinterlassen keine Schäden.

2) Reaktive Arthritiden

  • Treten nach Infektionen mit Darmbakterien (Salmonellen, Shigellen, Campylobacter jejuni) sowie nach Infektionen im Urogenitalbereich auf (Chlamydien, Mykoplasmen).
  • Der reaktive Typ ist mindestens so häufig wie die chronische Polyarthritis.
  • Menschen mit fehlgesteuerter Immunabwehr erkranken 1–2 Wochen nach der Darm- oder Harnwegsinfektion an einer akuten Gelenkentzündung.

Symptome der reaktiven Arthritis sind:

  • Asymmetrischer Befall der unteren Extremitäten,
  • oft rezidivierende Entzündungen an z. B. Fersen, Sitzbein.
  • An den Händen sind gelegentlich das Handgelenk und einzelne Fingergrundgelenke betroffen.
  • Gelenke sind, über wärmt und größtenteils bläulich-rot geschwollen.
  • Beschwerden der Grunderkrankung sind in der Regel schon abgeklungen.
  • Zeichen der akuten Entzündung im Serum.
  • Eventuell entzündliche Beteiligung des Auges und der Haut.

b) Diagnose und Verlauf:

  • Bakterien in Stuhl oder Urin nicht mehr nachweisbar, es wird angenommen, dass Bakterienteile oder Bakterien selbst durch die Fehlregulation in die Gelenke verschleppt werden.
  • Diagnose erfolgt über Nachweis der entsprechenden Antikörper im Serum, keine Rheumafaktoren nachweisbar.
  • Gelenkentzündung verläuft in Schüben, kann bis zu 2 Jahre abklingend bestehen.
  • Chronischer Verlauf mit Gelenkzerstörung selten.
  • Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika (oral oder als Salben), akute Schübe werden mit Eisapplikation behandelt. Noch bestehende Infektionen werden mit Antibiotika behandelt.
Arthrose und Arthritis
Weitere Quellen zu Arthrose und Arthritis

Arthrose/Arthritis: Unterschied, Symptome, Diagnose, Therapie
Arthrose und Arthritis

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