Arzneimittellehre
Spezieller Teil
3) Herz-Kreislauf-System
Das Herz-Kreislauf-System lässt sich funktionell in 3 Teile aufteilen:
- Herz
- Gefäße
- Blut
Die 3 Teile werden über nervliche, hormonelle oder lokale Reize beeinflusst bzw. gesteuert
3.1) Herz
- Pumporgan, das durch rhythmische Kontraktionen mit anschließender Erschlaffung das Blut durch as Gefäßsystem pumpt
- Kontraktionsphase = Systole; Erschlaffungsphase = Diastole
- Frequenz und aufgestoßenes Blutvolumen werden durch den Bedarf des Organismus gesteuert
- Unter Ruhebedingungen Frequenz bei 70 Schlägen pro Minute; Blutvolumen (Schlagvolumen) ca. 70 ml
- Steigt Blutbedarf, nimmt das Schlagvolumen zu und die Herzfrequenz steigt; Erhöhung des Schlagvolumens wird durch Einfluss des Sympathikus erreicht; Sympathikusaktivierung führt zu verstärkter Kontraktionskraft der Herzmuskelfasern
- Schlagfrequenz wird durch vegetatives Nervensystem und Parasympathikus beeinflusst; nimmt der parasympathische Reiz ab, wird Herzfrequenz erhöht
3.1) Koronarmittel
Koronarsklerose: sklerotische Veränderung der Koronararterien, wichtigste Ursache der KHK
Risikofaktoren:
- Rauchen
- Übergewicht
- Hypertonie
- Hyperlipoproteinämie
- Diabetes mellitus
Angina pectoris: Missverhältnis von Sauerstoffangebot und Sauerstoffverbrauch
Symptome:
Druck hinter Brustbein mit Schwere- und Engegefühl; Schmerzen strahlen aus bis in die linke Schulter und den Oberarm
Ziel der Behandlung von KHK:
- Rasche Kupierung des Angina-Pectoris-Anfalls
- Prophylaxe oder Reduzierung der Anfallshäufigkeit
- Verbesserung der Prognose, insbesondere Verringerung der Herzinfarktgefahr
Antiaginöse Therapie:
- Senkung des myokardschen Sauerstoffverbrauchs
- Erhöhung des Sauerstoffangebotes
- Beseitigung von Koronarspasmen
Das Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und Sauerstoffverbrauch kann aufgehoben oder verbessert werden
Stoffgruppen:
- Nitrate
- β-Sympatholytika (Betablocker)
- Calciumantagonisten
Wirkungsvergleich:
Calciumantagonisten
- Kontraktionskraft: Vermindert
- Koronargröße: Erweitert
- Periphere
Gefäße: Erweitert
Betablocker:
- Herzfrequenz: Vermindert
- Kontraktionskraft: Vermindert
Koronargröße:Verengt - Periphere
Gefäße:Verengt - Bronchien:Verengt
Nitrate
- Koronargröße: Erweitert
- Periphere
- Gefäße: Erweitert
Nitrate: Kupierung und Prophylaxe des AP-Anfalls; Wirkung >> Angriff an Gefäßmuskulatur bewirken Gefäßerweiterung >> Folge ist Blutdrucksenkung, Verbesserung der Hämodynamik, Entlastung des Herzens; die so erreichte Verminderung des Sauerstoffverbrauchs des Herzmuskels hebt AP-Anfall auf; schnelle Wirkung, die wenig Minuten anhält; Nitrattoleranz beachten
β-Sympatholytika (Betablocker): Anfallsprophylaxe; aufgrund der Hemmung der β-Rezeptoren schirmt sich das Herz gegen überhöhte sympathisch-adrenerge Impulse ab, verlangsamen die Herzfrequenz und reduzieren in geringem Maße die Kontraktilität; dadurch sinkt der Sauerstoffbedarf
Unerwünschte Wirkungen: Kopfschmerzen (Nitratkopfschmerz), Blutdruckabfall, Schwindel, Übelkeit, Schwächegefühl, Gesichtsrötung und Wärmegefühl
Calciumantagonisten können Herzfrequenzsteigerung und gastrointestinale Störungen hervorrufen
3.1.2 Therapie der Herzinsuffizienz
HIS:
- erforderliche Pumpleistung kann nicht erfüllt werden
Rechtsherzinsuffizienz:
- Stauungserscheinungen im großen Kreislauf (Ödeme, Stauungen an verschiedenen Organen); beim Liegen werden durch verbesserte Durchblutung der Nieren die Ödeme ausgeschwemmt (Nykturie)
Linksherzinsuffizienz:
- Stauungen im Lungenkreislauf (Stauungslunge mit Stauungsbronchitis, Reizhusten, Ashtma cardiale)
Akute Herzinsuffizienz:
- Ursache ist größerer Ausfall der Herzmuskelfasern nach Myokardinfarkt; plötzlicher Druckanstieg im Lungenkreislauf, z.b. wegen Lungenembolie
Chronische Herzinsuffizienz:
Ursache liegt in KHK, Hypertonie und Herzrhythmusstörungen
Ziel der Therapie der Herzinsuffizienz:
- Kontraktionskraft der Herzmuskelfasern erhöhen: führt zur besseren Entlastung der Herzmuskelkammern (Erhöhung des Schlagvolumens) >> bessere Durchblutung des gesamten Organismus, Senkung des Venendrucks; bedingt durch bessere Nierendurchblutung werden Ödeme ausgeschwemmt;
- Herzarbeit verringern: peripheren Widerstand erniedrigen und/ oder den venösen Rückstrom reduzieren
Chronische Herzinsuffizienz:
- Herzglykoside, Diuretika, ACE-Hemmer, AT1-Rezeptorenhemmer
Akute HIS:
- Nitrate, Schleifendiuretika
Herzglykoside:
- Steigerung der Kontraktionskraft (pos. inotrope Wirkung); Verlangsamung der Schlagfrequenz (negativ chronotrope Wirkung); Erschwerung der Erregungsleitung (negativ dromotrope Wirkung); Begünstigung einer heterotropen Erregungsbildung durch Senkung der Reizschwelle (positiv bathmotrope Wirkung)
Unerwünschte Wirkungen:
- geringe therapeutische Breite, Arrhythmie, Benommenheit, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Übelkeit und Erbrechen; Verwirrtheitszustände, Halluzinationen
Kontraindikationen:
- Bradykardie und ventrikuläre Tachykardie
Interaktionen:
- Wechselwirkungen relativ häufig
Diuretika:
Akute HIS:
- durch die vor dem diuretischen Effekt einsetzende Vasodilatation wird venöser Rückstrom reduziert
Chronische HIS:
- durch Besserung der Stauungssymptome, Druckerniedrigung im Herzen und im kleinen Kreislauf sowie Abnahme des peripheren Widerstands steigt die Belastbarkeit
ACE-Hemmer:
- bei leichter Insuffizienz ausreichend; senken peripheren Widerstand, verringern venösen Rückstrom; wirken der Sympathikusaktivierung entgegen
AT1-Rezeptorenhemmer:
- statt ACE-Hemmern z.B. bei Unverträglichkeit
Nitrate:
- verringerte Rückstrom
3.1.3) Antiarrhythmika
Arrhythmie:
unregelmäßiger Herzrhythmus, beruhend auf Störung der Erregungsbildung und/ oder Erregungsleitung (Tachykardie, Bradykardie)
Ziel:
- Herzfrequenz steigern oder erniedrigen; dies geschieht durch Unterdrückung der nicht vom Sinusknoten ausgehenden Erregungsbildung (negativ bathmotrope Wirkung) und durch Erhöhung oder Erniedrigung der Überleitungsgeschwindigkeit
Indikation:
- Tachykardie und Extrasystolen >> Antiarrhythmika (Natriumkanalblocker, Betablocker, Kaliumkanalblocker, Calciumantagonisten); Bradykardie: Sympathomimetika oder Parasyspatholitika
Unerwünschte Wirkungen:
- Sympathomimetika >> Arrhythmien; Calciumantagonisten >> Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Flush, Überleitungsstörungen; Antiarrhythmika >> Blutdrucksenkung, gastrointestinale Störungen, Mundtrockenheit, Miktions- und Akkommodationsstörungen
3.2) Gefäßsystem und Kreislauf
- Blutgefäße teilen sich in Venen und Arterien; Arterien (Blut strömt vom Herzen zur Peripherie); Venen (transportieren Blut zum Herzen hin)
- Vom Herzen kommend teilen sich die Venen und Arterien in immerkleinere Gefäße und diese enden in feinen Haargefäßen, den Kapillaren; in den Kapillaren des großen Kreislaufs werden aus arteriellem Blut Nahrungsstoffe an Gewebe abgegeben und Stoffwechselprodukte werden zum Abtransport aufgenommen; Sauerstoff wird ausgetauscht durch Kohlendioxid und durch diesen Austausch wird das Blut venös, fließt zunächst durch feine Venen und sammelt sich in größeren Venen um ins rechte Herz zu gelangen von wo aus es über die Lungenarterie in die Lunge gepumpt wird; in den Lungenkapillaren nimmt Hämoglobin des Blutes Sauerstoff von der Einatmungsluft auf und gibt gleichzeitig das ins Gewebe aufgenommene Kohlendioxid ab; Blut wird arteriell und gelangt durch Lungen(Pulmonal)-Vene ins linke Herz und von dort erneut in den großen Kreislauf
- Kann durch Pumpleistung des Herzens zum Aufbau eines Drucksystems in den Blutgefäßen kommen, anhaltende Änderung des Blutdrucks
3.2.1) Therapie der Hypertonie
Hypertonie >> 160/95 mmHg; Blutdruckregulation wird durch verschiedenste Ursachen gestört; medikamentöse Therapie ist nur eine symptomatische Behandlung; Hypertoniebehandlung erfolgt durch Stufenplan
Diätische und allgemeine Maßnahmen die vor medikamentöser Therapie eingehalten werden müssen:
- Rauchen einstellen
- Einschränkung der Kochsalzzufuhr
- Verstärkung körperlicher Betätigung
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht
Substanzen:
- α-Sympatholitika (Alphablocker) und indirekte Sympatholytika
- Zentral angreifende α-Sympathomimetika
- Betablocker
- Diuretika (Saluretika)
- ACE-Hemmer: hemmen das Angiotensin-Conversions-Enzym, das die Umwandlung von Angiotensin I in Angiotensin II im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System bewirkt; Angiotensin- II stärkster Vasokonstriktor; bei essentieller Hypertonie ist die Angiotensin II Konzentration häufig erhöht
- Angiotensin-II-Antagonisten: (AT1-Blocker) hemmen die Wirkung von Angiotensin II am Rezeptor AT1
- Calciumantagonisten: hemmen am Herzen und an der glatten Muskulatur den Calciumeinstrom ins Zellinnere; führt am Herzen zu einer Abnahme der Kontraktionskraft und an den arteriellen Blutgefäßen und führt in der Peripherie zu Gefäßerweiterung; Folge davon >> Sauerstoffverbrauch und der Blutdruck werden gesenkt; Herz wird nachhaltig entlastet; an den Koronararterien greifen Calciumantagonisten an den größeren Arterienästen an und heben dadurch Koronarspasmen auf
- Die glatte Muskulatur erschlaffende Mittel (sonstige Vasodilatoren)
Unerwünschte Wirkungen:
- An der glatten Muskulatur angreifende Antihypertensiva können zu Kopfschmerzen; Schwindel; Übelkeit; Magen-Darm-Störungen und Sympathikusaktivierung; Ödembildung
ACE-Hemmer:
- Husten, Hautausschläge
3.2.2) Therapie der Hypotonie
- Hypotonie = Antihypotensiva
Unerwünschte Wirkungen:
- Übelkeit; Erbrechen; Herzklopfen; Unruhe; Kopfschmerzen; übermäßiges Schwitzen
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